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Einmal Himmelblau und zurueck

Einmal Himmelblau und zurueck

Titel: Einmal Himmelblau und zurueck
Autoren: Andrea Bielfeldt
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diese Halluzination zu vertreiben!
    Ich öffne die Augen wieder und nichts hat sich geändert.
    Er hockt vor mir. Die Mütze fehlt, doch abgesehen davon sieht er genauso aus, wie ich ihn in Erinnerung habe.
    »John?«, flüstere ich und er nickt. Und dann geht alles rasend schnell.
    Wir liegen zusammen auf dem Eis und ich fühle seine Lippen überall auf meinem Gesicht. Statt der Kälte spüre ich seine Wärme und halte ihn so fest, wie ich nur kann.
    »John«, schluchze ich und ich kann es nicht fassen, dass er wieder da ist. »Oh mein Gott!«
    »Schhhhh ...«, wispert er an meinem Ohr. »Ich bin da. Und ich gehe nicht wieder weg.« Er drückt meinen Kopf an seine Brust und streichelt mir über das Haar.
    Habe ich richtig gehört? »Du bleibst? Hier?« Ich merke, wie er seinen Kopf zu einem Nicken bewegt.
    »Ja, ich bleibe. Bei dir. Wenn ...« Er schiebt mich ein Stück von sich und sieht mich an. Trotz der Dunkelheit kann ich das Funkeln in seinen Augen sehen. Trotz der Kälte, die uns umgibt, ist mir heiß. Ich brenne. Für ihn.
    »Wenn du mich noch willst«, beendet er den Satz. Ich lache auf. Wenn ich ihn noch will? Hallo? Ich habe mich ein Jahr lang nach ihm verzehrt, habe das Loch in meinem Herzen nicht stopfen können, ohne ihn. Und jetzt fragt er mich ernsthaft ...
    »Ob ich dich noch will?« Er nickt.
    One day maybe we'll meet again! Ich habe es immer gewusst. »Natürlich will ich dich noch! Verdammt! Nichts mehr als das!« Jetzt versagt mir die Stimme und schon wieder laufen mir die Tränen über das Gesicht. Ich bin zu einer verdammten Heulsuse mutiert. Aber diesmal sind es Freudentränen und ich lasse sie laufen, während wir zusammen in einem Kuss versinken, der alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt ...
     
    »Und dann ... ist sie eingeschlafen. Und es war gut, dass ich da war. Ich hätte es mir nie verziehen, wenn ich nicht bei ihr gewesen wäre.« John sitzt neben mir auf dem Fußboden, angelehnt an das Sofa und hält seinen Kaffeebecher fest umklammert in den Händen. Mein Kopf lehnt an seiner Schulter, meine Hand auf seinem Bein, und auch wenn es mir weh tut zu hören, was er durchgemacht hat, überwiegt die Freude darüber, dass er wieder da ist. Bei mir. Ist das egoistisch? Ja, ich denke schon, aber damit kann ich leben.
    »Aber sie hat nicht mehr gelitten?«, frage ich.
    »Nein. Das hat sie nicht. Durch die Medikamente war sie bis zum Schluss schmerzfrei.« Er dreht den Kopf zu mir und küsst mich aufs Haar. »Sie hat von dir gewusst.« Ich nicke.
    »Ja, das ... hast du mir geschrieben«, erinnere ich ihn. Nur ungern denke ich an diese Zeit zurück. Seine Briefe liegen in meinem Nachttisch und ich habe sie mir in dem letzten Jahr mehr als nur einmal durchgelesen.
    »Sie hat mir einen Brief für dich mitgegeben.«
    »Oh«, sage ich erstaunt.
    »Ich soll ihn dir geben, wenn ich dich gefunden habe. Lynn meinte, falls du mich nicht mehr willst, wäre das vielleicht eine Chance, dich umzustimmen.«
    »Aber ich will dich noch. Und nun? Soll ich ihn trotzdem lesen?«
    John nickt. »Auf jeden Fall. Das habe ich ihr versprochen.«
    »Okay.«
    Er stellt seinen Becher auf dem Tisch ab und steht auf. »Ich hol ihn eben. Warte.«
    Klar warte ich. Wo soll ich auch schon hin? Wir sind in meiner Wohnung und ich werde den Teufel tun, auch nur einen Schritt vor die Tür zu setzen ohne John an meiner Seite.
    Eine Minute später ist er wieder da und streckt mir einen Umschlag entgegen. »Hier. Du musst ihn nicht jetzt lesen, wenn du nicht willst. Ich ...« Er räuspert sich verlegen. »Ich weiß auch nicht, was drin steht. Das wollte sie mir nicht sagen.«
    »Okay«, sage ich wieder und halte den Umschlag unschlüssig in meinen Händen. Elfenbeinfarbenes Papier. Edel. Ich schlucke.
    Will ich wissen, was darin steht? Ich sehe hoch zu John und zucke mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Ich ... es ist komisch«, sage ich und genauso meine ich es auch. Es fühlt sich merkwürdig an, diesen Brief in den Händen zu halten. John fährt sich mit der Hand über den Bart. Er hat sich schon länger nicht rasiert, aber das steht ihm gut.
    »Wenn ... ich ... Weißt du was?« Er sieht aus, als hätte er gerade einen Entschluss gefasst. Mein Herz sackt in die Hose. »Ich gehe eben Zigaretten holen. Und du ... du kannst den Brief lesen oder mit ihm machen, was du willst. Okay?«
    »Aber du kommst wieder, ja?« Panik macht sich in mir breit. Schon so oft hat man von Männern gehört, die vom Zigarettenholen nicht
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