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Eine Handvoll Buchstaben

Eine Handvoll Buchstaben

Titel: Eine Handvoll Buchstaben
Autoren: Matthias Goosen
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geben, einen Grund zur Freude und letztes Jahr war es die Widervereinigung von Vincent und mir.
      Vincent selbst, der diese Erlebnistouren jetzt schon seit über 7 Jahren macht, teilweise mit Freunden, teilweise mit seinem Ex und nun mit mir, findet großes Gefallen daran, die Seele im Freien baumeln zu lassen. Im Hintergrund hört er das Gegluckse und Geplätscher des Sees, in seiner Nase taucht der Geruch von gegrilltem Fleisch auf und ich lutsche an seinem Ding. Das sind seine Mechaniker-Freuden.
      Da fällt mir doch noch ein Unterschied ein: Während er gerne Bier trinkt, bevorzuge ich eher Weißwein oder Champagner. Einige meiner erfolgreicheren Bücher, die ich geschrieben habe, beendete ich bei einem guten Glas Weißwein. Wir sind eben verschieden und womöglich macht das die gesunde Mischung einer homosexuellen Beziehung aus.
      Wir steigen aus. Ich rieche den Kiefernnadelwald, der ganz in der Nähe ist und höre ein paar Bikes, Choppers um genau zu sein. Das Gehör für den Kolben, wenn er einschlägt, bekommt man irgendwann mit, wenn man mit einem guten Mechaniker zusammen lebt.
      „Hast du gehört?“, fragt er mich.
      „Selbstverständlich.“
      „ Wuff“, meint Flippy, der mal wieder ganz aufgeregt ist und mir einen Tannenzapfen vor die Füße hinlegt. Ich hebe ihn auf und werfe ihn weg. Flippy ist von dem Spiel ganz begeistert. Und mein Schatz kommt auf mich zu und umarmt mich. Er steht hinter mir und gemeinsam sehen wir zum großen See, der wie ein guter alter Freund vor uns liegt und uns ebenso begrüßt wie wir ihn.
      „Ich bin glücklich, dass wir zusammen hier sind.“
      „Diese Worte manchen mich schwindelig vor Glück und ich bin sofort gewillt, alles zu verzeihen, egal was, selbst wenn er mir jetzt sagt, dass er mich einmal betrogen hat. Na ja, übertreiben wir es nicht.
      „Ich bin es auch, danke, dass ich bei dir sein darf“, sage ich und ich weiß, was jetzt alle denken: Boa, ist das schnulzig. Aber ein bisschen Romantik gehört eben in eine homosexuelle Beziehung auch dazu. Das vergessen die meisten Männer, aber Vincent und ich nicht. Auch wenn wir noch so unterschiedlich sind und uns manchmal nicht ausstehen können, wir haben aus unserer Erziehung mitbekommen – oder wahrscheinlich ist es Charaktersache –, dass wir unsere Partner lieben … mehr nicht! Und zur Liebe gehört Verständnis und Respekt dazu.
      Immer wieder höre ich von Freunden, die in einer offenen Partnerschaft leben, dass sie den Respekt vor ihren Partner verloren haben. Das kann ich gut verstehen. Jedoch muss der Respekt, auch bei einer offenen Beziehung, nicht zwangsläufig deswegen verloren gehen, nur weil sie offen ist und ohne Regeln. Der Respekt schwindet schon dann, wenn die Vorgeschichte der Partner in einer Beziehung niemals aufgerollt worden ist. Vincent und ich sprechen über das, was uns in der Vergangenheit zugestoßen ist, nur so konnten wir erkennen, ob eine gemeinsame Zukunft überhaupt möglich ist.
      Wir haben Nächtelang wach gelegen, bei einem Bier oder einem Glas Weißwein und haben uns erzählt, was uns zugestoßen ist. Was Vincent in der Schule passierte, was ich für Probleme mit meiner Penisgröße gehabt hatte und so weiter. Viele schwule Paare lassen diesen Teil aus und konzentrieren sich aufs Ficken. Klar, dass dann schnell die Freude am Partner verloren vergeht, und die Lust jemand Neues kennenzulernen steigt. Warum? Weil man sein Gegenüber nie kennenlernt, keinen Respekt aufbaut und nicht weiß, wen man da bumst. Vincent und ich sind es richtig angegangen und sind deshalb der lebende Beweis dafür, dass auch ungleiche Paare hervorragend nebeneinander existieren können.
      Ups, hab ich gerade gesagt: hervorragend ? Ich möchte das Wort korrigieren und stattdessen sagen: gut nebeneinander leben können. Aber das Gute ist, dass es immer besser wird!
      Ich schmeiße den Tannenzapfen etwas weiter weg, damit Flippy ein wenig mehr beschäftigt ist, und Vincent schließt die Vordertür seines Campers ab und er öffnet die Tür zum Wohnwagen. Er genehmigt sich eine Flasche Bier, es zischt und er setzt zum ersten Schluck an. Das ist für Biertrinker immer (ausnahmslos) ein magischer Moment und sollte niemals gestört werden.
      „Was willst du heute noch machen?“, fragt er mich.
      „Ich würde gerne deine leckeren Würstchen kosten, von denen du so geschwärmt hast.“
      „Von welchem Würstchen ist denn hier die Rede , mein Schatz?“, sagt er und beißt
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