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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos
Autoren: Mohammed Hanif
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Dingen, die nicht nach Plan gelaufen sind. Denn unser Obaid, unser Baby O, glaubt, dass es nichts auf der Welt gibt, das ein Spritzer Poison auf dem Handgelenk und ein altes Lied nicht einrenken könnten.
    Er ist auf die gleiche Weise unschuldig, wie es einsame Kanarienvögel sind, die von einem Ast zum anderen flattern, in der Luft gehalten nur von ihrem zarten Flügelschlag und ein paar Millilitern Blut. Gegen die Schwerkraft dieser Welt, die stets danach strebt, jeden auf ihre verrottete Oberfläche herunterzuziehen.
    Welche Chance hätte Obaid mit diesem 2. OIC? Baby O, Flüsterer von Couplets, Sänger von Golden Oldies. Wie hatte er es durch das Auswahlverfahren geschafft? Wie war es ihm gelungen, die Eignungsprüfung für Offiziere zu bestehen? Wie hatte er seine Mitkandidaten durch die Überlebensszenarien im Dschungel geführt? Wie hatte er sich durch die psychologischen Tests gemogelt?
    Sie hätten ihm nur die Hose herunterziehen müssen, und sie hätten seine seidenen Shorts mit den gestickten kleinen Herzen am Bund gesehen.
    Baby O, wo bist du?

    L eutnant Bannon war das erste Mal auf uns aufmerksam geworden, als wir beim alljährlichen Varieté unseren Tauben- und Falkentanz vorführten. Das war, bevor der Kommandant solche Auftritte durch Koranzirkel und abendliche Gespräche über Literatur ersetzte. Als Drittsemester mussten wir die bescheuerten Kostümnummern übernehmen, während die Älteren lippensynchron Playbacksongs von George Michael singen durften. Wir führten eine Pantomime zu einem Revolutionsgedicht vor. Ich, der imperialistische Adler, stürzte mich auf Obaid, die sich tapfer verteidigende Drittwelttaube. In der Schlussszene hockte er auf meiner Brust und hackte mir mit seinem Pappschnabel den Hals blutig.
    Wir waren gerade dabei, hinter der Bühne unsere albernen Federkostüme abzulegen, als Bannon uns ansprach. „Hey, ihr seid echte Kracher, ihr solltet in Hollywood auftreten!“ Sein Händedruck war übertrieben und fest. „Tolle Show.“ Er wandte sich an Obaid, der sich gerade die braune Schuhcreme mit einem Taschentuch von den Wangen rieb. „Ohne diese Kriegsbemalung sehen Sie ja aus wie ein halbes Kind“, sagte Bannon. „Wie heißen Sie?“
    Im Hintergrund sang Sir Tony Careless Whisper, aber so falsch, dass wie aus Protest die Lautsprecher kreischten.
    Bannons Gesicht unter dem blutroten Barett wirkte wie gegerbtes Leder. Seine Augen waren seichte grüne Teiche, die seit Jahren keinen Tropfen Regen gesehen hatten.
    â€žObaid. Obaid-ul-llah.“
    â€žWas bedeutet das?“
    â€žAllahs Diener“, erwiderte Obaid. Er klang unsicher, als hätte er am liebsten erklärt, dass er sich diesen Namen nicht selbst ausgesucht hatte.
    â€žWas bedeutet Ihr Name, Leutnant Bannon?“, kam ich Obaid zur Hilfe.
    â€žIst nur ein Name“, sagte er. „Niemand sagt Leutnant zu mir. Für Theaterstars wie euch bin ich Loot Bannon.“ Er schlug die Hacken zusammen und wandte sich wieder an Obaid. Wir nahmen Haltung an. Er richtete seinen übertriebenen Zweifingersalut an Obaid und sagte die Worte, die in diesem Moment nur wie ein weiterer Fall von schräger US-Militärsprache erschienen, später jedoch zum Stoff für den Kantinenklatsch wurden.
    â€žWir sehen uns auf dem Platz, Baby O.“
    Ich war eifersüchtig, nicht auf die Intimität, die sich andeutete, sondern weil ich wünschte, mir wäre dieser Spitzname für Obaid eingefallen.

    I m Geist notiere ich, was sie in meiner Stube finden und mir vorwerfen können:

    1.  Ein Viertel einer Viertelliterflasche Muree-Rum.
    2.  Ein Gruppenfoto von Erstsemestern in Unterwäsche (genauer gesagt, weißer Winterunterwäsche).
    3.  Das Video Liebe zu Pferde .
    4.  Bannons Hundemarke, die noch immer als verloren am Fundbürobrett des Wachlokals aufgeführt wird.

    Wäre mein Shigri-Blut nicht so bar jeglichen Gefühls für Literatur, hätte ich als fünften Posten noch Gedichte aufgelistet, aber wer denkt schon an Gedichte, wenn er in einer Zelle eingesperrt und kein Kommunist oder Dichter ist?
    In der Zellentür ist eine Art Briefschlitz, als ob mir jemand Briefe schicken würde. Lieber Ali Shigri, ich hoffe, Du bist bei bester Gesundheit und genießt Deine Zeit in …
    Ich gehe auf die Knie, die Augen in Höhe des Schlitzes. Ich weiß, Obaid hätte die
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