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Eines Abends in Paris

Eines Abends in Paris

Titel: Eines Abends in Paris
Autoren: Nicolas Barreau
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Naturwissenschaftler und zutiefst unromantisch. Er kennt keine Zwischentöne und das Glück verstohlener Blicke ist ihm fremd. Wenn er eine Frau toll findet, dann läuft da auch was, meistens schon am ersten Abend. Kein Ahnung, wie er das macht. Natürlich kann er sehr charmant und lustig sein. Und er legt Frauen gegenüber eine entwaffnende Ehrlichkeit an den Tag, der sich die meisten offenbar schwer entziehen können.
    Ich lehnte mich zurück, nahm einen Schluck Wein und blinzelte in die Sonne, weil ich meine Sonnenbrille vergessen hatte.
    »Nein, es läuft nichts, jedenfalls nicht in deinem Sinne«, sagte ich wahrheitsgemäß. »Aber sie kommt seit Dezember in die Spätvorstellung, und ich hab so ein Gefühl, dass … ach, ich weiß auch nicht.«
    Robert spießte einen dicken Käsewürfel mit der Gabel auf, von dem die goldgelbe Vinaigrette heruntertropfte, und zählte mit der anderen Hand die Monate ab. »Dezember, Januar, Februar, März …« Er warf mir einen strafenden Blick zu. »Du willst mir sagen, dieses Mädchen, das du so toll findest, kommt seit vier Monaten in dein Kino und du hast sie noch nicht mal angesprochen ?«
    »Sie kommt ja nur einmal in der Woche – eben immer mittwochs, wenn diese Reihe mit den alten Filmen läuft, du weißt schon, Les Amours au Paradis … und klar, hab ich schon mal mit ihr gesprochen. Was man halt so spricht. Hat Ihnen der Film gefallen? Das ist aber ein Wetter heute, was? Möchten Sie Ihren Schirm hier abstellen? So was halt.«
    »Hat sie denn einen Typ dabei?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, nein. Sie kommt immer allein. Aber das muss ja nichts heißen.« Ich tippte an den Rand meines Glases. »Am Anfang dachte ich, sie wäre verheiratet, weil sie einen goldenen Ring trägt. Aber dann hab ich genau hingeschaut und festgestellt, dass es doch kein Ehering ist, jedenfalls kein normaler. Da sind so kleine rotgoldene Rosen drauf …«
    »Und sie ist wirklich hübsch, ja?«, unterbrach mich mein Freund. »Schöne Zähne, gute Figur und so?«
    Ich nickte wieder und dachte daran, wie das Mädchen im roten Mantel zum ersten Mal an der Abendkasse aufgetaucht war. Ich nannte sie immer »das Mädchen«, dabei war sie eine junge Frau, vielleicht fünfundzwanzig, vielleicht achtundzwanzig, mit karamellfarbenem schulterlangem Haar, das sie an der Seite gescheitelt trug, einem zarten herzförmigen Gesicht, auf dem man ein paar winzige Sommersprossen erkennen konnte, und dunklen glänzenden Augen.
    Sie wirkte auf mich immer ein wenig verloren – in ihren Gedanken oder in dieser Welt – und hatte so eine Angewohnheit, sich verlegen mit der rechten Hand die Haare hinter das Ohr zu streifen, wenn sie darauf wartete, dass ich ihr eine Karte abriss. Aber wenn sie lächelte, schien sich der Raum mit Licht zu füllen und ihre Miene bekam etwas geradezu Spitzbübisches. Und ja, sie hatte einen schönen Mund und wunderbare Zähne.
    »Sie ist so ein Typ wie Mélanie Laurent, weißt du?«
    »Mélanie Laurent? Nie gehört. Wer soll das sein?«
    »Na, diese Schauspielerin aus Beginners. «
    Robert stopfte sich den Käsewürfel in den Mund und kaute nachdenklich. »Kein Plan. Ich kenne nur Angelina Jolie. Die ist toll. Tolle Figur.«
    »Ja, ja. Du könntest ruhig mal öfter in mein Kino kommen, dann wüsstest du, wovon ich rede. Ich lass dich auch umsonst rein.«
    »Um Gottes willen, da schlaf ich ein.«
    Mein Freund liebt Actionfilme und Mafiafilme, deswegen würden wir uns – rein theoretisch gesehen – auch nie um dieselbe letzte Kinokarte streiten müssen.
    »Wie das Mädchen aus Inglorious Basterds «, versuchte ich unsere Schnittmenge zu vergrößern. »Die nachher das Kino in Brand setzt, damit all die Nazis verbrennen.«
    Robert hörte einen Moment zu kauen auf, dann zog er in freudigem Erkennen die Augenbrauen hoch und fuchtelte mit dem Zeigefinger in kleinen Kreisen vor meinem Gesicht herum.
    »Du meinst, diese hübsche Kleine, die vor den Nazis flieht? Das ist Mélanie Laurent? Und sie sieht aus wie Mélanie Laurent, sagst du?«
    »Ein bisschen wie«, entgegnete ich.
    Robert ließ sich krachend in den Bistrostuhl zurückfallen, der nicht für einen Mann seiner Größe gemacht zu sein schien. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Mann, Mann, Mann, ich fass es nicht, wie dämlich du manchmal bist«, sagte er schließlich in dieser erfrischend direkten Art, die ich so an ihm schätze. Ich ließ seine Vorhaltungen über mich ergehen, schließlich wollte ich seinen Rat. Doch als er mit
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