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Die schöne Schwindlerin

Die schöne Schwindlerin

Titel: Die schöne Schwindlerin
Autoren: Celeste Bradley
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Prolog
    England 1813
    Sie stand auf einem Sockel, eine griechische Göttin, die kläglich missraten war. Der Schmollmund und die exaltierte Pose waren für eine klassische Statue bei weitem zu lüstern. Obwohl der kunstvoll drapierte Stoff sittsam ihre Kurven bedeckte, genügte die Art, wie die gerundeten Gliedmaßen auf die kleinen Hände und Füße zuliefen, den Betrachter die wollüstigen Schwellungen bemerken zu lassen, die sich unter dem Stoff verbargen.
    Zu ihren Füßen knieten anbetungsvoll drei Männer, zwei davon Säulen der Londoner Gesellschaft, einer teilweise hinter dem üppigen Leib verborgen. Alle drei Männer waren damit befasst, der Göttin Gold und Juwelen darzubringen, und die Hände schienen noch im Akt des Schenkens nach der Frau grapschen zu wollen.
    Darunter waren viel kleiner als die Göttin und ihre Bewunderer, aber gut zu erkennen, die kriechenden Frauen und Kinder der beiden vornehmen Gentlemen dargestellt. Ihre erbärmliche, zerlumpte Erscheinung stand in verblüffendem Kontrast zu den Reichtümern, die sich darüber zu Füßen der Verführungskünstlerin anhäuften.
    »Fleur und ihre Jünger« stand als Bildunterschrift unter der Zeichnung zu lesen.
    Gerald Braithwaite schob das Packpapier und die Schnur zur Seite, in die der Stapel politischer Karikaturen gewickelt gewesen war und bemerkte vor lauter Begeisterung nicht, dass er das gravierte »Chefredakteur«-Schild zu Boden warf. Das einfach gekleidete Botenmädchen, das das Paket gebracht hatte, ging schnell in die Knie und stellte das Schild auf seinen Platz zurück. Braithwaite ignorierte auch sie.
    Liebevoll nahm er die oberste Zeichnung zur Hand, während er mit der anderen Hand über den Mund rieb, als wolle er seine Reaktion verbergen. Trotzdem entwischte ihm ein fröhliches Kichern, während er die Karikatur betrachtete, die ihm mehr Exemplare der
London Sun
verkaufen würde als je zuvor.
    »Sir Thorogood, ich bin wirklich stolz auf Sie«, murmelte der Chefredakteur. Was für eine Zeichnung! Voller Lust, Sündhaftigkeit und Pathos. Drei reiche Männer, die ihre Reichtümer an eine Frau verschwendeten – vermutlich eine Balletttänzerin, die derzeit hoch im Kurs stand – und ihre Familien damit in die Armut trieben. Ein superbes Spottbild mit messerscharfen Details und einer gekonnten Linienführung, die ins Skizzenbuch eines Meisters gepasst hätten.
    »Der Teufel soll sie holen, diese wichtigtuerischen Fatzkes. Das werden sie sich wünschen, sobald das da draußen auf der Straße ist.« Braithwaite seufzte befriedigt und warf dem Mädchen, ohne es eines Blickes zu würdigen, einen prall gefüllten Umschlag hin.
    Er lächelte und kicherte wieder. Schließlich dröhnte sein Lachen durch die Gänge des Verlagshauses, in dem die Zeitung beheimatet war, die bald schon die meistgelesene in ganz London sein sollte.
    Als die mausgraue junge Botin durch die Tür auf die Straße trat, verriet nur ein winziges Zucken ihrer Mundwinkel, wie zufrieden sie mit der Begeisterung des Chefredakteurs war.
    Am nächsten Nachmittag schlug ein gewisser Gentleman die
London Sun
auf, um sie beim Frühstück zu überfliegen. Er hatte bis tief in den Tag geschlafen, es aber bereits geschafft, ein zitterndes Zimmermädchen zu befummeln, einen Lakaien zu verprügeln und den Butler gründlich zu beleidigen. Nach alledem hatte er einen ordentlichen Appetit entwickelt.
    Vielleicht verschluckte er sich deshalb beinahe an dem großen Bissen Schinken. Vielleicht lag es aber auch am tödlichen Federstrich Sir Thorogoods.
    Rot vor Zorn zitierte der Gentleman mit einem Schrei seinen Butler herbei. »Lassen Sie die Kutsche kommen! Ich fahre aus.«
    Der Butler nickte pflichtschuldig, doch als er sich zum Gehen wandte, fiel sein Blick auf die Zeitung, die sein Herr umklammert hielt. Nicht einmal die Aussicht auf die höchstwahrscheinliche Vergeltungsmaßnahme hinderte ihn daran, beim Verlassen des Zimmers breit zu grinsen.
    Zack!
Die Zeitung landete auf dem Teller eines überaus aufgeblasenen Lords.
    »Was soll das! Ich wollte das essen!« Der blonde Lord starrte die beiden Männer, die ihm das Abendessen ruiniert hatten, finster an.
    »Der Appetit wird Ihnen gleich vergehen, wage ich zu behaupten. Schauen Sie sich das an!« Der Größere der beiden Besucher faltete ein Zeitungsblatt auf und zeigte ihm Sir Thorogoods neueste Karikatur.
    Der Lord hielt mitten im Mundabwischen inne, als ihm klar wurde, was die schwungvollen Linien der Zeichnung zeigten.
    »Zur
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