Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Eine verlaessliche Frau

Titel: Eine verlaessliche Frau
Autoren: Robert Goolrick
Vom Netzwerk:
mit Pelzkragen im heulenden Schneesturm dagestanden hatte. Der aufgeschreckte Hirsch und die ausbrechenden Pferde. Genau in dem Moment, als alles bloß wartete – auf das Ende des Winters und den Anfang des Frühlings.
    Sie bewegte ihren Fuß und schaute nach unten. Das Gras unter ihrem Schuh wurde noch im Zusehen grün, breitete sich um sie herum aus und wurde grüner, bis die ganze Stelle, auf der sie stand, grün und frisch gemäht im goldenen Licht leuchtete. Das grüne Wunder der Welt erfüllte ihren Garten und breitete sich überall, wo sie ging, unter ihren Füßen aus.
    Es wuchs von dort, wo sie stand, weiter, und sie trat zurück. Überall da, wo sie ihren Fuß hinsetzte, wurde es grün und begann zu sprießen. Die Parterreanlage füllte sich mit dem Duft von Rosmarin und Salbei, die zu Kugeln geschnitten zwischen den verschlungenen Ästen des Buchsbaums und der Eibe und dem Lavendel standen, dessen lange Stängel mit den lila Blüten so unbewegt waren wie der Rest.
    Die Beete entlang der alten Backsteinmauern lagen immer noch braun und verfilzt da, aber als sie auf sie zuging und aus dem Saum ihres Kleides lauter Grün verströmte, begannen sich die alten Rosenstöcke zu entwirren, und das dunkle wachsige Laub begann sich zu zeigen. An den Rändern der Beete begannen, weiß, gelb und lila, winzige Schneeglöckchen und Krokusse zu blühen, der Nieswurz und dann die Narzissen, die poetische Acteon und das kräftige und blasse Gelb der King Alfred . Die Blumen erschienen, und mit ihnen kamen ihr die Namen von ihren langen Nachmittagen in der Bibliothek, jenen Stunden der Erholung von ihren ausschweifenden Eskapaden mit Antonio, wieder ins Gedächtnis zurück.
    Er war ein Dessert, das zu üppig war, aber sie war immer wieder zu ihm gerannt, seit der Zeit, da er kaum mehr als ein Junge gewesen war, mit dieser Mischung aus Schönheit und Arroganz, der Zartheit und dem Charme, die ihn so viel gekostet hatten und die jetzt, für immer zum Schweigen gebracht, unter der schwarzen Erde begraben lagen. Sie weinte bei dem Gedanken, wie kalt ihm nun sein musste. Es war nicht sein Fehler. Von dem, was geschah, war sehr wenig irgendjemandes Fehler.
    Der Flieder blühte, blau und weiß, und die Luft wurde weich von seinem Duft, während die Blumen ihre schweren Blüten sanft wiegten, und die Iris blühten, mit ihren gemeißelten Köpfen, in Blau, Gelb, Indigo und Braun.
    Die Tulpen, die asiatische Blume, die Blume des Wahns mit ihren vielen Farben und Formen, sprossen, manche mit gesprenkelten Blättern und scharf spitzigen, purpurroten Blütenblättern mit indigofarbenem Knospenansatz, manche gelb, manche weiß, manche blassrosa und grün, und manche in Varianten, die nur einmal erblühten und nie wieder erschienen.
    Der Fingerhut begann zu wachsen, Spitzen schossen hoch, die sich zu vielen glockenförmigen Blüten öffneten, die am Stängel die Köpfe hängen ließen. Die Peonienbüsche begannen zu blühen, und dann kamen ihre prächtigen chinesischen Blüten, viele mit Blütenblättern von der Größe eines Kuchentellers und schwer von Feuchtigkeit, rosa und weiß.
    Sie machte eine schwungvolle Handbewegung, über die Herzblattlilien, die Lilien-Funkie und den Duftsteinrich, die prächtigen chinesischen Lilien mit ihren herrlichen Farben, und plötzlich erfüllte sich die Luft mit einem atemberaubenden Duft, der die Sinne schwinden ließ.
    Die Rosenstöcke entfalteten sich und gediehen, das glänzende Laub wich Knospe und Blüte, die alten Rosen mit den alten Namen. Mme. Hardy , die üppige, reine, weiße, moosige Rose, und die silbrig rosa La Noblesse . Old Velvet , in der Farbe von Blut, von Antonios Blut.
    Kein Laut war zu hören. Das Licht veränderte sich nicht. Alles stand still.
    Die Spaliere reckten sich, und die Kletterrosen waren in die Höhe gewachsen, wanden sich hoch und umeinander, vermischten ihre dornigen Stängel mit Clematis, lila und weiß.
    Die Statuen, die klassischen Gestalten mit ihren geschmeidigen Kurven, vom Alter und vom Moos mit Patina überzogen, und die grotesken Figuren, die an den vier Ecken des Gartens hingen und Ein- und Ausgang bewachten, richteten sich auf.
    Sie hatte noch nie etwas so Schönes gesehen. Der geheime Garten brachte sie angesichts der Schönheit all dessen, was lebte, zum Weinen. Es würde noch lange nach
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher