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Eine Koelner Karriere

Eine Koelner Karriere

Titel: Eine Koelner Karriere
Autoren: Thomas Ziegler
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Wand wurde von Verkaufsregalen mit Proteinpulver, Isodrinks, Vitaminpräparaten, Hanteln in allen Größen und Farben und sonstigen Produkten eingenommen, die man zur Muskelzucht benötigte. Schräg versetzt stand ein derzeit verlassener Empfangstisch mit Computer und elektronischer Kasse. Daneben gähnte ein breiter Durchgang, der wahrscheinlich zum eigentlichen Fitneßstudio führte.
    Markesch zögerte nicht länger, bückte sich und hackte das Messer in den Vorderreifen des VW-Busses.
    Hinter ihm quietschte eine Tür.
    Im nächsten Moment legte sich eine stählerne Klaue um seinen Nacken und zerrte ihn brutal hoch. Er keuchte, schlug blindlings um sich, zappelte hilflos im eisernen Griff.
    »Hab’ ich dich, du kleine Ratte!« knirschte eine Stimme wie ein rostiges Zahnrad. »Dir werd’ ich’s schon austreiben, das Eigentum anderer Leute zu beschädigen!«
    Die Stahlklaue zog ihn mit einer Mühelosigkeit ins Studio, die nichts Gutes ahnen ließ, dann fiel die Tür krachend ins Schloß und sperrte die rettende Öffentlichkeit aus. Markesch schlug weiter um sich und traf mit der Faust etwas Hartes, Unnachgiebiges, Beton vielleicht, doch aus den Augenwinkeln sah er, daß sein Peiniger aus Fleisch und Blut war, auch wenn er jedes menschliche Maß sprengte: Eine ungeheuerliche Muskelwucherung wie aus Dr. Frankensteins Bodybuildingstudio, als wäre er als Kind in einen Eimer mit Wachstumshormonen gefallen, turmhoch und tonnenschwer, ein grausiges Monstrum. Er erkannte es sofort wieder – das Monstrum, das ihn am Ehrenfeldgürtel fast überfahren hätte, Blackies Partner beim Überfall auf Corinne.
    Kaum hatte er an Blackie gedacht, hörte er auch schon das hochtourige Heulen einer Bohrmaschine, und im nächsten Moment schob sich ein von schwarzen Rastalocken umrahmtes, grobschlächtiges Gesicht mit Triefaugen in sein Blickfeld, grinste bösartig, schnalzte mit der Zunge.
    »Die kleine Ratte hat die Reifen vom Bus zerstochen«, knirschte die Muskelwucherung, ohne den eisernen Griff um Markeschs Nacken zu lockern. »Was soll ich mit ihr machen?«
    »Verdamp noch ens, dä Schwadlappen!« brummte Blackie in einem Tonfall völlig unangebrachter Heiterkeit. Er gab Markesch einen Nasenstüber mit dem rasend rotierenden Bohrkopf und lachte kollernd, als er einen gepreßten Schmerzensschrei erntete. »Und dat en aller Herjottsfröh! Hadder sich verlaufe udder hadder su vill Luff en dem Jeheens?«
    »Ich wollte bloß was für meine Muskeln tun«, keuchte Markesch. »Schließlich bekommt man nicht jeden Tag die Chance, so häßlich zu werden wie Sie.«
    Er trat mit aller Kraft zu und erwischte Blackie mit der Schuhspitze am Schienbein, aber entweder hatten den die Anabolika völlig gefühllos gemacht, oder er genoß den Schmerz wie normale Menschen ihre Streicheleinheiten genossen: Blackie gab nur sein kollerndes Lachen von sich und zog ihm mit der Bohrmaschine einen blutigen Striemen über die Stirn. Markesch stöhnte gepeinigt auf.
    »Schäff, Schäff«, rief Blackie in Richtung Durchgang, »dä Schwadlappen es widder do!«
    »Los, wir bringen die Ratte nach hinten«, knirschte die Muskelwucherung. »Wir bringen die kleine Ratte nach hinten und machen sie fertig!«
    »Ene jote Jedanke«, meinte der Rastamann. »Losse mer ihm de Luff us dem Jeheens erus!«
    Trotz Markeschs verzweifelter Gegenwehr schleppte ihn die Muskelwucherung am Empfangstisch vorbei in den hinteren Teil des Fitneßstudios, einem großen in grelles Neonlicht getauchten Raum, in dem es nach alten Füßen und frischen Desinfektionsmitteln roch. Überall standen Trainingsgeräte herum, sinistre Konstruktionen aus schwarzem Metall und Hartgummi, Gewichten, Übersetzern und Stahldrähten, wie sie der Stolz jeder High-Tech-Folterkammer gewesen wären. In einer Ecke führte eine Wendeltreppe nach oben in den ersten Stock, wohl in eine zum Studio gehörende Wohnung, aber Markeschs Hoffnung, daß man ihn nach oben tragen und in zivilisierter Umgebung mit einem Morgenkaffee bewirten würde, erfüllte sich erwartungsgemäß nicht.
    Die Muskelwucherung schleifte ihn zu einer Art Streckbank, ließ ihn wie einen nassen Sack fallen und stemmte die elefantösen Arme in die Hüften, mit einem Gesichtsausdruck, wie ihn auch die Vertreter der Heiligen Inquisition kultiviert haben mochten, wenn sie Ketzern und Hexen auf dem Scheiterhaufen das Böse austrieben. Markesch dachte an die Magnum in seiner Jacke, sein letzter Trumpf, und er betete zu Gott, daß man ihn nicht
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