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Eine naechtliche Begegnung

Eine naechtliche Begegnung

Titel: Eine naechtliche Begegnung
Autoren: Meredith Duran
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ertappte sie sich erschrocken bei dem Gedanken, dass ihr die Ideen so gut und wahr erschienen, weil er ihr zuhörte.
    »Du glaubst, dass ich das kann«, sagte sie. »Du glaubst das.«
    »Natürlich glaube ich das«, sagte er.
    Sie nickte einmal, ganz behutsam, weil etwas in ihr wuchs und sich so groß und mächtig anfühlte, dass es sie vielleicht von den Füßen reißen könnte, wenn sie sich zu plötzlich bewegte. Bis sie Simon getroffen hatte, waren ihre Träume zwangsläufig nur klein gewesen.
    »Nur du hast mich dazu gebracht, an mich zu glauben«, sagte sie. Wenn er sie nicht gedrängt hätte, größere Träume zu haben und über Macht nachzudenken, darüber, was Geld alles bewirken könnte, dann wären ihr diese großen Wünsche niemals eingefallen. Vielleicht hätte sie sich damit zufriedengegeben, Hannah jeden Frühling ein lila Kleid zu schicken. »Aber der Punkt ist«, fuhr sie schnell fort, »dass ich mich nicht fernhalten werde, wie all diese Weltverbesserer es tun. Ich werde mittendrin sein und mich selbst vergewissern, dass mein Geld nicht verschwendet wird. Das wird absolut nicht schicklich sein.«
    »Gute Dinge sind das selten«, sagte er behutsam.
    Ihr entfuhr ein ersticktes kleines Lachen. »Du bist es jedenfalls nicht«, sagte sie. »Du bist …« Das Leben in Bethnal Green hatte sie nicht auf einen Mann wie ihn vorbereitet.
    Vielleicht lebte sie schon in seiner Welt, wenn sie all das erträumen konnte.
    Sie sah, wie er schluckte. »Dann«, sagte er, »soll ich dich jetzt zu deiner Schwester bringen?«
    »Nein«, sagte sie.
    Er öffnete den Mund. Zögerte. Schob sich die Hände in die Taschen und sah sie an.
    Es würde nicht einfach werden, ihn zu lieben. Es würde bedeuten, niemals ganz an einen Ort zu gehören … nur mit ihm.
    Aber sie würde zu ihm gehören. Er wäre ihr Zuhause, dachte sie. Und mit ihm an ihrer Seite könnte sie alles erreichen. Alles auf der Welt wäre möglich.
    Er verlagerte das Gewicht auf den anderen Fuß, und plötzlich erkannte sie, dass er gar nicht ruhig wartete. Steif, die Hände tief in den Taschen, stand er da und biss sich mit sichtlicher Anstrengung auf die Zunge.
    Er war absolut nicht gelassen.
    Der erstaunliche Anblick eines sich unwohl fühlenden Simon St. Maur brachte eine sehr merkwürdige Reaktion zutage: Sie kicherte. Und schlug sich die Hand vor den Mund, als sie den leicht hysterischen Ton darin wahrnahm. »Simon«, sagte sie durch die Finger hindurch. »Ich kann dich nicht verlassen. Ich liebe dich. Ich kann nicht gehen.«
    Er nickte, seine Lippen waren weiß. »Aber vertraust du mir auch, Nell?«
    Sie war so überwältigt von ihren Gefühlen, dass sie die Bedeutung des Wortes Zweifel kaum begriff. »Auf allen Wegen, wohin wir auch immer miteinander reisen. Du bist mein, und ich werde bei dir bleiben, Simon.«
    Sie hörte ihn langsam aufatmen. »Und du«, sagte er, als er auf sie zukam, »bist die unglaublichste, außergewöhnlichste und dickköpfigste Frau …«
    Ein Schluckauf – ein Krächzen –, irgendein komisches Geräusch kam aus ihrer Kehle. »Erinnere mich daran«, sagte sie. »Erinnere mich daran.« Sie trat einen Schritt vor, ergriff seinen Kragen und zog ihn zu sich hinunter.
    Es war nichts Zartes oder Raffiniertes an diesem Kuss. Er war dunkel und grob und kümmerte sich nicht um die Welt. Da war nur Simon, den sie mit ihren Händen ertastete. Nell griff in sein Haar und er drückte sie mit dem Körper an die Wand. Darüber hinaus wollte sie nichts.
    »Ich bitte um Verzeihung«, tönte hinter ihnen eine entsetzte Stimme. Nell erkannte sie, es war Mrs Hemple, die einen Fauxpas von unverzeihlichen Ausmaßen erblickte.
    Simon kümmerte sich nicht um sie. Nell lachte in seinen Mund und küsste ihn heftiger, während ein empörtes Schnauben und das Klicken von Absätzen verkündete, dass Mrs Hemple weitergegangen war.
    Als sie nach einer Minute oder länger schwer atmend voneinander abließen, lächelte sie. »Ich werde eine sehr ordinäre Ehefrau«, sagte sie. »Ganz, ganz schrecklich ordinär.«
    »Das will ich hoffen«, lachte Simon.
    So, so! Nell packte Simon am Handgelenk und zog ihn in seine Räume zurück. »Hoffen ist zwecklos, denn Eure Lordschaft kann sich absolut sicher sein«, flüsterte sie ihm ins Ohr.

Die Autorin

    Autorenfoto: © privat
    Meredith Duran hat Anthropologie studiert. Ihre Faszination für die englische Geschichte führte zu ihrem ersten historischen Liebesroman. Seither schreibt sie sehr erfolgreich Bücher für
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