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Eine Handvoll Buchstaben

Eine Handvoll Buchstaben

Titel: Eine Handvoll Buchstaben
Autoren: Matthias Goosen
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frage ich und finde das Gespräch nett.
      „Ja, hat er.“
      „Und ihr Sohn ist freiwillig mit ihnen und ihrer Frau“, sie winkt noch immer zu uns, „mitgefahren, zum Campen?“
      „Na ja, freiwillig nenne ich es nicht. Er sitzt noch immer gefesselt im Wohnwagen.“
      Vincent und ich sehen geschockt den Mann an.
      „Das war ein Scherz“, sagt er schließlich und etwas mulmig lachen wir mit ihm. „Er darf deshalb nicht allein zuhause sein, weil die Eltern seines Freundes auch weggefahren sind und wir nicht der Meinung sind, dass es gut für ihn ist, alleine mit seinem Freund zuhause zu sein. Was die alles anstellen, während wir weg sind: Gangbang-Partys oder so, nein, nein, da nehmen wir ihn mit und wenn die Polizei uns begleiten muss.“
      Und jetzt war es soweit, wir lernen den Rest der Familie Kogler kennen. Sie, Frau Kogler , kommt mit einem Korb voller Essen zu uns und im Schlepptau zieht sie ihren Sohn, wie ich Flippy an der Leine, hinter sich her.
      „Schatz, da bist du!“, sagt sie und irgendwie scheint sie auch schon ein paar Bierchen gekippt zu haben, da sie ein wenig hin und her torkelt. Im Schlepptau der Sohn: groß, dunkelhaarig, mit irre gelangweiltem Gesichtsausdruck. Ich wette er denkt gerade an den Schwanz seines Freundes.
      „Muss ich immer mit euch mitgehen?“, sagt er und ich kann ihn so gut verstehen.
      Frau Kogler hatte unpassende Strähnchen in ihren Haaren, es sah so aus, als hätte sie sie sich selbst gemacht. Dazwischen musste sie einmal eine andere Haarfarbe außer braun gehabt haben, weil die Grundfarbe ziemlich kastanienrot leuchtet.
      „Essen für meine Jungs!“, sagt sie und grinst uns Männer an.
      Der 18-jährige Sohn, der seine Attraktivität seiner Mutter zu verdanken hat, besitzt die typische Untercut-Frisur dazu die Hornbrille (wir sagten Früher Kassenbrille dazu) und zeigt in seiner grünen, kurzen Hose wie gut er sich die Beine enthaart hat. Eltern haben es nie leicht, in keinster Weise.
      „Ich habe Brot, Salz und Butter f ür meine Freunde und da … Markus halt die Schüssel…, da sind Bratkartoffeln drinnen, na wer hat Hunger?“, fragt sie zirpend in die Runde. Herr Kogler, mein Vincnet und Flippy hechelten nach dem Essen.
      Ich hole noch drei Stühle, da Vincent zu beschäftigt mit Bierholen und Biertrinken ist. Seine legendären Geschichten über den steilen Anstieg, den er mit seinem Campingwagen (alles noch vor meiner Zeit) geschafft hatte, bricht das letzte Bisschen Eis zwischen der Familie Kogler und uns. Die Familie Kogler erzählt von den Touren, die sie in Nizza gemacht haben und von den wunderschönen Ausflügen in Irland mit ihrem Sohn, der in Englisch so schlecht gewesen ist, dass sie gleich ein Monat dortgeblieben sind und für ihn Sprachkurse gebucht haben.
      Nachdem die Familie Kogler die guten Liegestühle zum Sitzen bekommen haben, hole ich den Klapptisch aus dem Wohnwagen, damit wir essen können . Die Lernschwäche ihres Drei-Käse-Hochs hat den Eltern wahrscheinlich eine ziemliche Stange Geld gekostet. Ich frage mich in diesem Moment, ob ich meinem Sprössling, wenn es eine Lernschwäche hätte, diese Möglichkeiten bieten würde. Sprachreisen, Sprachkurse, Nachhilfestunden etc. Um das alles zu finanzieren, müsste ich wahrscheinlich noch ein Pseudonym erfinden und noch mehr Bücher veröffentlichen.
      Frau Kogler half mir mit dem Klapptisch und ihr Sohn, der schle chtgelaunte Kogler-Spross rührt sich nicht, sondern blickt verärgert durch die Runde. Er starrt auf sein Handy und seine Gesichtsmimik hellt nur dann etwas auf, wenn sein Minidildo vibriert.
      „Jetzt mach nicht so ein Gesicht, du wirst schon noch früh genug zuhause sein, bei deinem Hannes.“
      „Ach Mam, jetzt erzähl doch nicht allen – Gott und der Welt –, dass ich schwul bin.“
      „Ich und dein Vater schämen sich nicht für dich.“
      „Doch, da bin ich mir sicher“, sagt der unverschämte Junge. Dann blickt er starr auf sein Handy und tut so als würde er Nachrichten schreiben.
      „Nein, vielleicht ein bisschen, wenn du dich blöd benimmst, aber wegen deiner Homosexualität nicht.“
      Ich bin erstaunt, Frau Kogler wollte wohl für den Mutter-Award des Jahres 2013 kandidieren. Also meine Stimme bekommt sie bestimmt. Sie deckt den Tisch mit ihren Köstlichkeiten, die sie für diese elitäre Runde eingepackt hat und sagt ständig: „Greift zu, greift zu.“
      Ihr Sohn ist nichts.
      Ich muss auf meine Figur
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