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Eine zweite Chance

Eine zweite Chance

Titel: Eine zweite Chance
Autoren: Karin Alvtegen
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bedeutete. Indem er seine Kleider und Bücher gepackt hatte, hatte er das einzig Wichtige zusammengerafft. Das Fundament ihrer kleinen Familie. Der Zorn, den sie empfand, gab ihr den einzigen Antrieb, er weckte sie am Morgen und trieb sie durch die Tage. Sie wollte das Hotel weiterführen, Martin nicht die Freude gönnen zu sehen, wie sie aufgab. Ihm nicht Recht geben mit der Behauptung, die Idee sei schon von Anfang an ein Irrtum gewesen. Emelie zuliebe wollte sie weiterkämpfen, damit etwas normal blieb. Was sie jetzt brauchte, war Kontinuität, nachdem alles zusammengestürzt war.
    Martin hatte sich der Verantwortung entzogen. Helena war fest entschlossen, sie weiter zu tragen.
    Emelie war ihre Tochter, und sie versuchte zu verdrängen, dass er einmal mit einbezogen gewesen war.
    Manchmal konnte sie jedoch seine Anwesenheit flüchtig wahrnehmen, in einer Geste, die sie von ihm hatte, oder einem Blick.
    Und immer wenn das geschah, musste Helena sich abwenden, um ihre Abneigung zu verbergen.

Kapitel 3
    Etwas hinderte Anders daran, wieder einzuschlafen. Nachdem die Krankenschwester gegangen war, lag er hellwach da, mit dem Geräusch der Klimaanlage als einziger Gesellschaft. Der Mann im Nachbarbett schlief fest, und Anders beneidete ihn um seine friedlichen Atemzüge.
    Nachdem er zu arbeiten aufgehört hatte, war etwas mit ihm geschehen. Gedanken, die er noch nie gehabt hatte, verschafften sich Einlass, wo zuvor kein Platz für sie gewesen war. Es war, als ob ein unsichtbares Gas aus einem rätselhaften Leck plötzlich seinen Lebensraum verpestete. Früher war Augenblick auf Augenblick gefolgt, das Nachdenken in die Zukunft verschoben worden. Jetzt lag es in ungeahnten Mengen da und wartete auf seine Aufmerksamkeit. Er, der gedacht hatte, es sei nun an der Zeit, die Früchte seiner Arbeit zu ernten. Wo war die Befriedigung über den Erfolg geblieben? Der Stolz auf das, was er aufgebaut hatte? Die Freude über das Geld, das er verdient hatte? Er war verwirrt von der Schwermut und begriff nicht, warum er im Alter von siebenundvierzig Jahren plötzlich anfing sich zu fragen, welche Entscheidungen eigentlich seine eigenen gewesen waren.
    Es war zwei Jahre her, seit er sein Investmentunternehmen verkauft und alle Vorstandsämter niedergelegt hatte. Einige Kollegen hatten ihn gewarnt, aber er wollte noch etwas mehr aus dem Leben herausholen. Was genau, war ihm noch nicht klar, aber zum ersten Mal wollte er eine bewusste Entscheidung treffen, nachdem sich so vieles nur wie ein Zufall angefühlt hatte. Manchmal kam ihm der Gedanke, sein gesamtes Leben sei wie auf Bananenschalen dahingeglitten, aber es brauchte trotzdem ein gewisses Talent dafür, auf den richtigen auszurutschen.
    Fünfundzwanzig Jahre lang war die Arbeit sein Leben gewesen, und ringsherum hatte sich sein Dasein angepasst. Das Handysignal hatte Vorrang vor allem gehabt, selbst wenn er mit einer der Frauen im Bett lag, die gekommen und gegangen und schließlich ausgezogen waren. Manchmal dachte er, er hätte die falschen Prioritäten gesetzt, aber das, was er für diese Frauen empfunden hatte, hatte nie mit der Gefühlsintensität konkurrieren können, die der Beruf ihm gegeben hatte. Das taktische Spiel, das Eingehen von Risiken, die berechnende Strategie in lang hingezogenen Verhandlungen und der Siegesrausch, wenn er Erfolg hatte. Die Millionen, die hereinrollten, und die Lust auf Revanche, wenn einige verloren gingen. Das Gefühl, unbezwingbar zu sein, sich so hoch oben in der Hierarchie zu befinden, dass nichts ihn bedrohen konnte.
    Als sich schließlich ein Gefühl der Sättigung einschlich, hatte er es zunächst nicht identifizieren können. Er ertappte sich immer öfter dabei, von etwas anderem zu träumen, und schließlich gewann der Überdruss die Oberhand. Es war Zeit für den nächsten Schritt. Also verkaufte er alles und beschloss, sein neues Leben mit einer Reise zu beginnen. Seine zahllosen Geschäftsreisen hatten sich kaum voneinander unterschieden und keine besonderen Erinnerungen hinterlassen. Damals war er auf Leistung und Resultate ausgerichtet gewesen, nach Erlebnissen zu suchen war etwas anderes. Er beauftragte das Reisebüro, eine Route zu planen und ein Abenteuer zusammenzustellen. Voller Erwartung fuhr er los. Großwildjagd in Zimbabwe, Tauchen bei Borneo. Einen Monat lang hatte er im Hotel Martinez in Cannes gewohnt und Golf gespielt. Darauf folgte eine Rundreise in Ecuador. Er aß Gourmet-Menüs in weltberühmten Restaurants und sah
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