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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos
Autoren: Mohammed Hanif
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Klappe angehoben, den Aufmarsch khakibekleideter Hintern beobachtet und sich damit vergnügt zu erraten, welcher zu wem gehörte. Baby O konnte eine detaillierte Charakteranalyse liefern, nur indem er sich anschaute, wo und wie eng die Leute ihre Gürtel trugen.
    Ich will die Klappe nicht anheben und riskieren, dass jemand sieht, wie ich ihn beobachte. Wahrscheinlich wissen schon alle Bescheid. Dieser Trottel von Shigri ist endlich da, wo er hingehört. Schmeißt den Schlüssel weg.
    Die Klappe öffnet sich von selbst, und ein Arschgesicht von Erstsemester kündigt mir das Essen an. „Hau ab“, sage ich und bereue es sofort. Ein leerer Magen gebiert schlechte Träume.
    Ich träume von einer Hercules C-130. Sie ist voller bunter Blumen, wie die Autos von Hippies. Ihre Propeller sind reinweiß, drehen sich in Zeitlupe und pusten dabei Säulen von Jasminblüten aus. Baby O steht auf der Spitze der rechten Tragfläche direkt hinter dem Propeller, in einem schwarzseidenen Gewand und seiner Ausgehmütze. Ich stehe in voller Uniform auf der Spitze des linken Flügels. Baby O schreit mir etwas durch das Getöse der Maschine zu. Ich kann keine Worte ausmachen, aber seine Gesten sagen mir, dass ich zu ihm kommen soll. Bei meinem ersten Schritt in Baby Os Richtung kippt die C-130 und legt sich um 30 Grad zur Seite, sodass wir plötzlich auf der Reise ins Vergessen die Tragflächen entlangrutschen. Ich erwache mit einem dieser Schreie, die durch den Körper hallen und in der Kehle stecken bleiben.

    A m nächsten Morgen werde ich mit einem Gedicht konfrontiert. Rilke – für diejenigen, die es interessiert.
    Der Befehlshaber unserer Akademie oder der Kommandant, wie er sich gerne nennt, ist ein Mann von erlesenem Geschmack. Wohlfrisiertes Haar, privat geschneiderte Uniform, seine Stabsorden und Auszeichnungen von Militärcolleges bis zur Perfektion poliert. Volle Schulterklappen. Na gut, der Mond und die gekreuzten Säbel eines Zwei-Sterne-Generals haben sich noch nicht eingestellt, aber der Kerl weiß sich die Wartezeit angenehm zu verkürzen.
    Sie halten die zerknitterten Blätter, die sie in dem obligatorischen Loch in meiner Matratze finden, für eine Spur.
    Ich lese keine Gedichte und habe nicht einmal so getan, als würde ich die seltsamen Gedichtbände lesen, die Obaid mir immer wieder aufdrängte. Ich redete mich damit heraus, dass ich nur Urdu-Dichtung schätzen könne, also hatte er mir zum Geburtstag ein paar Gedichte von diesem deutschen Typ ins Urdu übersetzt. Er reimte sie sogar, da ich mich ebenfalls gegen reimlose Verse ausgesprochen hatte. Er schrieb die fünf übersetzten Gedichte in seiner schönen kalligraphischen Handschrift nieder, die aus lauter kleinen schwungvollen Bögen und eleganten Strichen bestand, und klebte sie in meinen Spind.
    Bei meiner Aufräumaktion am Morgen von Baby Os Verschwinden hatte ich sie in die Matratze gestopft, in der Hoffnung, der 2. OIC würde seine Suche nach der Wahrheit so weit nicht treiben.
    An das meiste habe ich gedacht und mir Antworten zurechtgelegt, aber jetzt bin ich wirklich verblüfft. Wessen wollen sie mich anklagen? Der Übertragung ausländischer Dichtung in die nationale Sprache? Zweckentfremdung von offiziellem Briefpapier?
    Ich beschließe, die Wahrheit zu sagen.
    Der Kommandant ist amüsiert.
    â€žHübsches Gedicht“, sagt er und glättet die zerknitterten Bögen. „Vielleicht sollten wir statt morgens zu exerzieren lieber Gedichte aufsagen.“ Er wendet sich an den 2. OIC. „Wo haben Sie das gefunden?“
    â€žIn seiner Matratze, Sir“, erwidert dieser selbstzufrieden, denn er hat sich weit über seine beschissenen Pflichten hinaus bemüht.
    Rilke wird wieder zerknüllt und der Kommandant fixiert den zweiten befehlshabenden Offizier mit einem Blick, zu dem nur Männer mit ererbten Generalsgenen fähig sind.
    â€žIch dachte, dieses Problem hätten wir bereits gelöst?“
    Das geschieht dir recht, du Arschloch, dröhnt meine innere Stimme.
    Der Kommandant hat seinen Finger am Puls der Nation, während er seine Segel stets nach dem Wind richtet, der aus dem Army House weht. Wendungen wie Allah, der Allmächtige und Sattelt die Pferde, die russischen Ungläubigen kommen sind neuerdings in seine Tagesbefehle eingegangen, auch wenn er seine höchst säkulare Mission, alle Schaumgummimatratzen mit
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