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Eine lange dunkle Nacht

Eine lange dunkle Nacht

Titel: Eine lange dunkle Nacht
Autoren: Christopher Pike
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bei dem Teresa ihm irgendeine Karte nennen mußte, die er dann – er behauptete, dieses Mal sei echte Magie im Spiel – in der rechten Potasche ihrer Jeans auftauchen ließ. Ganz gleich, wie sehr sie sich den Kopf zerbrach, sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie er das gemacht hatte.
    »Ich hätte sie auch aus deinem Slip holen können«, behauptete Free, nahm die Karte und schob sie in eine seiner tiefen Manteltaschen zurück.
    »Allmählich fange ich an, dir zu glauben«, sagte Teresa und errötete. Sie geriet schnell in Verlegenheit, wenn sie über sexuelle Dinge sprach, besonders, wenn ihr Gesprächspartner ein gutaussehender Mann war. Sie hatte begonnen, Free zu mögen – seinen wilden Charme, seinen Enthusiasmus für alles, was sie sagte, seine übertriebenen Mißfallensbekundungen gegen alles, was von Poppy kam.
    Allerdings sagte oder tat Poppy nicht viel, außer zu rauchen und durchs Fenster in die verregnete Nacht zu starren. Beinahe wünschte Teresa, Free wäre alleine unterwegs gewesen. Sie hatte eigentlich nichts gegen Poppy – die Frau hatte einfach Probleme, von denen Teresa nichts wußte.
    Free zappelte auf seinem Sitz herum. Er konnte einfach nicht stillsitzen. »Also, was machen wir als nächstes?« fragte er.
    »Wie wär's mit Radio?« schlug Teresa vor. Sie genoß es, beim Fahren die Musik aufzudrehen, um ihre trübsinnigen Gedanken zu vertreiben.
    »Ich halte nichts von Unterhaltung aus der Konserve«, wischte Free ihren Vorschlag beiseite. »Ich brauche etwas Lebendiges, etwas Wahrhaftiges. Hey, ich weiß was! Laßt uns Geschichten erzählen.«
    Teresa lief ein Schauer über den Rücken. »Was für Geschichten?«
    »Gespenstergeschichten«, begann Free. »Horrorgeschichten. Wahre Geschichten. Keine Ahnung, irgend was. Poppy und ich erzählen uns immer Geschichten, wenn wir unterwegs sind. So kriegt man die Zeit schneller rum. Stimmt doch Poppy, oder?«
    »Die Zeit vergeht immer gleich schnell«, entgegnete Poppy von hinten.
    Free wandte sich zu ihr um. »Du bist ja übel drauf heute. Warum fängst du nicht an? Los, Poppy Corn, erzähl uns deine Lebensgeschichte. Erzähl uns, wie du ein großer Star wurdest.«
    »Ich würde lieber eine Geschichte hören, die ich noch nicht kenne«, sagte Poppy.
    Free zog eine Augenbraue hoch. »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel Teresas Geschichte.«
    Teresa kicherte unbehaglich. »Ich kenne keine Geschichten.«
    »Du verstehst nicht«, sagte Free. »Poppy will deine Lebensgeschichte hören.«
    »Ich bin achtzehn«, sagte Teresa. »Es würde die ganze Nacht dauern, wenn ich euch alles erzähle, was ich schon erlebt habe.«
    »Wir haben Zeit genug«, sagte Poppy.
    »Bedräng das Mädchen nicht«, sagte Free ärgerlich. Zu Teresa meinte er freundlich: »Warum erzählst du uns nicht, was so los ist in deinem Leben?«
    »Woher willst du wissen, daß darin überhaupt etwas los ist?« fragte Teresa.
    Free zuckte mit den Schultern. »Du hast uns weder erzählt, wo du hinwillst, noch warum du dort mitten in der Nacht hinwillst. Poppy und ich haben den Eindruck, daß du von zu Hause abhaust. Ich meine, wenn's so ist, nichts dagegen. Ich meine, wer bleibt schon zu Hause, wenn er unterwegs sein könnte? Aber hey, wir sind wie alle anderen auch. Wir sind neugierig, wir schnüffeln gern in den Angelegenheiten anderer Leute herum. Wir lieben die schmutzigen Sachen, die Skandale. Hast du jemanden umgebracht, oder bist du sonst irgendwie vom rechten Weg abgekommen?«
    Teresa lachte. So heftig, daß sie beinahe von' der Straße abgekommen wäre. Niemand außer Freedom Jack konnte eine so ernsthafte Frage so nebensächlich klingen lassen.
    »Nein«, antwortete Teresa, als sie sich wieder gefaßt hatte. »Ich habe niemanden umgebracht. Obwohl, ich wünschte, ich hätte.«
    »Wen?« fragte Free.
    »Diesen Kerl«, antwortete Teresa. »Diesen Scheißkerl, den ich kenne.«
    »Wen?« fragte Poppy vom Rücksitz.
    Teresa zögerte und spürte, wie sich in ihrem Hals ein Kloß bildete. Ihr war noch immer heiß. Vielleicht wurde sie krank. Vielleicht war es am besten, sich alles von der Seele zu reden. Diese beiden – sie waren Fremde. Sie würden sich unterhalten, den ganzen Weg die Küste hoch, möglicherweise Freundschaft schließen, doch schließlich würden sich ihre Wege trennen und man würde sich nie wiedersehen. Gab es geeignetere Seelsorger?
    In diesem Moment faßte sie den Entschluß, ihnen von Bill zu erzählen.
    Und von dem Furchtbaren, das er ihr angetan hatte.
    »Sein Name
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