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Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau
Autoren: Robert Goolrick
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ihrem Tod weiter existieren. Hin und wieder würde eine der Rosen einen Blätterregen verursachen, und die Blütenblätter würden hübsch durch das goldene Licht zu Boden fallen, bis der Boden unter den Kletterpflanzen, die sich an der Wand gespreizt hatten, mit einem Teppich duftender Blütenblätter bedeckt war und der schwere süße und pfeffrige Geruch die Luft erfüllte und selbst ihren Kleiderstoff mit seinem Duft durchtränkte.
    Der Garten war perfekt. Der Garten war ihr ganzer Stolz. Er war aus nichts als Erde entstanden. Er wuchs, wo sie entlangging, er blühte unter ihrem Blick, wo immer sie auch hinsah. Er würde dem Haus eine Blumenvase nach der anderen bescheren, so dass ihre Tage voller Duft wären. Truitt würde sie nach den Namen fragen, und sie würde sie nennen und ihm all die Geschichten der Pflanzen erzählen. Von den Tulpen, die aus Kleinasien gekommen waren und die Nächte des Sultans erleuchtet hatten, von den juwelenbesetzten Ohrringen und den Schildkröten mit Kerzen auf dem Panzer. Sie würde Blumenbuketts binden und sie für die Mädchen, die heirateten, in die Stadt bringen, sie am Hochzeitsmorgen noch taunass vorbeibringen, die Stephanotislianen, die weißen Rosen und die Lilien.
    Während das Licht sich von Gold zu Blassgelb, dann zu Graublau verfärbte, schienen die Blumen sogar noch mehr zu leuchten, je mehr das Licht schwand, als würde jedes Blütenblatt von innen leuchten, bis ihr kleines Plätzchen von so viel Licht und Duft und Freude erfüllt war, wie sie ganz Saint Louis nicht zu bieten hatte. Jede Rose, jede Blüte war ein perfektes Meisterwerk der Liebe.
    Es war beinahe dunkel, und die dunkelsten Blumen verschwanden im Zwielicht, während die hellweißen und blassrosa Rosen sogar noch stärker zu duften schienen. Der erste Stern erschien über der Backsteinmauer.
    Der Stern wurde heller, und weitere, blassere Sterne gesellten sich dazu, während sich das Dunkel zur Nacht verdichtete. Sie hörte ihren Namen und drehte sich zur goldenen Helligkeit des Hauses um.
    Â»Catherine.«
    Sie drehte sich um, und Truitt stand auf der Treppe. Er trug immer noch den schwarzen Anzug, den er zur Beerdigung angezogen hatte, und einen Trauerflor aus schwarzem Krepp um den Arm. Sie wandte sich ab, ihr langes Kleid fegte über den Boden, und der Garten war fort, war verschwunden, und seine Beete nur ein Matsch aus alten und sterbenden Pflanzen, die Äste waren nackt, die Rosen nur Dornen und die Lindenbäume und Eiben ein Gewirr toten Holzes. Der Garten wartete, so wie er schon seit zwanzig Jahren gewartet hatte.
    Sie war nur eine einfache, ehrliche Frau, die in den Ruinen eines spätwinterlichen Gartens stand, der auf den Frühling wartete.
    Â»Catherine.« Sie wandte sich ihm wieder zu und hatte zum ersten Mal Angst vor ihm, Angst vor seiner Wut, vor seinem Schmerz und seiner Zurückweisung, und Angst auch vor ihrer eigenen Scham. Ein vergeudetes Leben. Ein gescheiterter Plan. Antonio tot.
    Solche Dinge geschahen.
    Â»Ich wusste es.« Seine Stimme war in der Dunkelheit klar vernehmbar, sein Körper eine Silhouette, sein Gesicht im Schatten unsichtbar. »Ich wusste es schon die ganze Zeit.«
    Â»Was wusstest du?«
    Â»Ich wusste, was Antonio mir erzählt hat. Deine Geschichte. Was du früher gewesen bist. Die Lügen, die du mir erzählt hast. Wer du bist. Ich wusste es schon die ganze Zeit. Malloy und Fisk haben mir einen Brief geschrieben. Ich habe ihn verbrannt. Es geht mich nichts an, und es bedeutet gar nichts. Aber ich wusste es schon, bevor du aus Saint Louis zurückgekommen bist.«
    Der Garten wartete. Wie konnte Truitt so viel verzeihen? Wie konnte er nur so geduldig sein? So vieles hing jetzt von ihr ab, von ihrer Antwort, und sie versuchte, so lange wie möglich damit zu warten, roch immer noch den süßen Duft der letzten alten Bourbonenrose.
    Â»Ich bekomme ein Kind.«
    Lange Zeit stand er nur so da, bis sie wegen der plötzlich einbrechenden Kälte erschauerte.
    Â»Wir werden ein Kind haben.«
    In der Dunkelheit konnte sie gerade noch so viel sehen, um die Reglosigkeit in seinem müden Gesicht zu erkennen. Er streckte den Arm nach ihr aus. Die Lichter im Haus hinter ihnen begannen, eins nach dem anderen anzugehen. »Also dann«, sagte er. »Also dann. Dann komm jetzt besser mal ins Haus.«
    Sie warf einen letzten Blick auf den Garten. Die
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