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Eine Hexe in Nevermore

Eine Hexe in Nevermore

Titel: Eine Hexe in Nevermore
Autoren: Michele Bardsley
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streckte Kerren eine Hand nach ihm aus, die andere hielt sie hinter dem Rücken.
    »Was versteckst du da?« Gray lächelte amüsiert. Dieses Spielchen spielten sie oft. Manchmal war es ein Becher Schlagsahne oder ein Glas Karamellsoße, manchmal ein Spielzeug, das sie auf einer ihrer Shoppingtouren entdeckt hatte.
    »Eine Überraschung«, antwortete sie kokett.
    »Da bin ich aber gespannt«, murmelte er und beugte sich zu ihr. Sein Mund streifte ihre Lippen. »Wie geht es deiner Familie?«
    »Oh, bestens. Sie haben bereits Maßnahmen ergriffen. Trotzdem soll ich mich bei dir bedanken für dein großzügiges Angebot, ihnen unsere nicht genutzten Räume hier zur Verfügung zu stellen.«
    »Unser Haus ist groß genug für zehn Personen.«
    Kerren seufzte. »Du fängst jetzt nicht wieder mit dem Thema Kinder an, oder?«
    »Nein.« Gray äußerte sich lieber nicht dazu, obwohl er sich nichts lieber wünschte, als endlich eine Familie zu gründen. Auch Kerren wollte Kinder, das wusste er, aber wann immer er das Thema zur Sprache brachte, reagierte sie ausweichend. Gray schwieg also lieber und beugte sich stattdessen wieder zu seiner Frau herunter, um sie diesmal richtig zu küssen.
    »Gray.«
    Erneut hielt er inne und sah sie mit fragendem Gesicht an. »Hmm?«
    »Du würdest doch alles für mich tun, oder?«
    »Selbstverständlich.« Die Antwort kam spontan und ohne zu zögern.
    Sie löste sich aus seiner Umarmung, ließ aber ihre Hand auf seinem Unterarm liegen. Ihre Augen funkelten. »Ich hatte gehofft, dich behalten zu können«, fuhr sie bedauernd lächelnd fort.
    Noch bevor er auf diese seltsame Aussage reagieren konnte, legte sie ihre bleiche, doch perfekte Hand auf seine Brust und flüsterte: »Kahl!«
    Ein Schmerz durchzuckte Gray, drückte ihm den Hals zu, brannte in seinen Augen, tobte in seinen Adern. Er versuchte zu schreien, aber kein Laut drang aus seiner schmerzenden Kehle.
    Sein Blick verschwamm, als er jetzt seine Frau ansah.
    »Du hast doch gesagt, du würdest alles für mich tun.« Sie holte weit aus mit dem Arm, den sie hinter ihrem Rücken verborgen hatte. In ihrer Hand bemerkte er einen funkelnden Knüppel aus Obsidian. Im nächsten Moment krachte der glatte Stein hart gegen seine Schläfe.
    Vor seinen Augen schienen Sternchen zu explodieren.
    Dann wurde es schwarz um ihn.
     
    Gray erwachte von einem stechenden Schwefelgestank und dem Gefühl von kaltem Stein auf seiner Haut. Er lag auf einem Granitblock und war an Handgelenken und Fußknöcheln darangekettet. Die schwarze Magie, die in den Metallfesseln pulsierte und den ganzen Raum erfüllte, war fast greifbar. Seine rechte Seite brannte, als hätte man ihn von der Schläfe bis zur Schulter mit Säure verätzt.
    Vergeblich versuchte er seine Zauberkraft zu aktivieren. Das Metall blockierte seine Fähigkeiten, und es gab kein lebendiges Wesen in der Nähe, das ihm Energie hätte spenden können. Die negativen Schwingungen dieses Kerkers töteten ohnehin alles ab, was an guter Energie vorhanden war.
    Ihm stieg die Galle hoch.
    »Das Herz eines Drachen«, ertönte plötzlich Kerrens Stimme aus der Dunkelheit. Fackeln flammten auf, und Sekunden später erblickte er sie. Sie kam auf ihn zu, erbarmungslos und doch wunderschön sah sie in ihrem Silberkleid aus. Erst jetzt konnte er erkennen, dass sie in einer kleinen Höhle waren, deren zerklüftete Wände rot und schwarz schimmerten. Der rechteckige Felsblock, auf den er gefesselt war, stand in der Mitte des Höhlenraums. »Alles, was mein Dämonenlord wollte, war ich – und das Herz eines Drachen.«
    »Dein Dämonenlord?« Gray sprach mit kratziger Stimme. Ihr Verrat lastete schwer wie ein Amboss auf seiner Brust. »Was hast du getan, Kerren?«
    »Was ich tun musste.« Sie blieb vor dem Opferaltar stehen und ließ ihren Blick über seinen nackten Körper schweifen. »Wie traurig, diese Verschwendung.« Sie fuhr mit den Fingern auf der Innenseite seines Oberschenkels entlang, dann ließ sie einen ihrer spitzen Fingernägel auf seiner Hüfte kreisen.
    Er wand sich vor Schmerz.
    Noch nie hatte Gray dieses grausame Lächeln bei Kerren gesehen. In ihren braunen Augen blitzte der Wahnsinn. Oh Göttin! Nicht Kerren! Nicht seine Frau! »Das ist ein Albtraum«, flüsterte er.
    »Noch nicht«, erwiderte sie. »Weißt du, Gray, es war echt süß von dir, dass du dir solche Sorgen um mich gemacht hast.« Sie streichelte die Wunde, die sie seiner Hüfte zugefügt hatte. »Wir Rackmores waren nie sehr an unserer
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