Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Katze kommt selten allein

Eine Katze kommt selten allein

Titel: Eine Katze kommt selten allein
Autoren: Lydia Adamson
Vom Netzwerk:
diesmal leer vorfinden.«
    »Und wir sollen im Stall darauf warten, daß jemand auftaucht und die Katzen zu stehlen versucht?«
    »Genau.«
    »Und der Möchtegern-Dieb ist der Mörder?«
    »Oder arbeitet im Auftrag des Mörders.«
    »Ist Ihnen schon mal der Gedanke gekommen, daß Sie sich zu viele Miss-Marple-Krimis im Fernsehen angeschaut haben?«
    »Nein. Mein Fernseher hat vor zwei Jahren seinen Geist aufgegeben, und ich habe ihn nicht reparieren lassen. Aber ist Ihnen, Detective Senay, schon mal der Gedanke gekommen, daß Sie nach so langer Zeit noch gar nichts über die Morde wissen? Bis auf das, was ich Ihnen heute darüber erzählt habe?«
    Ich ließ meine Bemerkung auf ihn einwirken; dann fuhr ich fort: »Falls der Mörder wirklich ein Verrückter ist – und das glaube ich – und falls er Morde begeht, um Pferderennen zu gewinnen, dann wird er nicht zulassen, daß Harrys angebliche zweite Calico-Zucht unter die Leute kommt.«
    Senay blickte mich an. Ich konnte erkennen, daß sein Widerstand zu schwinden begann.
    »Und wie haben Sie sich die polizeilichen Maßnahmen vorgestellt?« fragte er schließlich.
    »Ganz einfach«, erwiderte ich. »Stellen Sie ein paar Beamte ab, die zwischen sechs Uhr abends und sechs Uhr früh abwechselnd im Stall Posten beziehen. In Zivil, auf dem alten Heuboden.«
    »Angenommen, ich mache bei diesem Unsinn mit – hätte ich Ihre Einwilligung, Mrs. Starobin?« fragte Senay. »Schließlich ist das Anwesen Ihr Eigentum.«
    »Sicher«, sagte Jo.
    »Also gut. Ich werde dafür sorgen«, erklärte Senay widerwillig und verließ grußlos das Haus, als hätten Jo und ich ihn schwer beleidigt.
    Als wir allein waren, wies die alte Frau mit zitternder Hand auf mich und sagte: »Wie konntest du es wagen, diesem Polizisten alle diese Geschichten über Harry zu erzählen? Diesen Leuten kann man doch nicht blind vertrauen!«
    »Als wir in der Bank waren, Jo, hast du mir selbst gesagt, daß Harry in irgendeine kriminelle Angelegenheit verwickelt gewesen sein muß. Und du hast mich um Hilfe gebeten, der Sache auf den Grund zu gehen.«
    »Glaubst du denn wirklich, daß diese Geschichte stimmt, Alice? Daß Harry kleine Kätzchen für Unsummen verkauft hat, damit sie alte Gäule in Rennpferde verwandeln? Das wäre ein Schwindel gewesen… und so etwas hätte Harry niemals getan. Eher hätte er eine Bank ausgeraubt, wäre er verzweifelt gewesen … und unsere finanzielle Lage war verzweifelt. Aber so etwas? Nie und nimmer.«
    Ich senkte die Stimme. Jos Kummer tat mir weh.
    »Und wenn es gar kein Schwindel war, Jo? Was ist, wenn Harry tatsächlich ganz besondere Calico-Katzen gezüchtet hat, die ideale Stallkameraden für Rennpferde waren? Warum sind die Galopper, die auf Monas Pferdefarm waren, plötzlich einen Sieg nach dem anderen gelaufen? Vielleicht hat Harry wirklich ein züchterisches Wunder vollbracht, das wissenschaftlich nicht erklärt werden kann. Er hat tausendmal mehr über Katzen gewußt als wir. Kann sein, daß das alles nur Zufall ist, Jo, aber wenn nicht – was dann?«
    Jo gab keine Antwort. Sie brach in Tränen aus. Die Himalayan-Katzen schienen Jos Kummer zu spüren und tollten verspielt um den Schaukelstuhl herum, als wollten sie die alte Frau aufmuntern.
    Selbst im Frühling war es im Haus der Starobins feucht und kalt. Deshalb trugen Jo und ich dicke Schals, als wir uns an den nächsten Abenden um die Polizeibeamten kümmerten, die in zwei Sechs-Stunden-Schichten im Stall Wache hielten.
    Ich war wieder in das Cottage gezogen und übernachtete dort zusammen mit Pancho und Bushy.
    Zwischen Jo und mir war eine seltsame Feindschaft entstanden, als hätten wir uns auf einen vorübergehenden Waffenstillstand in einem lange währenden Krieg geeinigt.
    Ich verstand selbst nicht, warum ich kaum ein Wort mit Jo redete – und sie nicht mit mir, und ich verstand nicht, warum Harry überhaupt nicht mehr erwähnt wurde.
    Ich gab die Anzeige in sechs täglich und wöchentlich erscheinenden Publikationen auf; dann warteten wir alle darauf, daß der oder die mörderischen Diebe versuchten, einen Wurf Calico-Katzen zu stehlen, der gar nicht existierte.
    Drei Tage, nachdem die Polizisten ihre Nachtwache begonnen hatten, brach Jo den Waffenstillstand. Sie fiel so plötzlich und mit einer solchen Wildheit über mich her, daß ich es mit der Angst bekam.
    »Glaubst du, ich weiß nicht, was zwischen dir und Harry gewesen ist?«
    Ich wußte nicht, was ich darauf antworten sollte. Harry und ich waren
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher