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Eine Handvoll Buchstaben

Eine Handvoll Buchstaben

Titel: Eine Handvoll Buchstaben
Autoren: Matthias Goosen
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mal einen dicken Hals bekommen. Aber noch genieße ich diese Ruhe, und deshalb wische ich die Gedanken an seine hohlen Freunde einfach weg, wie wenn man Schnee von einem vereisten Auto abkratzt, so kratze ich diese doofen Gedanken einfach von mir weg. An einigen Stellen an meinem Körper habe ich durch das ständige Kratzen schon offene Stellen.
      Aber ich nehme mir ein Buch zur Hand und gehe nach draußen, sehe zum See hin, dann zu meinem kleinen Hund, der wie ein kleines Kind vor mir hergeht und setze mich auf den Liegestuhl. – Ha! Doch noch einen Platz bekommen und den werde ich für heute verteidigen.
      Nachdem ich unter dem Sonnenschirm Platz genommen habe, mein Buch (Kafkas gesammelte Werke) aufschlage und sich Vincent auf den Liegestuhl neben mir hinsetzt und sein Bier genießt fragt er mich:
      „Was liest du da , Schatz?“
      „Ach, ein bisschen was über Kafka …“
      „Ein bisschen was … das Buch hat sicherlich 1000 Seiten.“
      „Übertreib nicht Schatz.“
      „Warum liest du das?“
      „Weil es Spaß macht und weil es spannend ist.“
      „Spannend?“
      „Ja, spannend … und ich brauche es für die Arbeit.“
      „Bist du auch so ein großer Schriftsteller wie der da?“
      „Nein, nein mein Schatz, Kafka ist schon tot, ich lebe noch.“
      „Warum liest du es?“
      „Möchtest du mir etwas Bestimmtes sagen?“, sage ich noch sehr entspannt.
      „Wir sind jetzt seit 4 Jahren zusammen und ich hab noch immer keinen Roman von dir gelesen.“
      „Tja, was soll ich tun, ich werde dich nicht dazu zwingen, eines meiner Bücher zu lesen.“
      „Das ist gut, das ist sehr gut. Ich lese nicht gerne.“ Schlug, schlug.
      „Ich weiß, mein Schatz, ich weiß.“
      Wieder so ein Unterschied: Ich habe einen Universitätsabschluss und Vincent hat gerade einmal die Lehrabschlussprüfung (mit Mühe und Not) geschafft. An diesem Punkt sollte erwähnt werden, dass der Spruch Dumm fickt gut überaltert ist und nicht mehr gebraucht werden kann. Männer, die dumm sind, ficken auch nicht gut. Punkt.
      „Wie lange brauchst du , um ein Buch zu schreiben?“, fragt er mich und es hört sich so an, als wäre er ehrlich interessiert.
      „ Mhm, kommt darauf an, meistens ein halbes Jahr oder ein dreiviertel Jahr, wenn man die Recherchen, das Umschreiben und die Testleser mitrechnen.“
      Was Vincent nicht weiß, und was ich ihn vielleicht einmal sagen werde, ist, dass ich auch ein Pseudonym habe. Ich schreibe unter meinem eigenen Namen homosexuelle Liebesgeschichten und bin ziemlich erfolgreich damit. Es sind schwule Liebesgeschichten, die sich großer Beliebtheit erfreuen, aber allein davon könnte ich nicht leben. Ich habe mir dann ein Pseudonym zugelegt und begonnen heterosexuelle Liebesgeschichten zu schreiben, und anfangs sah es so aus, als würden die Bücher gar nicht so gut laufen, weil sie ein bisschen zu feministisch waren und weniger romantisch, aber der dritte Anlauf hat dann eingeschlagen und all das aufgeholt, was ich an Zeit, Geld und Nerven investiert hatte.
      Meine Verlegerin aus dem Knaur-Verlag ist begeistert über die steigenden Verkaufszahlen von Ella Macpherson. Schnell haben sie und ich zusammen in einer Nacht und Nebel Aktion dieser Frau Leben eingehaucht. Wir beschlossen wo sie lebt, was sie gerne isst, ob sie Kinder hat und wie sie zur Ehe steht. Im Grunde hat Ella das, von was ich schon immer geträumt habe: Kinder, eine Familie und ist vollkommen glücklich und zufrieden. Sie lebt in einer großen Villa, weil sie blaublütig ist und findet Buch- und Opernprämieren schrecklich langweilig. Mittlerweile gibt es ihre Bücher in 9 verschiedenen Sprachen und in jedem Land schaffte sie auf Anhieb eine Folgeauflage, während meine Bücher, die unter meinem Namen erscheinen, schon nach der 2. oder nach der 3. Auflage im Abverkauf zu finden sind. Die Bücherbranche ist ziemlich hart. Aber der jüngst erschienen Roman von Ella Macpherson Leben will ich schoss von 0 auf Platz 7 der Spiegel-Bestseller-Listen. Seither nimmt man „sie“ ernst.
      „Mein intelligenter Freund“, sagt Vincent zu mir und das sagt er meistens dann, wenn er ein Gespräch beenden will. „Mein intelligenter Freund mit einem verdammt geilen Arsch.“
      Verliebte Blicke von mir, mit einem zynischen Gelächter verbunden: „Böser Junge.“
      Vincent streckt seinen Körper zu mir, küsst mich und meint, dass er so froh wäre, dass ich diese Ausflüge mit ihm mache.
      Das
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