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Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung
Autoren: Meredith Duran
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sie von beiden weg zeigte. Michael blutete. Sie sah, wie ein Fleck sich auf seiner Seite ausbreitete und sein Hemd färbte.
    Eine kalte Hand schloss sich um ihren Arm. Erschrocken zuckte sie zusammen und schrie dann auf, als sie einen stechenden Schmerz spürte.
    Die Stricke lösten sich von Nells Handgelenken. Dann kniete Suzie neben ihren Füßen und schnitt mit einem Messer die Fußfesseln auf. Als Suzie aufstand, herumwirbelte und mit dem Messer in der Hand auf die beiden Männer zuging, die noch immer kämpfend über den Boden rollten, rappelte Nell sich auf.
    »Nein«, sagte sie und packte Suzie an der Schulter. »Geh … lauf! Hol die Polizei!«
    Mit schlaffen Gesichtszügen sah Suzie sie an und verstand überhaupt nichts. Nell entwand ihr das Messer und schubste sie vorwärts Richtung Tür. Dann stolperte sie ihr hinterher aus der Wohnung. Im Treppenhaus knallten oben und unten die Türen, aber niemand sah nach, was los war. Ein Pistolenschuss war wie Fieber. Wenn man überleben wollte, blieb man auf Abstand.
    Hinter ihnen ertönte ein weiterer Schuss. Suzie kreischte. »Nein! Michael …«
    Nell schob Suzie die Treppe hinunter, aber ihre eigenen Füße waren noch taub von der einschnürenden Fessel und gehorchten ihr nicht. Sie griff nach dem Geländer, das wackelnd unter ihrer Hand zusammenbrach. Dann fiel sie auf die Knie und kopfüber die Treppe hinunter. Lichtblitze drangen krachend in ihren Kopf.
    Als Nell die Augen öffnete, war es still. Suzie stand neben ihr. Die Hände vor den Mund geschlagen starrte sie die Treppen hinauf.
    »Keine Bewegung«, erklang eine kühle Anweisung von weiter oben.
    Die Stufen knarrten. Grimston. Er kam runter.
    Nell befeuchtete die Lippen. Verdammte Suzie, die so dumm war und doch nicht dumm genug: Ihre Schwägerin wusste genau, was es bedeutete, dass Grimston dort oben stand. Mit einem unartikulierten Klagelaut taumelte sie gegen die Wand und rutschte zu Boden.
    Wo Nell bereits lag. Wo sie beide sterben würden.
    Nein
.
    Fest packte Nell das Messer, das sie noch immer in der Hand hielt. Der Griff fühlte sich glitschig an. Blut. Suzie hatte sie geschnitten, als sie sie von den Fesseln befreit hatte. Sie starrte an die Stelle über Suzies Kopf und wartete, zählte die Schritte auf den Stufen. Vielleicht würde er erst schießen, wenn er ihr in die Augen sehen konnte. Vielleicht würde er einen Fehler machen und Nell zu nahe kommen.
    Vielleicht wartete er aber auch nicht. Und sie lag hier und verspielte ihre Chancen, während Grimston auf sie zielte.
    Nell holte tief Luft und zwang sich auf die Füße. Als sie sich umdrehte, starrte sie auf die Mündung von Grimstons Pistole, die langsam höher wanderte. Aber plötzlich bekam das Messer ein Eigenleben. Das Messer und ihre Hand verstanden einander, zusammen flogen sie auf Grimstons Bauch zu wie Eisen zu einem Magneten.
    Sie krachten auf Knochen. Heißer Schmerz durchfuhr ihr Handgelenk und riss sie wieder aus dem Gleichgewicht, aber wie durch ein Wunder brachte sie auch ihn aus dem Gleichgewicht. Kurz fühlte sie die Pistole zwischen ihren Körpern, als er gegen sie taumelte und stolperte. Er streifte sie mit der Schulter, dann fiel er an ihr vorbei auf die Knie und krachte polternd die Stufen hinunter. Nell konnte ihm gerade noch ausweichen, fing sich und blieb aus reinem Instinkt auf den Füßen stehen. Aus langer Gewohnheit war ihre Hand nach oben geschnellt und hatte sich an der Treppe über ihr festgehalten.
    Grimston landete mit dem Gesicht nach unten auf dem nächsten Treppenabsatz.
    Jetzt erwachte Suzie plötzlich wieder zum Leben. Sie rannte ihm die paar Stufen nach, stieß einen schrecklichen, wortlosen Schrei aus und trat ihn in die Seite, ein heftiger Tritt mit dem dick besohlten Schuh einer Arbeiterin – nicht mit einem leichten Pantoffel. Stöhnend hob Grimston eine schlaffe Hand, um sich zu schützen. Die Pistole konnte Nell nicht sehen – vielleicht war sie unter seinem Körper eingeklemmt. Aber sie würde nicht warten, um das herauszufinden.
    Rasch sprang sie hinunter, packte Suzie am Handgelenk und zog sie mit sich weiter. Auf dem nächsten Treppenabsatz hörte sie, dass Grimston wieder auf die Füße kam und ihnen folgte. Jetzt war das Licht des Hauseingangs zu sehen. Suzie schluchzte, brabbelte etwas über Michael. Aber Nell achtete nicht auf sie und rannte immer schneller, nahm jetzt zwei Stufen auf einmal, leichtsinnig und ohne daran zu denken, welche Stufe wackelte oder lose war und nachgeben
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