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Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust

Titel: Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust
Autoren: David Ellis
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    Wenn Ernesto Ramirez ein besserer Lügner gewesen wäre, wäre er sicher noch am Leben.
    Wäre er gleich von Anfang an mit der Sprache rausgerückt oder hätte er nie auch nur die leiseste Andeutung gemacht, dass er mir etwas mitzuteilen hatte, hätte die ganze Geschichte auch für mich einen glücklicheren Ausgang genommen.
    Joel Lightner war der Privatermittler. Ich war der Anwalt. Wir befanden uns in Liberty Park, womit ich nicht das Viertel auf der Southwest Side meine, sondern den Park, nach dem es benannt ist; eine große vertrocknete Grasfläche, ausgestattet mit einer heruntergekommenen Spielplatzanlage, einem zerfetzten Aluminiumzaun rundherum und einer großen Baracke der Parkverwaltung, auf deren Holzwänden die Graffitis die ursprüngliche Farbe längst überwiegen. Die gesprayten Insignien stammten zu gleichen Anteilen von den Columbus Street Cannibals und den Latin Lords. Dies hier war La Zona, umkämpftes Territorium, das von beiden Banden beansprucht wurde.
    Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren, nur einen halben Kilometer westlich des Parks, hatten fünf Kugeln den Ladenbesitzer Adalbert Wozniak in Brust, Hals und Gesicht getroffen. Dieser Mord wurde meinem Klienten, Senator Hector Almundo, zur Last gelegt.
    Natürlich glaubte niemand, dass Hector den Abzug persönlich
gedrückt hatte. Der Wozniak-Mord war Teil einer umfassenderen Anklage der US-Staatsanwaltschaft, die folgendermaßen lautete: Senator Almundo, der Ambitionen auf den Posten des Landesjustizministers hegte, hatte ein Abkommen mit der Straßengang Cannibals getroffen; diese erpressten von lokalen Geschäftsleuten monatliche Zahlungen – im Sinne traditioneller Schutzgelder –, von denen jeweils die Hälfte in Hectors Wahlkampfkasse floss. Das FBI ging davon aus, dass Hector und die Cannibals sich die Beute in etwa geteilt hatten. Womit der Organisation Bürger für Almundo in einem Zeitraum von achtzehn Monaten annähernd einhunderttausend Dollar aus Schutzgelderpressungen der Cannibals zugeflossen waren.
    Wozniak war einer der erpressten Geschäftsleute gewesen, hatte aber die Zahlungen verweigert. Beim FBI war man überzeugt, dass die Cannibals Wozniak eine Lektion erteilen wollten, um ihn und ähnlich gesonnene Abweichler daran zu erinnern, dass diese Zahlungen aus einem guten Grund erfolgten. Die Botschaft fiel so drastisch aus, dass Wozniaks Familie bei der Begräbniszeremonie darauf verzichten musste, den Sarg des Toten zu öffnen.
    Nach Verständnis des FBI handelte es sich bei alldem, von der Erpressung bis hin zum Mord, um eine kriminelle Verschwörung – eines ihrer absoluten Lieblingswörter –, wodurch sämtliche im Rahmen dieser Verschwörung begangenen Verbrechen jedem Mitverschwörer gleichermaßen zu Last gelegt werden konnten. Folglich wurde Staatssenator Hector Almundo, als mutmaßlicher Drahtzieher der Schutzgelderpressung, auch für den Mord an Adalbert Wozniak belangt, gleichgültig, wer den Abzug letztlich gedrückt oder den Befehl dazu gegeben hatte.

    Joel Lightner und ich kamen an einer Gruppe Fußball spielender Kinder vorbei, die alles verwendet hatten, was sie auftreiben konnten – einen Stein, einen Ziegel, einen Rucksack – , um die Torpfosten zu markieren. Ich entging nur knapp einem scharf geschossenen Ball, was die Kids in einhelliges Gelächter ausbrechen ließ. Es musste mehr als eineinhalb Jahrzehnte her sein, dass ich selbst an einem solchen sorglosen Vergnügen teilgenommen hatte und meine einzige Sorge gewesen war, auf einem Spielfeld einem Ball hinterherzurennen – wobei mein Sport die amerikanische Version Football gewesen war.
    Ernesto Ramirez stand neben dem Basketballplatz, teils als Zuschauer, teils als Schiedsrichter eines Spiels vier gegen vier auf einen Korb. Das Zielbrett war abgeblättert, und der Ring hatte kein Netz, aber das tat der Begeisterung dieser Kids im Alter zwischen sechs und maximal fünfzehn keinen Abbruch. Ernesto rief ihnen etwas auf Spanisch zu, das ich nicht verstand. Ich beherrschte die Sprache zwar recht gut, hatte aber so meine Probleme mit schnell gesprochener Umgangssprache.
    »Wir können gleich hier reden«, erklärte er uns, was nicht unbedingt unser Plan gewesen war, doch wir hatten keine Handhabe gegen ihn. Das war ungewohnt für mich. Bis vor kurzem hatte ich als Bezirksstaatsanwalt gearbeitet, und jede Verweigerung einer Kooperation mit mir hatte sofort eine Festnahme wegen Behinderung von Nachforschungen zur Konsequenz gehabt.
    Wir fanden rasch
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