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Einmal Himmelblau und zurueck

Einmal Himmelblau und zurueck

Titel: Einmal Himmelblau und zurueck
Autoren: Andrea Bielfeldt
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großes, gutlaufendes Promirestaurant im Herzen New Yorks besitzt und Tom dort einsteigen wird.
    Ich versuche, den Gedanken daran, bald ganz alleine zu sein, weit fortzuschieben, doch es gelingt mir nicht.
    Das Ende vom Lied ist, dass Tom mir das Brauhaus zur Pacht anbietet, wir uns daraufhin weinend in den Armen liegen, uns ewige Freundschaft und viele Besuche schwören und um die Mittagszeit betrunken aus der Kneipe wanken ...
     

        Winterwonderland
    Es schneit.
    Ich stehe am Fenster, in meiner Hand einen frischen Becher Kaffee und schaue hinaus auf die Straße, während ich Tom am anderen Ende der Leitung zuhöre.
    »Und wenn die Sicherung rausfliegt, dann musst du ...«
    »Jaaaaaaaaa, ich weiß. Dann muss ich kurz die Kühlung aus- und wieder anschalten. Schätzelein! Wie oft denn noch? Ich weiß es. Wirklich! Vertrau mir. Ich werde den Laden schon nicht zugrunde richten, nur weil du mal zwei Wochen nicht da bist. Ein bisschen Vertrauen wäre schön«, unterbreche ich ihn ungestüm. Langsam nervt es.
    Tom ist über die Weihnachtstage und den Jahreswechsel in New York, doch anstatt sich um seinen Liebsten zu kümmern und die Zeit dort drüben zu genießen, ruft er einmal am Tag bei mir an, um mir immer wieder dieselben Tipps zu geben, was die Leitung des Brauhauses angeht. Es geht mir auf den Senkel und genau das sage ich ihm jetzt auch. »Hör auf damit oder ich gehe nicht mehr ans Telefon. Hast. Du. Mich. Jetzt. Verstanden?« Ich kann förmlich sehen, wie er sich auf der anderen Seite vor Lachen auf die Lippe beißt und nickt.
    Nachdem wir noch ein bisschen rumgekaspert haben, lege ich auf. Ich vermisse ihn und diese kurze Trennung erinnert mich daran, dass er bald für immer fort ist. Gar nicht gut.
    Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass es langsam Zeit wird, mich fertigzumachen. Erst ins Brauhaus , die Getränkelieferung überprüfen und alles für den Abend vorbereiten und dann rüber zum Markt. Weihnachten steht vor der Tür und ich schiebe heute meine letzte Schicht für dieses Jahr in der Bude. Dann noch zwei Wochen Brauhaus und dann endlich – Urlaub!
    Ich habe nichts geplant, außer einfach nichts zu tun. Vielleicht wirklich mal einen ganzen Tag im Bett verbringen und den Roman noch einmal zur Hand nehmen, den ich vor gut einem Jahr, an einem verregneten Sonntag, angefangen habe ... Ich bemerke das Ziehen in meiner Brust. Er ist immer noch da, der Schmerz, doch er wird Stück für Stück weniger.
    Mit einem tiefen Seufzer stelle ich den Kaffeebecher in die Spüle und fange an, mich in drei Lagen Klamotten einzupacken, bevor ich das Haus verlasse.
    Mit meinen dicken Boots stapfe ich durch den Schnee. Morgen ist Heilig Abend, doch in mir herrscht nicht mal ein klitzekleines bisschen Weihnachtsstimmung. Das Einzige, woran ich im Moment denken kann, ist der Spagat zwischen Job und Job.
    Und an meine Eltern.
    Sie sind mit ihren Freunden auf Kreuzfahrt und wir werden uns dieses Jahr nicht mehr sehen. Das stimmt mich schon ein wenig traurig, aber ich bin auch froh, dass sie jetzt aus ihrem Schneckenhaus rauskommen.
    Der Unfall ist jetzt fast zwei Jahre her und langsam wird es Zeit, dass wir unser Leben wieder normal weiterleben. Auch ich.
    Ich muss endlich aufhören mir Sorgen zu machen, aufhören, immer wieder an die Zeit im Krankenhaus zu denken, in der ich dachte, dass mein Papa stirbt. Nein! Er lebt. Und es geht ihm gut. Wirklich!
    Er hat mir versprochen, nie wieder in schwindelerregende Höhen zu klettern. „Niemals mehr höher, als mein Schutzengel fliegen kann“, hat er mir geschworen. Ja, einen Schutzengel hat er wirklich gehabt, als er während der Begehung seiner Baustelle vom Gerüst gefallen ist, weil die Stangen nicht ordnungsgemäß befestigt waren. Es läuft mir jetzt noch eiskalt den Rücken runter.
    Ich sehe nach oben. Mein Glaube daran, dass jeder einen Schutzengel hat, der auf ihn aufpasst, verstärkt sich, als eine kleine Schneeflocke mir mitten ins Auge fliegt. Ich lache. »Hey, lass das«, albere ich herum und wische mir das Gesicht mit dem Ärmel trocken.
    Mein Dad hat vor seinem Unfall immer alles für uns geregelt. Er hat dafür gesorgt, dass es uns gut ging. Wir haben ein schönes Haus in London, ich ging auf die beste Schule und hatte die beste Kindheit, die man sich vorstellen konnte. Finanziell waren wir abgesichert, und als Dad diesen Unfall hatte, hatte er bereits ein kleines Vermögen angehäuft. Das ist der Grund, warum ich in einem Altbau mit zwei Bädern wohnen
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