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Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand

Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand

Titel: Seelenfaenger - Deine Liebe raubt dir den Verstand
Autoren: Mauel Veronika
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Kleinstadthorror

    W ie kleine runde Tränen rannen die Wassertropfen hinunter und hinterließen verzweigte Wege auf der Fensterscheibe des Kombis .

    Verschlungen wie die Wege, die uns hierher führten , dachte Mia und fuhr nachdenklich die Wasserspuren mit ihrem Zeigefinger nach. Es war nicht schön, ein altes Leben hinter sich zu lassen und in ein neues zu starten. Alles, was je von Bedeutung gewesen war, die Clique, das riesige Einkaufscenter, die Lieblingsdiskothek, die Schule und ihr Schwarm Max. All dies lag nun unendlich weit zurück. Hunderte Kilometer entfernt am Horizont. So, als hätte es nie existiert. Wie durch einen Nebel drang die Stimme ihres Vaters an ihr Ohr. »Da vorne ist Schwarzendorf. In etwa zehn Minuten erreichen wir unser neues Zuhause.«

    »Hmm«, murmelte Mia und versuchte eine möglichst gleichgültige Miene aufzusetzen.

    »Sei nicht traurig, Schätzchen«, sagte ihre Mutter, als sie sich im Sitz zu ihr herumdrehte. »Du wirst deine neue Heimat lieben und sehr schnell neue Freunde finden. Es ist wirklich wunderschön hier.« In diesem Moment passierten sie das gelbe Ortsschild. Nun konnte Mia ihr Interesse doch nicht länger hinter einer gelangweilten Fassade verstecken. Neugierig presste sie die Nase an die Scheibe und blickte nach draußen. Doch was sie sah, bestätigte sie nur in ihrer Vermutung. Schwarzendorf war nichts im Vergleich zu Berlin. Keine breiten Straßen, kein stockender Verkehr, kein Lärm, keine Punkszene, von Einkaufszentren ganz zu schweigen. Schwarzendorf begrüßte sie mit nichts als Stille. Soeben fuhren sie über eine breite Brücke, unter der ein Fluss friedlich vor sich hin plätscherte. Neisse stand auf dem Schild, das am Brückengeländer hing. Große, schwere hölzerne Wasserräder pflügten durch den ruhig, dahinfließenden Fluss und schaufelten das Nass in ein Wehr. Auf der anderen Seite schmiegte sich ein weitläufiger Park an das Ufer der Neisse, welchen Mia jedoch aufgrund wuchtiger Bäume nicht näher erkennen konnte. Mürrisch warf sie sich in die Polster des Rücksitzes und zog eine Schnute.

    N a toll! Dieses Kaff ist nicht besser als lebendig begraben. Wenn meine Mitschüler genauso fade und spießig sind wie dieser Ort, dann werden sie mich sicherlich auf Anhieb mögen , dachte Mia sarkastisch und warf einen Blick auf ihre pinkfarbene Strumpfhose, die über den Knien in Fetzen hing. Mia war so vertieft in den Anblick ihres Outfits, dass sie gar nicht bemerkte, wie ihr Vater die Geschwindigkeit drosselte und das Auto zum Stehen brachte. Schwungvoll öffnete er die Hintertür. »Da sind wir, Mia. Willkommen zu Hause!«, rief er betont fröhlich und setzte dabei ein so stolzes Gesicht auf, als hätte er soeben verkündet, auf Barbados in einem Fünfsternehotel angekommen zu sein. Mia schnitt eine Grimasse und krabbelte umständlich ins Freie. Das Haus, welches sich vor ihr erhob, raubte ihr allerdings schier den Atem. Es war riesig und noch im Jugendstil erbaut. Mächtige Kastanien säumten die Hofeinfahrt und ließen sie fast wie eine Allee wirken. Breite Steinstufen führten zu einer schweren Holztür, die aussah, als entstamme sie einem Horrorfilm. Als Griff diente eine silberne Teufelsfratze, die ihnen schmierig grinsend entgegen sah. Der Wind, der durch die Bäume rauschte und der Abendhimmel verliehen dem alten Gemäuer eine düstere Atmosphäre. Mia fröstelte und zog sich ihre schwarze Lederjacke enger um die Schultern.

    »Na komm schon.« Freundschaftlich gab ihr ihre Mutter einen Klaps auf den Po und ging an ihr vorbei, die Eingangstreppe hinauf. Sie steckte den Schlüssel ins Loch und drehte ihn herum. Mit einem lauten Schmatzen schwang die Türe auf. Zögernd ging Mia hinter ihrer Mutter ins Haus. Ein ungutes Gefühl beschlich sie, als sie über die Schwelle trat. Doch sie konnte nicht deuten, woher es kam, und durch was es verursacht wurde. Muffige Kühle schlug ihr entgegen. Mia versuchte eben noch Umrisse in der Düsternis zu erkennen, als grelles Licht aufflammte und sie blendete. Erschrocken legte sie die Hand vor die Augen und blinzelte durch die Finger. »Und was sagst du?«, fragte plötzlich jemand hinter ihr.

    Eine schwere Hand legte sich auf ihre Schulter. Wie der Blitz wirbelte Mia herum und sah, mit weit aufgerissenen Augen, in das lächelnde Gesicht ihres Vaters. Erleichtert atmete sie aus und registrierte, dass ihr Pulsschlag deutlich erhöht war. Drängelnd schob sich ihr Vater an ihr vorbei.

    »Es ist riesig«,
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