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Eine Koelner Karriere

Eine Koelner Karriere

Titel: Eine Koelner Karriere
Autoren: Thomas Ziegler
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wie eine Puppe durch die Luft, prallte gegen die Wand und rutschte langsam nach unten. Blut quoll aus ihrer Nase und färbte ihr Gesicht rot wie ihr lockiges Haar. Bewegungslos blieb sie liegen, den Geldkoffer noch immer umklammernd, bis er ihn ihren starren Fingern entwand.
    Erst dann bemerkte er das Blut an seiner Schulter, wo ihn die Kugel getroffen hatte, erst dann spürte er den Schmerz, wie er sich vom Schulterblatt über seinen ganzen Körper ausbreitete, den Schmerz und die Schwäche in seinem Gefolge, und er wußte, das dies nicht der richtige Zeitpunkt war, um das Bewußtsein zu verlieren, er wußte es.
    Von der Straße drang das Heulen eines Martinshorns.
    Das SEK, dachte er benommen. Typisch Polizei. Immer unterwegs, aber überall zu spät.
    Dann umfing ihn Finsternis.
     
    Als Markesch einige Tage später die Uni-Klinik verließ, wurde er draußen von Archimedes und Sophie erwartet. Die Schulterwunde schmerzte noch immer, seine Nase hatte Kingsize-Format, und seine rechte Hand war bandagiert, aber es ging ihm immer noch besser als Astrid Pankrath und Blackie Decker, die im Leichenschauhaus auf ihre Beerdigung warteten, als Corinne von Bohlen, die schon vor einem Jahr gestorben war, ohne es selbst bemerkt zu haben, oder als Trucker und Denise, die im Klingelpütz ihrem Mordprozeß entgegensahen. Walter Kress war inzwischen aus der Untersuchungshaft entlassen worden und von allen Ämtern zurückgetreten, um sich in öffentlicher Reue zu üben, doch die Kölner Lokalpresse hatte längst ihren neuen Skandal, seit die Drogenfahndung die Spedition Zosch durchsucht, kiloweise Koks gefunden und Karl-Heinz Zosch und Wolfgang Pankrath verhaftet hatte.
    »Hier«, sagte Archimedes zur Begrüßung und drückte ihm einen Briefumschlag in die Hand. »Wurde heute für dich abgegeben.«
    Markesch öffnete den Umschlag und fand einen Scheck über zehntausend Mark, ausgestellt von Walter Kress, sein schwer verdientes Erfolgshonorar, aber nicht mehr, kein Dankesbrief, kein Wort der Anerkennung, nichts, nur den Scheck. Er zuckte unwillkürlich die Schultern, fluchte, als seine Schußverletzung mit brennendem Schmerz protestierte, und steckte den Scheck ein.
    Schließlich war er nicht Privatschnüffler geworden, um Lob und Jubel zu ernten, sondern um seine Whiskyrechnungen zu bezahlen. Er blinzelte in die Frühlingssonne, die erschreckend warm und strahlend am wolkenlosen Himmel stand, atmete tief die frische Luft ein, schwer vom Blütenduft und dem Versprechen des nahen Sommers, und leckte durstig seine Lippen.
    »Wie wäre es mit einem Schluck Scotch?« sagte Archimedes teilnahmsvoll und zauberte eine Flasche Johnny Walker aus der Tasche.
    »Trink ruhig«, nickte Sophie ganz gegen ihre sonstige Abstinenzler-Philosophie, mit einem rätselhaften, eindeutig boshaften Funkeln in den Augen. »Trink soviel du kannst. Du wirst jeden Schluck brauchen.«
    Der Grieche gab ihr einen warnenden Stoß in die Rippen, doch Markesch ignorierte die Bemerkung, denn sie war jung und schön und wußte ohnehin nicht, was sie sagte. Er schraubte die Flasche auf, gönnte sich einen großen Schluck und seufzte zufrieden.
    »Und jetzt«, knurrte er, »zum Regenbogen. Das Renovierungschaos ist doch inzwischen beseitigt, oder?«
    »Öh, sozusagen«, meinte Archimedes, während er seinen BMW ansteuerte. »Du wirst begeistert sein.«
    Sophie kicherte und erntete einen neuen Rippenstoß. Markesch sah sie irritiert an und hatte plötzlich das Gefühl, daß ihm etwas vorenthalten wurde, etwas Wichtiges, vielleicht sogar Entscheidendes. Sophies fortgesetztes Kichern und Archimedes’ hartnäckiges Schweigen während der kurzen Fahrt zur Berrenrather Straße verstärkten das bedrohliche Gefühl. Er wappnete sich mit einem weiteren Schluck Johnny Walker und glaubte schon, auf das Schlimmste vorbereitet zu sein – Chaos, Trümmer, architektonische Exzesse –, aber er irrte sich.
    Er irrte sich gründlich.
    Am Café angelangt, stieg er aus dem Wagen aus, drehte sich zum Café um – und erstarrte.
    »Großer Gott!« flüsterte er. »Was habt ihr getan?«
    Das Haus stand noch an seinem alten Platz, immerhin, auch wenn das schon alles Positive war, was sich über das Ergebnis der Renovierungsarbeiten des Aaps sagen ließ. Der stilisierte Regenbogen über der Tür war von einer grinsenden Neonsonnenblume und dem giftgrünen Schriftzug Vita Verde ersetzt worden. An den Fensterscheiben hingen Plakate, die so zweifelhafte Dinge wie gesundes Leben, Vollwertkost und
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