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Eine Katze kommt selten allein

Eine Katze kommt selten allein

Titel: Eine Katze kommt selten allein
Autoren: Lydia Adamson
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stehen. Es war stockdunkel; es hatte keinen Zweck. Wie konnten wir den Verwundeten finden? Was sollten wir tun, wenn wir ihn gefunden hatten?
    Wir kauerten uns eng aneinander. Wir warteten. Wir blickten zurück zur Lampe über dem Stalltor.
    Die nächtliche Brise trug leise Geräusche an unsere Ohren. Irgend etwas näherte sich uns aus der Dunkelheit.
    Dann hörten wir ein leises Stöhnen. Zuerst glaubten wir, es wäre das Stöhnen des verwundeten Polizisten; aber das konnte nicht sein. Der Mann war zu weit von uns entfernt.
    Langsam, Schulter an Schulter, bewegten wir uns in die Richtung, aus der das Geräusch kam.
    Plötzlich sahen wir irgend etwas im Gras liegen; es sah wie ein großes Kleiderbündel aus, das sich im nächtlichen Wind bewegte.
    Jo stieß mit dem Fuß vor einen metallenen Gegenstand.
    »Eine Taschenlampe«, flüsterte sie.
    Ich hob die Lampe auf, knipste sie an und packte mit der freien Hand ängstlich Jos Rechte.
    Das Kleiderbündel war der Körper eines Menschen. Er lebte noch. Vor Schmerz hatte er die Knie bis an die Brust gezogen. Ich sah einen blutüberströmten Oberschenkel.
    Wir gingen näher.
    Es war kein Mann. Es war eine Frau. Ich richtete den Strahl der Taschenlampe auf ihr Gesicht.
    Und erstarrte vor Entsetzen.
    Meine Beine konnten meinen Körper nicht mehr tragen. Neben der Frau, die sich vor Schmerzen wand, sank ich zu Boden.
    Ich legte die Hand auf das Gesicht meiner alten Freundin – Carla Fried.
    Plötzlich hörten wir Sirenen. Und hastige Schritte, die sich uns näherten.
    Dann waren wir von Polizisten und Rettungssanitätern umgeben. Die Frau wurde auf eine Aluminiumtrage gelegt und vom Feld gebracht.
    Senay half mir auf. Jo mußte sich am Arm eines uniformierten Polizeibeamten festhalten. Ich fühlte mich plötzlich zu Senay hingezogen; es war eine Zuneigung, die ich beim besten Willen nicht erklären kann.
    Sehr langsam und betont sagte ich zu ihm: »Der Mann, der diese Frau geschickt hat… der Mann, der andere geschickt hat, die Morde zu begehen… der Mann, der nun Harrys Calico-Katze Veronica und ihre Jungen besitzt… dieser Mann ist ein kanadischer Millionär namens Thomas Waring.«
    »Waring? Den Namen habe ich schon mal gehört«, sagte Senay.
    »Und nicht zu vergessen«, fügte ich hinzu, »er ist auch ein großer Gönner der schönen Künste.«
    Und dann fing ich über meinen schmutzigen kleinen Witz hysterisch zu lachen an. Doch das Lachen blieb mir in der Kehle stecken, als ich beobachtete, wie jemand Jo eine Decke umlegte und die alte Frau sehr langsam und vorsichtig vom Feld führte. Ich hatte plötzlich Angst vor dem Gedanken, daß Jo über Harrys Asche gehen mußte, um zum Haus zu gelangen.

19
     
    »Wie geht es Mrs. Starobin?« fragte Senay.
    »Gut. Es geht ihr gut.«
    Ich saß auf dem Sofa. Jo hatte man ins Bett gelegt; sie war im Obergeschoß und schlief. Die ersten Strahlen der Morgensonne fielen ins Haus.
    Vor dem Schaukelstuhl, in dem Detective Senay saß, stand eine große Papiertüte. Er griff hinein, nahm eine Thermoskanne Kaffee und einen Pappbecher heraus, beugte sich zu mir herüber und reichte mir beides.
    Drei Himalayan-Katzen huschten heran, beschnüffelten die Papiertüte und inspizierten sie sorgfältig.
    »Das hier habe ich aus eigener Tasche bezahlt«, erklärte Senay reuevoll.
    Dann griff er noch einmal in die Tüte und brachte zwei Stücke Kuchen zum Vorschein. Eins davon reichte er mir.
    Ich nehme an, daß es für einen Mann wie Senay keine andere Möglichkeit gab, sich für sein Verhalten mir gegenüber zu entschuldigen. Ich bedankte mich lächelnd. Ich wollte großzügig sein. Für etwas anderes war zu ich erschöpft.
    Nachdem auch Senay sich einen Pappbecher Kaffee eingeschenkt hatte, saßen wir schweigend da, tranken, aßen den Kuchen, blickten uns hin und wieder an und schauten den Himalayan-Katzen zu.
    Schließlich sagte Senay: »Diese Carla Fried ist also eine gute Freundin von Ihnen.«
    »Eine alte Freundin«, erwiderte ich.
    »Tja«, sagte er, »falls sie durchkommt – und es sieht ganz danach aus –, wird sie einen Handel mit uns abschließen. Die Frau braucht uns nur die Namen ihrer Mitverschwörer zu nennen. Sie kann Harry Starobin, Mona Aspen und Ginger Mauch nicht allein ermordet haben. Sie braucht nur auszusagen, daß dieser Kanadier, dieser Waring, im Hintergrund die Fäden gezogen hat. Ihre Freundin wird mit schätzungsweise fünf Jahren davonkommen, wenn der Rauch sich verzogen hat.«
    »Was macht Sie so sicher, daß
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