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Eine Kiste explodierender Mangos

Eine Kiste explodierender Mangos

Titel: Eine Kiste explodierender Mangos
Autoren: Mohammed Hanif
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erwecken, der 2. OIC und ich wären auf einem gemächlichen Spaziergang, der in meiner Stube statt in der Zelle enden wird.
    Alles, an was ich denken kann, ist der ISI.
    Das muss eine leere Drohung gewesen sein. Niemand ruft den Scheiß-Inter-Services-Scheiß-Intelligence, nur weil ein Kadett sich unerlaubt von der Truppe entfernt hat. Der ISI ist für die nationale Sicherheit und Spionage zuständig. Und wer zum Teufel braucht heutzutage überhaupt noch Spione? Die USA haben Satelliten mit Kameras, die so stark sind, dass sie die Haare auf deinem Hintern zählen können. Bannon hat uns ein Bild von so einem Satelliten gezeigt und behauptet, er habe Hinternbilder aus dem Weltall gesehen und könne sie uns nur nicht zeigen, weil sie geheim seien.
    Außerdem kümmert sich der ISI um Drogen, aber Drogen haben wir auch nie genommen. Na gut, einmal Haschisch geraucht, aber in den Bergen, dort wo ich herkomme, ist Haschisch wie ein Hausmittel gegen Kopfschmerzen und alles Mögliche. Obaid hatte ein bisschen von unserem Wäscher Onkel Starchy bekommen und wir hatten es in einer mondhellen Nacht mitten auf dem Exerzierplatz geraucht. Obaid bekam einen Singanfall, und ich musste ihn fast knebeln, bevor ich ihn in unsere Stube zurückbringen konnte.
    Ich muss Bannon ein SOS zukommen lassen.

Zwei
    A ls General Mohammed Zia ul-Haq am 15. Juni 1988 vor dem Morgengebet im Koran las, blieb sein Zeigefinger an Vers 21:87 hängen, und er verbrachte den Rest seines kurzen Lebens damit, von den Innereien eines Wals zu träumen. Auch löste dieser Vers einen Sicherheitsalarm aus, der General Zia in seiner offiziellen Residenz, dem Army House, festhielt. Nachdem er zwei Monate und zwei Tage später das Army House zum ersten Mal wieder verließ, kam er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Die Nation frohlockte, und niemand fand je heraus, dass General Zias Reise in den Tod mit der leichten Verwirrung begonnen hatte, die er an jenem schicksalhaften Tag angesichts der Übersetzung dieses Verses empfand.
    In Pickthalls englischer Übersetzung des Korans liest sich der Vers 21:87 so:
    Und erinnert euch an Zun-nus, als er im Zorne aufbrach: Er glaubte, Wir hätten keine Macht über ihn! Doch rief er in der Tiefe der Finsternis: ‚Es gibt keinen Gott außer Dir, gepriesen seiest Du. Ich hatte wahrhaft Unrecht.‘
    Als General Zias Finger die Worte Ich hatte wahrhaft Unrecht erreichte, hielt er inne. Er zog die Zeile noch einmal mit seinem Finger nach, fuhr wieder und wieder über dieselben Worte, in der Hoffnung, ihre wahre Bedeutung herauszukitzeln. Sie entsprachen nicht dem, dessen er sich aus seiner früheren Lektüre des Verses erinnerte.
    Auf Arabisch heißt es dort:
    Ãœbersetzt sollte es heißen: …Und ich bin einer von jenen, die ihre eigenen Seelen unterdrückten.
    Aber in dieser Fassung stand: …Ich hatte wahrhaft Unrecht.
    Der General kannte die Geschichte von Jonas gut. Der Umstand, dass Jonas hier Zun-nus genannt wurde, verwirrte ihn nicht. Er wusste, dass Jonas und Zun-nus ein und derselbe waren, ein unzufriedener Prophet, der seine Sippe verlassen hatte und im Bauch eines Walfischs gelandet war, wo er wieder und wieder diesen Vers rezitierte, bis der Wal ihn ausspuckte, und zwar gesund und munter.
    General Zia hatte sich angewöhnt, vor seinem Morgengebet die englische Übersetzung des Korans zu lesen, da es ihm half, sich auf seine Dankesrede nach der Verleihung des Nobelpreises an ihn vorzubereiten. Als erster Preisträger der Geschichte würde er auf einer Rezitation aus dem Koran bestehen, bevor er die Rede hielt. Wer den Preis erhalten würde, war noch nicht verkündet, aber er machte sich große Hoffnungen und suchte nach einem passenden Zitat.
    Jonas’ Gebet kam für die Rede nicht in Frage, dennoch beunruhigte General Zia die Diskrepanz zwischen seiner Erinnerung an die Stelle und dem Satz auf der Seite vor ihm. Gedankenversunken verlagerte er sein Gewicht und kratzte sich an der linken Gesäßbacke, während er immer wieder mit dem Zeigefinger über den störenden Vers fuhr. Er kniete auf einem ein Meter zwanzig mal sechzig Zentimeter großen, golddurchwirkten antiken Gebetsteppich aus Buchara, dessen rechte obere Ecke ein Kompass aus massivem Gold zierte und ständig die Richtung der Khana Kaaba in Mekka anzeigte.
    Prinz Naif, der zweite Kronprinz von Saudi-Arabien, hatte ihn General Zia überreicht und
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