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Eine lange dunkle Nacht

Eine lange dunkle Nacht

Titel: Eine lange dunkle Nacht
Autoren: Christopher Pike
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Poppy.
    Free nieste. »Diese Dinger werden dich noch umbringen.«
    »Die Welt ist voller Dinge, die einen umbringen«, entgegnete Poppy. »Bring mir Marlboros mit.«
    »Willst du was zu essen?« fragte Free. »Nein.«
    Teresa und Free betraten den Laden, und sie hatte zum ersten Mal Gelegenheit, ihn genauer in Augenschein zu nehmen. Er war ungefähr einsachtzig, vielleicht einsfünfundachtzig. Die Schultern seines weißen Mantels waren gepolstert, darunter steckte ein durchtrainierter Körper, eher drahtig als muskulös. Sie war sich nicht sicher, ob sie sein Alter richtig eingeschätzt hatte. Im hellen Ladenlicht sah seine Haut lange nicht so glatt aus wie im Auto; er war älter, als sie vermutet hatte. Seine Augen waren definitiv blau, blaßblau und stechend. Sie nahm an, daß sein blondes Haar gefärbt war, denn es war am Ansatz deutlich dunkler als in den Spitzen. Er hatte einen schönen Gang, sie konnte ihn sich gut als Zauberer auf der Bühne vorstellen. Es schien, als würde er über den Boden schweben, zielgenau aufs Bier zu.
    »Was möchtest du?« fragte er. »Ich lad' dich ein.«
    »Eigentlich bloß einen Schokoriegel oder so.«
    Sie war verrückt nach Süßigkeiten, genau gesagt, nach Junior Mints. Sie verschlang jeden Tag mehrere Packungen von den Dingern, was ihrer Figur zum Glück nicht schadete; gut, ab und zu mal einen Pickel, aber ansonsten hatte sie diesbezüglich keine Probleme. Sie war knapp einssiebzig groß, schlank, hatte tolle Beine und reine Haut. Ihre Brüste waren eher klein, doch sie paßten zu ihr. Ihr braunes Haar war hell genug, um im Sommer als blond durchzugehen. Insgesamt war sie eigentlich ziemlich hübsch, hatte ein typisch kalifornisches Gesicht, in dem jedoch die tiefen Ringe unter den Augen ihre derzeitige Seelenlage verrieten.
    Sie hatte volle Lippen und lachte viel – zu viel. Ihr Lachen war eher ein nervöser Reflex denn ein Ausdruck von Freude. Ihre Augen waren wie ein strahlendblauer Himmel, ihre dunklen Augenbrauen wie Wolken am Horizont. Der einzige Makel in ihrem ansonsten schönen Gesicht war ihre Nase, die ihr ein wenig zu groß vorkam. Sie hatte in Erwägung gezogen, sie verkleinern zu lassen, hatte dann aber entschieden, daß sie nicht unbedingt schön sein mußte – was natürlich eine Lüge war. Gelegentlich belog sie sich, es waren aber immer nur klitzekleine Lügen, die niemandem weh taten. Doch die Wahrheit war, daß sie eine ganze Menge dafür gäbe, absolut unwiderstehlich auszusehen. Denn dann würde Bill sie auch noch wollen.
    Doch wen kümmert's? Mich nicht. Ich würde ihn nicht zurücknehmen, selbst wenn er auf Knien angekrochen käme.
    Klitzekleine Lügen.
    »Trinkst du Bier?« fragte Free. Er öffnete das Kühlregal und nahm ein Sechserpack Budweiser heraus.
    »Nicht, wenn ich fahre«, sagte Teresa.
    »Ich find's echt nett von dir, daß du uns mitgenommen hast.«
    »Habt ihr dort schon lange gestanden?«
    »Nee, nicht allzulange«, sagte Free.
    »Ist Poppy wirklich mit eurem Wagen gegen einen Telefonmast geknallt?«
    »Vielleicht war's auch ein Baum. Das einzige, was ich weiß, ist, daß es etwas Großes und Hartes war und daß der Wagen danach wie ein Höllenmobil aussah.«
    Teresa kicherte. »Du bist verrückt, weißt du das?«
    Free nahm ein zweites Sechserpack. »Je später es wird, desto verrückter werde ich. Fahren wir die ganze Nacht durch?«
    Teresa schwieg einen Moment. Sie hatte die beiden eigentlich nicht die ganze Küste mit hochnehmen wollen, nur andererseits konnte sie die zwei nicht einfach irgendwo rausschmeißen, erst recht nicht, solange sie in dieselbe Richtung wollten.
    »Denke schon«, sagte sie schließlich und griff sich ans linke Handgelenk. Es. tat weh, pochte schmerzhaft sie mußte sich irgendwo gestoßen haben.
    »Alles in Ordnung mit dir?« fragte Free. »Ja.«
    »Gut.« Free brachte das Bier zur Kasse.
    Teresa nahm zwei Packungen Junior Mints und eine Cola und folgte ihm. Free hatte Probleme wegen des Biers – der Mann hinter dem Ladentresen, ein kleiner Latino um die vierzig, wollte seinen Ausweis sehen. Free suchte in seinen Taschen, konnte ihn aber nicht finden.
    »Was ist los mit Ihnen?« fragte Free den Mann. »Glauben Sie mir nicht, daß ich einundzwanzig bin?«
    »Zeigen Sie mir Ihren Ausweis«, entgegnete der Mann stur.
    »Geben Sie mir eine Schachtel Marlboro«, sagte Free und zog einige zerknüllte Geldscheine aus der Tasche. Der Latino griff hinter sich nach den Zigaretten und legte die Packung neben das Bier
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