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Eine Sünde zuviel

Eine Sünde zuviel

Titel: Eine Sünde zuviel
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Geliebte.
    Der Zusammenbruch war so plötzlich und elementar, daß Dahlmann steif und bleich vor seinem Tischchen sitzen blieb, unmöglich, sich bewegen zu können, aufzustehen und zu gehen.
    Wie ist das möglich? dachte er immer nur. Wie ist das überhaupt möglich?
    Es gab nur eine Erklärung dafür … die Polizei hatte bei der Durchsicht seiner Brieftasche zur Feststellung, wer der Verunglückte war, die Schecks verloren. Vielleicht schon auf der Straße, als man ihn bewußtlos hinter dem Steuerrad aus dem Wagen zog, auf den Asphalt legte und auf den Krankenwagen wartete.
    Ich muß etwas tun, sagte er sich. Ich muß sofort etwas tun. Luise muß einen neuen Scheck ausschreiben … unter irgendeinem Vorwand muß ich sie dazu bewegen. Bezahlung von Lieferantenrechnungen, Wechseleinlösungen, Rechnungen der Baufirmen, die den großen Neubau so weit fertig hatten, daß die Innenarbeiten beginnen konnten. Irgendein Vorwand wird mir noch einfallen.
    Zunächst ließ er sich bei dem Direktor der Bank melden. Wie Blei schleppte er die Füße über den Marmorboden, als man ihn ins Chefbüro bat. Dann aber riß er sich zusammen … das Hervorstechendste seines Wesens, sein sichtbares Kapital half ihm wieder – die Blendung, die schon artistische Gabe, Sicherheit und Unbekümmertheit um sich zu verbreiten.
    »Guten Morgen, lieber Herr Direktor –«, sagte er forsch. Obwohl er noch ein wenig blaß war, überspielte er den soeben erst erhaltenen Schock mit lauter Burschikosität. »Keine Angst, ich will Ihre Bank nicht plündern … ich möchte nur einen Scheckverlust anmelden. Einen, nein, zwei Blankoschecks. Ich habe sie anscheinend verloren.«
    Der Direktor bot Dahlmann Platz an, schob eine Zigarrenkiste über den großen Schreibtisch. Dahlmann winkte ab.
    »Betrachten Sie es nicht als Unhöflichkeit, Herr Direktor, aber ich bin in Eile. Leider kenne ich die Schecknummern nicht mehr, es waren ältere Schecks. Ich möchte Sie nur bitten, die Kasse anzuweisen, keinerlei Schecks einzulösen oder zu girieren, die ich nicht persönlich überbringe. Alle vorgelegten Schecks bitte ich zurückzuhalten und mich anzurufen, damit ich in der Ausgangsliste nachsehen kann, ob die Zahlung in Ordnung geht.«
    »Selbstverständlich, Herr Dahlmann. Ich gebe es der Kasse gleich durch.« Der Direktor griff zum Telefon, aber bevor er abhob, sah er Dahlmann ein wenig verwundert an. »Übrigens ist das ja gar nicht nötig.«
    Dahlmann spürte ein warnendes Zucken in der Brust.
    »Wieso?«
    »Die Horten-Dahlmann-Konten sind seit gestern sowieso gesperrt –«
    Dahlmann war es, als übergösse man ihn mit eiskaltem Wasser. Haltung, sagte er sich. Nun heißt es, Haltung zu haben.
    Er lächelte süßlich und etwas verzerrt. »Dann hat meine Frau schon schneller gehandelt als ich. Ich habe die Schecks gestern abend vermißt … wir haben dann nicht mehr darüber gesprochen. Meine Frau ist eben eine hundertprozentige Unternehmerin –«
    Der Bankdirektor rückte an seiner Goldbrille. »Dr. Kutscher hat die Sperrung im Namen Ihrer Gattin durchgegeben.«
    »Ja, natürlich.« Dahlmann atmete tief durch. Haltung, rief er sich zu. Haltung! »Dr. Kutscher hat einen Teil der Verwaltung übernommen. Ich bin durch Forschungsaufgaben völlig überlastet.« Er fand einen Teil seiner äußeren Sicherheit wieder. Er lachte sogar. »Na, dann erübrigt sich ja meine Sorge wegen der verlorenen Schecks.« Er verbeugte sich leicht. »Eine Empfehlung an die Frau Gemahlin – und guten Morgen, Herr Direktor –«
    Dann stand Dahlmann wieder auf der Straße … die fünf Stufen hinaus aus der Schalterhalle waren keine Stufen zu einem neuen Leben geworden. Ein wenig verwirrt starrte er auf den Straßenverkehr, zündete sich eine Zigarette an und versuchte, Klarheit in sein durcheinandergekommenes Innere zu bringen.
    Er wollte sich nicht eingestehen, daß er das Rennen verloren hatte. Es ist nur eine Verzögerung, dachte er. Aber sie darf nicht länger dauern als einen Tag. Der dicke Faber ist gefährlich. Auch wenn er in der Jagdhütte nichts gefunden hat, ich bin ihm jetzt verdächtig. Monika wird man zwar nie finden, denn wer kommt schon auf den Gedanken, daß das Moor der beste Ort ist, eine Leiche lautlos und für immer verschwinden zu lassen? Aber das Leben ist oft unlogisch, es wäre völlig falsch, sich zu sicher zu fühlen.
    Einen Tag noch! Das ist die höchste Frist. Und so kurz ein Tag sonst ist … dieser Tag wird lang werden … muß lang werden …
    Er winkte
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