Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Katze kommt selten allein

Eine Katze kommt selten allein

Titel: Eine Katze kommt selten allein
Autoren: Lydia Adamson
Vom Netzwerk:
wahr?«
    » Meine Katzen hat Carla gern gehabt.«
    »Haben Sie auch diese schwarz, rot und weiß gefleckten Katzen?«
    »Calicos? Nein.«
    Ich blickte aus dem Wohnzimmerfenster des Starobin-Hauses. Arnos, das alte Faktotum, kam mit langsamen Schritten den Zufahrtsweg hinauf zum Haus. Ich schauderte und griff nach den Decken auf dem Sofa. Arnos ging über Harry Starobins Asche.
    »Möchten Sie noch ein Stück Kuchen?« fragte Senay und schob die Hand in die Papiertüte.
    »Nein, danke.«
    »Wie wär’s mit einem Sandwich?«
    »Nein, danke.«
    Senay seufzte müde, ließ sich zurück in den Stuhl sinken und begann wieder zu schaukeln.
    Die Himalayan-Katzen ließen von der Papiertüte ab. Sie hatten nichts Interessantes darin gefunden.
    Arnos kam ins Haus, durchquerte das große Wohnzimmer, ohne uns zu grüßen, und verschwand in der Küche.
    Ich sah, wie sämtliche Himalayan-Katzen zu dem alten Mann huschten. Sie hatten Hunger. Dann hörte ich, wie Arnos ihnen Futter gab. Hier werden Katzen aber früh gefüttert, dachte ich; dann schlief ich auf dem Sofa ein.

20
    Ich öffnete die Katzenkäfige, kaum daß ich die Tür zu meiner Wohnung hinter mir geschlossen hatte.
    Bushy kam gemächlich herausgekrochen. Pancho hingegen schoß aus seinem Käfig und flitzte los, um die vielen Feinde aufzuspüren und zu identifizieren, die während seiner Abwesenheit in Manhattan und meine Wohnung einmarschiert waren – um dann panikerfüllt die Flucht vor ihnen zu ergreifen.
    Ich ging in die Küche, öffnete die Kühlschranktür, nahm eine Tüte fettarme Milch heraus und schenkte mir ein Glas ein. Dann setzte ich mich an den winzigen Küchentisch. Ich fühlte mich schlapp und war zu Tode erschöpft.
    Das grüne Lämpchen am Anrufbeantworter blinkte und ließ mich wissen, daß während meiner Abwesenheit Nachrichten eingegangen waren. Bestimmt von Panchos Feinden, dachte ich und ließ den Apparat unangetastet.
    Ich trank die Milch. Meine Hände zitterten. Du lieber Himmel, ich war ganz schön fertig.
    Um meine Nerven ein wenig zu beruhigen, nahm ich Bleistift und Schreibblock und stellte eine Liste auf:
     
    1. Den Hut in der Bar abholen
    2. Charlie Coombs ein paar nette Worte schreiben
    3. Anthony Basillio anrufen und dich noch einmal bedanken
    4. Saffranreis für Pancho kaufen
    5. Bargeld zählen
    6. Zahnpasta und das gewohnte Katzenfutter besorgen
     
    Ich legte den Bleistift auf den Tisch. In der Wohnung roch es muffig. Ich ging aus der Küche zu den Fenstern im Wohnzimmer und zog beide so weit auf, wie es das rissige Holz des Rahmens erlaubte.
    Als ich mich umdrehte, sah ich die Taschenbuchausgabe von Romeo und Julia auf dem Wohnzimmertisch liegen.
    Arme Carla Fried. War zu allen Schandtaten bereit, um ihren Traum vom eigenen Theater verwirklichen zu können. Arme, kranke, verrückte Carla.
    Ich ging zurück in die Küche, um das Glas Milch auszutrinken.
    Als ich am Tisch saß, gingen mir seltsame Gedanken durch den Kopf.
    Was war, wenn Carlas Theatertruppe in Montreal Warings Geld bereits bekommen hatte?
    Was war, wenn die Theatertruppe dieses Geld behalten durfte, obwohl Waring und dessen Mitverschwörer des Mordes angeklagt wurden? Im Grunde genommen hatte Warings Schenkung mit der ganzen Sache ja nichts zu tun.
    Was war, wenn die Aufführungen stattfanden, wie es geplant war… ohne Carla Fried… ohne Thomas Waring?
    Was war, wenn die Truppe in Montreal immer noch eine Schauspielerin brauchte, die in einer Portobello-Inszenierung von Romeo und Julia die Wärterin spielte?
    Ich nahm den Bleistift und setzte eine weitere Zeile unter meine Liste:
     
    7. Mit Carlas Theatertruppe in Montreal in Verbindung setzen
     
    Eine Rolle ist eine Rolle, sagte ich mir.
    Und Portobello würde meine Interpretation der Wärterin bestimmt gefallen: als Frau mittleren Alters, deren exzentrischer Charakter die Tatsache verschleierte, daß sie Romeo genauso leidenschaftlich liebte wie Julia. Das war eine echte dramaturgische Neuerung. Ja, Portobello würde diese Idee ganz bestimmt faszinierend finden… formbar… ausbaufähig.
    »Jetzt werde ich die Einzelheiten mal mit Bushy besprechen, bevor ich mit Portobello darüber diskutiere«, sagte ich zu dem Bleistift zwischen meinen Fingern. Dann ging ich ins Wohnzimmer, um mich zu Bushy aufs Sofa zu setzen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher