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Eine lange dunkle Nacht

Eine lange dunkle Nacht

Titel: Eine lange dunkle Nacht
Autoren: Christopher Pike
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ahnte es. Sie hoffte, er würde rechtzeitig kommen.
     

Epilog
    Durch ein offenstehendes Fenster flutete helles Sonnenlicht herein. Sie sah es, noch bevor sie die Augen aufschlug. Jemand rief ihren Namen. Sie rollte sich auf die Seite, um zu sehen, wer es war. Das gutgeschnittene Gesicht eines jungen Mannes mit dunklen Haaren rückte in ihr Blickfeld. Warum sah sie alles so verschwommen? dachte sie. Der Mann saß auf einem Stuhl neben ihrem Bett.
    Was macht er in meinem Schlafzimmer?
    Dies war nicht ihr Schlafzimmer. Sie erkannte die Einrichtung. Es war ein Krankenhauszimmer. Sie mußte gegen einen Baum gefahren sein oder so was.
    »Hi«, sagte der Mann.
    »Sind Sie Arzt?« fragte sie.
    Er war ganz in Weiß gekleidet, schien aber ein bißchen jung zu sein.
    »Nein, dein Arzt will, daß ich hier sitze. Er meinte, du würdest bald zu Bewußtsein kommen. Wie fühlst du dich?«
    »Ich habe wahnsinnige Kopfschmerzen. Und mein Handgelenk... «
    Teresa sah den Verband an ihrem linken Handgelenk. Plötzlich fiel ihr alles ein.
    »O Gott«, flüsterte sie.
    Der junge Mann stand auf. »Ich hole den Arzt.«
    »Nein, schon gut«, sagte Teresa, überrascht über ihren ruhigen Tonfall. Schließlich versuchte man nicht jeden Tag, sich umzubringen; zumindest für sie war es das erste Mal gewesen. Dennoch war sie nicht allzu schockiert über das Ausmaß dessen, was sie getan hatte. Sie kam sich nur dumm und kindisch vor. Sie versuchte zu schlucken, aber ihre Kehle war wie ausgetrocknet. »Können Sie mir bitte ein Glas Wasser bringen?« bat sie den Mann.
    »Sicher.« Der junge Mann war froh, etwas für sie tun zu können. Sie schien ihn zu verunsichern. Noch so eine Verrückte, dachte er wahrscheinlich. Sie würde ihm klarmachen müssen, daß sie nicht zu den üblichen Fällen von versuchtem Selbstmord gehörte. Er reichte ihr das Glas, und sie trank dankbar.
    »Wer hat mich hergebracht?« fragte sie.
    »Ich glaube, dein Freund. Bill?«
    Sie nickte. Aus irgendeinem Grund war sie nicht überrascht. »Er ist mein Exfreund. Er geht jetzt mit meiner besten Freundin.«
    Der junge Mann senkte den Kopf. »Tut mir leid.«
    »Es ist blöd, ich weiß. Als ich es erfahren habe, war ich total sauer. Ich hätte die beiden am liebsten umgebracht. Aber wahrscheinlich passen sie besser zueinander. Verstehen Sie, was ich meine?«
    Sie verwirrte ihn. In Anbetracht dessen, was sie sich angetan hatte, klang sie wahrscheinlich viel zu vernünftig. »Ja«, sagte er. »Bill und ein Mädchen warten draußen. Deine Eltern sind auch hier. Soll ich ihnen sagen, daß du wach bist?«
    »Gleich. Wenn Sie kein Arzt sind, was sind Sie dann?«
    »Student. Aber irgendwann werde ich mal Arzt sein.«
    Er deutete auf sie. »Du bist sozusagen Teil meines Unterrichts.«
    Sie lächelte. Er sah ziemlich gut aus. »Ich hoffe, ich habe Ihnen nicht zuviel Mühe gemacht.«
    »Überhaupt nicht. Du hast die ganze Zeit geschlafen.«
    »Ich habe versucht, mich umzubringen«, sagte sie plötzlich.
    »Ich weiß. Du mußt eine Menge durchgemacht haben.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ja, schon, aber so ist es eben manchmal.« Dann fügte sie hinzu: »Aber ich werde das nie wieder versuchen. Ich wollte nur, daß Sie das wissen.«
    Der junge Mann lächelte erleichtert. »Das wollte ich hören.« Er stand auf. »Ich hole deine Eltern.«
    »Okay.« Er ging zur Tür.
    »Warten Sie.«
    Er blieb stehen. »Ja?«
    »Warum wollen Sie Arzt werden?«
    »Warum fragst du?«
    »Na los, sagen Sie es mir.«
    »Nun, ich möchte Menschen helfen, Ärzte verdienen viel Geld, und ich trage gern Weiß.« Er zuckte mit den Schultern. »Mein Mutter wollte, daß ich Arzt werde.«
    »Sie sehen aber nicht unbedingt wie ein Muttersöhnchen aus.«
    »Bin ich auch nicht. Sie starb, als ich noch sehr jung war.«
    Teresa zuckte zusammen. »Das tut mir leid.«
    »Mir auch. Sie war eine großartige Mutter.« Er öffnete die Tür. »Ich bin gleich wieder da, Teresa.«
    »Moment noch«, rief sie. Wieder blieb er stehen.
    »Ja?«
    »Sie kennen meinen Namen, aber ich kenne Ihren nicht. Das ist unfair.«
    »Du hast recht. Ich heiße -«
    »Stopp!« unterbrach sie ihn.
    Er lachte sie an. »Was denn jetzt?«
    »Sie sind Johnny!«
    Er wurde stutzig. »Woher weißt du das? Ich trage kein Namensschild.«
    Teresa war ebenso verwirrt. »Keine Ahnung. Ich muß Sie schon mal irgendwo gesehen haben. Sie kommen mir bekannt vor.« Sie blickte zu dem offenstehenden Fenster hinüber und war froh, daß die Sonne schien und der Sturm
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