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Eine zweite Chance

Eine zweite Chance

Titel: Eine zweite Chance
Autoren: Karin Alvtegen
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zuvor eine Schlaftablette genommen hatte. Die ganze Sache war rätselhaft.
    »Ich werde Ihnen etwas zu trinken holen.«
    Die Schwester ging hinaus, und er hatte Gelegenheit, sich umzusehen. Im Nachbarbett schlief ein älterer Mann mit weißen Platten auf der Brust. Kabel waren mit einem Monitor verbunden, und auf dem Schirm waren die Herzschläge zu sehen, wie Bergspitzen in einer Ebene. Anders betrachtete seinen offenen Mund. Sah, wie der Brustkorb sich mit der eingeatmeten Krankenhausluft hob und wieder senkte.
    Er wandte den Blick ab.
    Die Schwester kam mit einer Kanne, und er stemmte sich hoch, um zu trinken.
    »Wie fühlen Sie sich jetzt?«
    Er sank auf die Kissen zurück. »Wie viel Uhr ist es?«
    »Zwanzig vor acht, am Abend. Sie bekommen gleich etwas zu essen.«
    Fünf Stunden waren verschwunden. Aus seinem Leben gelöscht. »Wann ist es passiert? Wie lange war ich bewusstlos?«
    »Sie wurden um kurz nach vier eingeliefert. Bewusstlos waren Sie nur direkt nach dem Unfall, vielleicht eine Minute oder so, dann sind Sie immer wieder eingenickt.«
    »Nein, ich war bewusstlos. Ich erinnerte mich an nichts, bis Sie mich geweckt haben.«
    Sie lächelte und strich sein Laken glatt. »Es kann sich so anfühlen, Erinnerungslücken sind normal. Aber Sie haben ziemlich viel geredet. Auch wenn es keinen Zusammenhang ergab.«
    Ihr Lächeln war sicher wohlwollend, aber aufgrund seiner Unterlegenheit fühlte er sich zusehends unbehaglicher. Er wollte weg von ihr, die all das gehört hatte.
    »Manchmal kommt die Erinnerung nach einer Weile zurück, manchmal aber auch nicht, das muss Sie aber nicht beunruhigen. Das Wichtigste ist, dass beim Schädelröntgen alles gut aussah. Wir werden sicherheitshalber morgen früh noch einmal röntgen, aber wie gesagt, es gibt keine Anzeichen von Verletzungen. Sie haben eine leichtere Gehirnerschütterung, und leider werden wir Sie heute Nacht in regelmäßigen Abständen wecken müssen, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist.«
    »Wie lange muss ich hierbleiben?«
    »Das entscheidet der Arzt, aber normalerweise behalten wir Patienten vierundzwanzig Stunden zur Beobachtung.«
    Seine Angst wuchs. Niemand konnte ihn festhalten, aber es war ein weiter Weg bis nach Stockholm, und außerdem hatte er kein Auto.
    »Wenn ich tatsächlich noch einen Tag und eine Nacht bleiben muss, will ich ein eigenes Zimmer.«
    Sie tätschelte seinen Arm. »Versuchen Sie jetzt, ein bisschen zu ruhen.«
    »Wenn nötig, zahle ich dafür.«
    »Ich hole ein paar Butterbrote. Es gibt Käse oder Schinken.«
    Ihre Unbekümmertheit ließ ihn die Fassung verlieren. »Was verstehen Sie nicht daran? Wenn ich so lange bleiben soll, verlange ich ein eigenes Zimmer.«
    »Das können wir nicht bieten. Die Einzelzimmer sind für schwer kranke Patienten reserviert.« Eine Schärfe hatte sich in ihre Stimme geschlichen.
    »Dann will ich mit einem Verantwortlichen auf dieser Station reden, und wie gesagt, wenn es um Geld geht, zahle ich.« Erst jetzt kam es ihm in den Sinn: Wo befanden sich eigentlich seine Brieftasche, sein iPhone, die Tasche, die im Kofferraum gelegen hatte? »Wo sind meine Sachen?«
    Sie zog einen Schlüsselbund aus der Tasche und schloss einen Schrank neben dem Bett auf. »Ihre Brieftasche und das Handy sind hier, Ihre Kleider und anderes aus dem Auto in dem Schrank da drüben. Sie brauchen nicht beunruhigt zu sein, Anders. Es ist ganz normal, sich verwirrt zu fühlen, nach dem, was Sie durchgemacht haben. Versuchen Sie, etwas zu ruhen.«
    Abermals näherte sich ihre beruhigende Hand. Diesmal schaffte er es, ihr auszuweichen. Er streckte sich nach der Brieftasche, nahm ein paar Kreditkarten hervor und legte sie auf den Rolltisch neben dem Bett. Für gut eine Milliarde Kronen musste es doch möglich sein, ein Einzelzimmer zu bekommen.
    »Hier, Sie können abbuchen, was es kostet. Und mehr dazu, wenn es nötig ist.«
    Sie betrachtete die Karte und warf ihm einen schwer zu deutenden Blick zu.
    Dann ging sie zur Tür.
    »Wir betreiben hier kein Hotel. Sie befinden sich auf einer Intensivstation. Wollen Sie Käse oder Schinken auf den Schnitten?«
    Die Nacht kam, und im Zimmer wurde das Licht gelöscht. Nur eine einsame Nachtlampe brannte noch. Die Forderung nach einem Einzelzimmer hatte er aufgeben müssen, und aufgrund seiner Beschwerden hatte zudem die Freundlichkeit der Krankenschwestern nachgelassen. Trotzdem wurde er tadellos gepflegt. Mehrmals in der Stunde kam jemand, um sich zu vergewissern, dass er lebte, aber
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