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Unwiderstehlich untot

Unwiderstehlich untot

Titel: Unwiderstehlich untot
Autoren: Karen Chance
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1
    Es ist verdammt schwer, einem Zeitreisenden nachzustellen, auch wenn man selbst durch die Zeit reisen kann. Noch schwerer wird’s, wenn der beziehungsweise die Verfolgte auf einen schießt. »Können wir miteinander reden?«, rief ich und duckte mich hinter eine Säule, um dem nächsten Kugelhagel zu entgehen.
    Die Frau, die mich durch den Keller jagte, leuchtete mit ihrer Taschenlampe in meine Richtung. »Klar«, erwiderte sie freundlich. »Halt einen Moment still.«
    Oh, sicher.
    Ich heiße Cassie Palmer, und viele Leute halten mich nicht für das hellste Licht im Hafen. Es liegt zum Teil am rotblonden Haar, das meistens aussieht wie bei einer sturmumtosten Shirley Temple. Meine blauen Augen, die leicht rundlichen Wangen und die Stupsnase könnten dabei ebenfalls eine Rolle spielen, obwohl es die Blicke der meisten Männer nie bis dorthin schaffen. Aber doofe Blondine oder nicht, auf so etwas fiel selbst ich nicht herein.
    Meine eigene Waffe, eine Beretta-9 mm, wartete am Bund meiner Jeans und stieß mir immer wieder ungeduldig an die Hüfte. Ich achtete nicht auf sie. Viele Jahre in der Zukunft würde die Frau mit der Knarre eine kleine Nachricht schreiben, die mir das Leben rettete, und ich wollte, dass sie Gelegenheit dazu bekam. Außerdem: Wenn man andere Leute erschießt, kann man nachher schlecht mit ihnen reden, und die Frau und ich, wir mussten uns ein wenig unterhalten.
    »Seit wann lässt die Gilde Frauen für sich arbeiten?«, fragte sie und kam allmählich in Fahrt.
    Ich blieb mucksmäuschenstill hinter einer der Holzsäulen stehen, die die Decke stützten. Als Versteck gab sie nicht viel her, aber es gab keine Alternative. Die Wände des Kellers bestanden aus Gestein und Ziegeln, die Decke aus Holz – vermutlich diente sie der Etage darüber als Fußboden. Und das war’s auch schon, abgesehen von einigen alten Fässern, etwas Schimmel und jeder Menge Dunkelheit.
    So leer der Keller auch sein mochte, er war doch groß genug, dass die Frau Schwierigkeiten haben würde, mich zu finden, wenn ich still blieb. Aber wie sollten wir ein Gespräch führen, wenn ich keinen Ton von mir gab? »Hör mal, du verwechselst mich mit…« , begann ich, und hinter mir schlugen Kugeln in die Wand.
    Ziegelsteinsplitter und Mörtelbrocken spritzten, und offenbar streiften einige von ihnen meine Wange, denn plötzlich fühlte ich Blut, das mir warm über den Hals rann. In der Stille nach den Schüssen klingelte es mir in den Ohren, und ich wurde so nervös, dass ich nach der Beretta griff. Ich musste mich zwingen, die Hand zurückzuziehen. Einmal mehr rief ich mir ins Gedächtnis, dass ich nicht hier war, um die Frau zu töten.
    Obwohl diese Vorstellung durchaus ihren Reiz hatte.
    »Ich habe die Burschen von der Gilde für frauenfeindliche Arschlöcher gehalten, die an Größenwahn leiden.«
    Ich schwieg, und das schien sie zu ärgern. Zwei Kugeln bohrten sich ins Holz meiner Deckung, und die ganze Säule erzitterte. Ich biss mir auf die Lippe, um auch weiterhin still zu bleiben, bis ich etwas spürte, das sich wie ein Zwicken in der linken Hinterbacke anfühlte. Einen Moment später wurde aus dem Zwicken heißer Schmerz.
    Meine suchende Hand kehrte mit etwas Feuchtem und Klebrigen an den Fingern zurück, das in der Dunkelheit schwarz aussah. Ich starrte ungläubig darauf. Noch nicht einmal zehn Minuten war ich hier und hatte bereits einen Schuss in den Hintern bekommen.
    »Du hast mich angeschossen!«
    »Zeig dich, und ich sorge dafür, dass der Schmerz aufhört.« Ja, dann würde ich für immer ohne Schmerzen sein.
    Die Frau lud nach, und ich huschte hinter ein nahes Fass, das als Deckung allerdings kaum eine Verbesserung darstellte. Ich musste mich auf den kalten, schmutzigen Boden kauern, um außer Sicht zu bleiben. Aber wenigstens ragten keine verletzlichen Teile meiner Anatomie rechts und links hinter dem Fass hervor.
    Ich erforschte den Riss hinten in meiner Jeans. Die Kugel hatte mich nur gestreift – mein Partner, der Kriegsmagier Pritkin, hätte von einer Fleischwunde gesprochen. Vermutlich hätte er ein Pflaster draufgeklebt und mir gesagt, ich sollte mit dem Gequake aufhören, was auch immer er damit meinte. Vorher hätte er mich natürlich angebrüllt, weil ich so blöd gewesen war, mich anschießen zu lassen. Trotzdem, es tat weh.
    Natürlich wäre aus ein bisschen Schmerz ziemlich viel Schmerz geworden, wenn mich die werte Dame noch einmal getroffen hätte. Ich spähte über das Fass hinweg, während
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