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Eine Lady verschwindet

Eine Lady verschwindet

Titel: Eine Lady verschwindet
Autoren: Carter Brown
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Bremsen
quietschten wie wahnsinnig, und ich hörte O’Neil einen Fluch ausstoßen. Dann überholte sozusagen der hintere Teil des Wagens den
vorderen. Wahrscheinlich dauerte das Ganze nur fünf Sekunden, aber mir kam es
wesentlich länger vor. Die Räder gerieten völlig aus der Richtung, und die
schwere Limousine beschrieb drei wirbelnde Kreise, bevor sie seitwärts gegen
einen Erdwall prallte. Der Motor starb ab, und dann brachte der Pistolenknall
im Wagen beinahe mein Trommelfell zum Platzen.
    Ich schaltete das Innenlicht
ein und drehte mich mühsam um. O’Neil saß zusammengesunken
auf dem Rücksitz, und Blut rann ihm aus einem Loch hoch oben in seiner Stirn
übers Gesicht. Er sah nicht nur tot aus, er sah sogar sehr tot aus. Daphne
Woodrow saß neben ihm. Sie wirkte wie erstarrt, ihre dunklen Augen waren
riesig.
    »Es war ein Unfall«, wimmerte
sie. »Wir kämpften um die Pistole, und sie ging einfach los, als wir gegen den
Erdwall prallten.«
    »Ich habe nichts dagegen«,
sagte ich. »Wollen Sie eine Zigarette?«
    Ich gab ihr eine und zündete
mir selber auch eine an. Sie rührte sich nur einmal — rückte so weit wie
möglich von O’Neils Leiche weg und preßte sich gegen
die Tür. Eigentlich sollte jetzt jemand etwas sagen, überlegte ich, aber ich
hatte es nicht eilig.
    »Sie hatten recht, Rick«, sagte
sie schließlich, »er hätte mich umgebracht, sobald wir bei der Hütte angelangt
waren. Nicht wahr?«
    »Vielleicht«, sagte ich.
    »Aber Sie selber haben doch
gesagt, das würde er tun.«
    »In einer solchen Situation war
ich bereit, alles zu sagen«, erwiderte ich. »Aber darüber brauchen Sie sich ja
jetzt, nachdem Sie ihn erschossen haben, keine Gedanken mehr zu machen.«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, es
war ein Unfall!« Ihre Stimme schnellte förmlich eine Oktave höher.
    »Na klar!« sagte ich
gleichgültig.
    »Sie wissen, daß es ein Unfall
war!«
    »Ich nicht«, sagte ich. »Ich
habe lediglich einen Schuß hinter mir gehört.«
    »Rick, bitte!« winselte sie.
»Ich schwöre Ihnen, es war ein Unfall. Helfen Sie mir aus dieser Schweinerei
heraus, und ich werde alles für Sie tun, was Sie wollen. Ich werde der Polizei
die ganze Wahrheit erzählen — alles!«
    »Vielleicht sollten wir jetzt
erst mal versuchen, ob wir den Wagen noch starten können.«
    Das glückte. Die Vorderradachse
schien einen Knacks abbekommen zu haben, und so fuhr ich vorsichtig im
Dreißigkilometertempo zur Hütte und hielt vor meinem eigenen Wagen. Ich wies
Daphne an, sich in das Kabriolett zu setzen, und sie wankte wie mit Gummibeinen
darauf zu. Dann nahm ich die beiden Kopien der beiden Geständnisse aus O’Neils Jackentasche und steckte sie in meine eigene.
    Daphnes Gesicht war ein
bleicher Fleck in der Dunkelheit, als ich neben ihr stehenblieb.
    »Wissen Sie was?« sagte ich.
»Ich kann Sie nicht ausstehen.«
    »Ich weiß«, flüsterte sie.
»Aber Sie werden mir helfen müssen, Rick.«
    »Wissen Sie noch was?« sagte
ich düster. »Sie haben recht. Ich tue es um Anna Flaminis willen. Es gibt für Sie eine Möglichkeit, mit heiler Haut aus der Affäre
herauszukommen.«
    »Ich tue alles, Rick«, sagte
sie eifrig. »Alles, was Sie wollen.«
    »Harris und O’Neil entführten Anna«, sagte ich. »Sie und ich kamen hier heraus zur Hütte, um das
von Manatti bereitgestellte Lösegeld zu überbringen.
Die beiden begannen sich über die Teilung des Geldes zu streiten, und O’Neil erschoß schließlich
Harris, und zwar mit der Pistole, die er mir abgenommen hatte, als wir
eingetroffen waren. Können Sie das alles im Gedächtnis behalten?«
    »Ja«, sagte sie inbrünstig.
»Wort für Wort, Rick.«
    »Danach schien O’Neils vollends überzuschnappen. Er behauptete, keinen von
uns gehen lassen zu können, da wir Zeugen seien; und er zwang uns, mit ihm zu
dem Flugzeug zu fahren, das auf ihn wartete. Wir glaubten natürlich, daß er uns
— Sie, Anna und mich — umbringen würde, konnten jedoch, solange er meine
Pistole in der Hand hielt, nichts dagegen unternehmen. Also stiegen wir alle in
seinen Wagen, er ließ Sie und Anna vorn sitzen, wobei Sie fuhren, während er
hinten die Waffe auf mich gerichtet hielt. Sie entschlossen sich tapfer, in
einer Kurve einen Unfall zu riskieren. Als der Wagen dann schließlich zum
Stillstand kam, sahen Sie, wie ich mit O’Neil um die
Pistole kämpfte, und ich rief euch beiden zu, auszusteigen und wegzurennen. Als
Sie ungefähr zehn Meter vom Wagen entfernt waren, hörten Sie einen Schuß,
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