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Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)

Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)

Titel: Eine unerwartete Erbschaft (German Edition)
Autoren: Karen McQuestion
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Galane eine eigene Wohnung, da sie immer in unsere kamen, um es zu treiben. Als ich Tante Mays Haus erbte, sprachen wir kaum noch miteinander. Im Moment vermisste ich also weder sie noch ihre keltischen Musik-CDs.
    Im Vergleich dazu war das Leben in einem Haus, meinem eigenen Haus, das reinste Nirwana: mein Garten, meine Zimmer, meine Garage. Meins, meins, meins. Keiner da, um blöde Kommentare abzugeben, wenn ich zum Frühstück Frühlingsrollen aß oder einen ganzen Samstag im Schlafanzug verbrachte. Niemand, der meinen letzten Joghurt aus dem Kühlschrank nahm und stattdessen einen Zettel hinlegte mit
dem Versprechen, ihn zu ersetzen. (Was nie geschah – aber ich will ja nicht kleinlich sein ...) Unter normalen Umständen hätte ich mir dieses Haus nie leisten können. An dem Tag, als ich erfuhr, dass Tante May es mir vererbte, lief ich so glückstaumelnd durch die Gegend wie jemand, der zum ersten Mal in seinem Leben ein Lotterielos gekauft und sofort den Jackpot gewonnen hatte. Noch besser war das Gesicht meiner Schwester Mindy, als sie die Neuigkeit hörte. »Warum du?«, hatte sie gefragt. Worauf ich geantwortet hatte: »Warum nicht ich?« Ausnahmsweise war mal nicht die Familienprinzessin die Erste gewesen, die »Hier« schreien konnte, wenn es um die Verteilung von Vorteilen ging. Was Aussehen und Kontaktfreudigkeit betraf, hatte sie nämlich schon kräftig abgesahnt, ganz zu schweigen von der Verlobung mit ihrer ersten großen Highschool-Liebe Chad. Allerdings war ich nun alleinige Besitzerin eines coolen, alten Hauses in einer tollen Gegend – Punkt für mich! Das Universum hatte offenbar doch einen Plan. Und jetzt schlug Piper vor, ich solle es verkaufen? Mein Haus verlassen? Meinen sicheren Hafen, meinen Zufluchtsort? Niemals!
    »Ich glaube nicht, dass ich der Typ für eine Eigentumswohnung bin.« Ich zuckte mit den Schultern.
    »Ich meine ja auch nicht sofort. Ich meine irgendwann. Mike hat ein paar gute Konzepte für Langzeitinvestitionen. Wenn du interessiert bist, kannst du ihn anrufen. Ich bin sicher, er informiert dich gern über deine Optionen.«
    Pipers Ehemann Mike hatte eine Investitionsgesellschaft, Washington Financial. Ich mochte ihn, aber nicht so sehr, dass ich ihm die totale Kontrolle über mein Geld gegeben hätte. Nennen Sie mich ruhig vorsichtig.
    »Danke, aber ich bleibe in dem Haus wohnen, also wird das nicht nötig sein.«
    »Wie du willst«, meinte sie. »War ja nur eine Idee.«
    Wir wechselten das Thema und redeten über meinen Job als Redakteurin eines Elternmagazins, einer monatlichen Sonderausgabe der örtlichen Tageszeitung. Ich hätte den ganzen Abend von meiner Arbeit erzählen können – vom fest angestellten Journalisten Drew, der regelmäßig Wörter verwechselte (und beispielsweise Antikdote sagte, wenn er Anekdote meinte), von der eigenwilligen Heizung oder von meinem Chef, der sich mehr für Werbeeinnahmen interessierte als für den Inhalt des Magazins. Drew, der Idiot, war ein besonders gutes Thema zum Geschichtenerzählen. Ich hatte ihn bei der Jobübernahme quasi geerbt und schnell gemerkt, dass er vollkommen unfähig war. Er arbeitete weniger, als dass er in der Redaktion herumschlich, und wollte schon gelobt werden, wenn er nur Heftgeräte nachlud, Papierkörbe leerte und den Vorrat an kleinen Kaffeesahnedöschen auffüllte, die er aus Restaurants mitgehen ließ. Schreiben war für ihn höchstens zweitrangig. Leider war er mit dem Chef verwandt, deshalb bestand keine Chance, ihn loszuwerden. Eine Weile lauschte Piper meinen Schilderungen, doch als ihr Blick anfing umherzuschweifen, wusste ich, dass ich das Thema wechseln und sie über ihr Baby ausfragen musste. Der Kleine fing gerade an zu laufen und war damit jetzt wohl offiziell ein Kleinkind.
    »Ich habe ein paar neue Bilder«, sagte sie und wühlte in ihrer Handtasche. Sie zog einen dicken Umschlag mit Fotos heraus und deckte sie auf wie einen Stapel Spielkarten. Ich nahm mir Zeit und betrachtete jedes Foto einzeln, auch wenn sie für mich alle gleich aussahen. Brandon verbrachte eine
wohl dokumentierte Kindheit: Brandon fröhlich, Brandon nachdenklich, Brandon klatschend, Brandon Spaghetti essend, Brandon in der klassischen, das Bilderbuch falsch herum haltenden Pose. Was mich betraf, hätte ein Foto genügt, dann hätte ich mir die anderen Gesichtsausdrücke selbst vorstellen können. »Er ist entzückend«, sagte ich, was allerdings stimmte. Die meisten Kleinkinder sind süß, weil sie nun mal
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