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Eines Abends in Paris

Eines Abends in Paris

Titel: Eines Abends in Paris
Autoren: Nicolas Barreau
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einen Tisch in der Brasserie Lipp reserviert.«
    Solène war abergläubisch. Angestoßen wurde erst nach dem Film – alles andere brachte Unglück.
    »Solène, hier ist jemand, der dich unbedingt kennenlernen will.« Ich schob meinen Freund zur Tür hinein. »Das ist Robert, der unerschütterliche Zweckoptimist … ich habe dir schon von ihm erzählt.«
    Solène warf einen Blick auf meinen blonden, sonnengebräunten Freund mit seinen blitzenden Augen, und man konnte sehen, dass er ihr gefiel.
    »Ah, Robert!«, rief sie. »Enchanté, enchanté! Warum hat Alain Sie eigentlich so lange vor mir versteckt? Sie sind doch der Chemiker, nicht wahr?«
    »Astrophysiker«, verbesserte Robert schmunzelnd und sog das Bild dieser strahlenden Frau geradezu in sich auf.
    »Ein Astrophysiker – das ist ja großartig!«, sagte Solène und jeder, der sie nicht kannte, hätte geschworen, dass sie in ihrem ganzen Leben nichts anderes gemacht hatte, als sich für Astrophysik zu begeistern. »Davon müssen Sie mir später mehr erzählen – ich liebe Astrophysik!«
    Und dann gingen auch wir in den Kinosaal, und die Vorführung begann.
    Natürlich ist das Theater etwas anderes als das Kino. Die Bühnenpräsenz fehlt auf einer Leinwand und auch der Zuschauer hat nicht die Möglichkeit, Begeisterung oder Unmut so zu äußern, dass es die Schauspieler oder Regisseure direkt wahrnehmen. Natürlich steht es jedem frei, den Kinosaal zu verlassen, wenn ein Film nicht gefällt, aber mit ausverkauften oder leeren Kinosälen erschöpft sich auch schon die Reaktion des Publikums. Doch wer einmal bei einer Filmpremiere dabei war, womöglich noch in Anwesenheit der Schauspieler, weiß, dass dies ein ganz besonderes Erlebnis ist.
    Zudem hat das Kino dem Theater gegenüber einen unschlagbaren Vorteil – nirgendwo, auf keiner Bühne der Welt ist die Illusion perfekter, die Identifikation größer und die Realität stärker außer Kraft gesetzt als in einem dunklen Kinosaal vor einer Leinwand.
    Im Theater lachen die Menschen, in seltenen Fällen weinen sie auch schon einmal. Doch das Kino mit seinen Filmen ist der Ort, an dem die ganz großen Gefühle erzeugt werden, der Ort, an dem alles, was sich jenseits des dunklen Samtvorhangs abspielt, für eine Zeitlang keine Bedeutung mehr hat.
    Der Ort, an dem der Traum zur Wirklichkeit wird.
    Zärtliche Gedanken an Paris war so ein Film. Es war eine bittersüße Komödie und sie traf die Menschen an ihrem empfindlichsten Punkt. Dort, wo das Herz ist.
    Als die letzten Dialoge gesprochen waren und die letzten Takte der Musik den Abspann begleitet hatten, herrschte einen Augenblick lang eine ungewohnte Stille im Kinosaal. Man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Dann brandete Applaus durch die Reihen. Ich saß neben Mélanie, die ein zerknülltes Taschentuch in der Hand hielt, und klatschte wie alle anderen. In diesem Moment war ich nur ein Zuschauer unter Zuschauern.
    Als der Regisseur und seine Schauspielerin vor das Publikum traten, skandierten die Zuschauer mehrere Minuten lang ihr Bra-vo! Bra-vo! Bra-vo! – jenes wunderbare Wort höchster Anerkennung, das in allen Sprachen gleich ist.
    Dann ging ich nach vorne. Die Journalisten stellten ihre Fragen. Photos wurden gemacht. Allan Wood sagte ein paar Sätze, Solène war hinreißend wie immer. Die Zuschauer lachten und klatschten.
    Schließlich hob Solène lächelnd die Hand.
    »Dieser Film ist für mich etwas ganz Besonderes, und die Dreharbeiten hier in Paris und vor allem in diesem Kino werde ich sicherlich niemals vergessen«, begann sie. »Denn ich habe – durch seltsame und glückliche Zufälle, die zu kompliziert wären, um sie hier zu erklären – jemanden wiedergefunden, der mir sehr viel bedeutet. Meine Schwester.«
    Sie streckte die Hände aus und Mélanie erhob sich zögernd von ihrem Platz. »Sie steht nicht gern im Rampenlicht«, sagte Solène mit einem Augenzwinkern, »aber heute Abend muss sie eine Ausnahme machen. Schließlich waren wir schon als Kinder zusammen hier und haben Filme angeschaut.«
    Unter dem Applaus der Zuschauer ging Mélanie nach vorn. Ihre Wangen waren hochrot und sie lächelte verlegen, als Solène sie jetzt umarmte. Die beiden ungleichen Schwestern so zusammen zu sehen, war ein Bild, das keinen unberührt ließ.
    »Wie will man das noch übertreffen?«, seufzte Allan Wood und zwinkerte hinter seiner Brille.
    Die Kinobesucher erhoben sich von ihren Sitzen, einer nach dem anderen, und klatschten noch einmal
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