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Eine Handvoll Buchstaben

Eine Handvoll Buchstaben

Titel: Eine Handvoll Buchstaben
Autoren: Matthias Goosen
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weiß ich, das weiß ich sogar sehr, dass ihm diese Ausflüge sehr viel bedeuten und er sie gerne mit seinem Partner zusammen unternimmt. Violá, da bin ich.
      Flippy hüpft aus dem Wohnwagen und keift den Nachbarn an, der sich ebenso gerade aus seinem Wohnwagen hinausbewegt. Er kommt auf uns zu und Flippy keift stärker und immer lauter.
      „ Flippy, komm zu Herrchen“, sage ich zu meinem Hund und er kommt zu mir und keift noch immer.
      „ Wuff, wuff“, sagt er und ich streichle über sein Fell, um ihn zu beruhigen.
      Es ist eigenartig und auch stressig. Aber auf diesen Wohnwagensiedlungen wollen sich die Camper untereinander kennen – würde mir nie im Traum einfallen . Ich bin zu sehr Stadtkind, ich möchte meinen Nachbarn nicht einmal sehen. Am Campingplatz allerdings kommen von überall her und freunden sich mit jedem an. Ich bin es manchmal leid mit jedem hier zu reden, aber in solchen Momenten sehe ich, wie Vincents Herz aufblüht. Sofort bietet er seinem neuen Freund ein Bier an, der es natürlich annimmt und sagt, dass wenn Vincent und Begleitung zu ihm in den Wohnwagen kommen, ebenso ein Bier angeboten bekommen.
      Bitte nicht, denke ich mir. Lasst mich in Ruhe.
      Ich könnte Flippy zu einen kleinen Monster abrichten, dass die Camper von uns fernhält … aber da hätte Vincent wohl keine Freude damit.
      Ich blicke auf mein Buch, das kafkaeske Mysterium zu ergründen ist keine leichte Aufgabe und hal te Flippy und sage: „Ja, das liest Herrchen alles, damit es gescheit bleibt! Ja du kleiner, mein Süßer, mein Braver. Nein Flippy, nicht die Seiten abschlecken, böser Junge, böser Junge.“
      „Der Hund ist ein Männchen? “
      „Vincent , sei lieb zu Flippy, du hast es mir versprochen.“
      „Ja, schon gut“, sagt er und der Nachbar scheint den kleinen Hund entzückend zu finden. Schwul? Meistens die erste Frage, die man sich stellt, wenn ein stattlicher Mann einen kleinen Hund niedlich findet.
      Aber sehe ich schon die Nachbarin, seine Ehefrau, die mit dem Kochlöffel zu uns winkt und wie mir scheint, möchte sie uns zum Essen einladen. Himmel und Herrgott, man hat keine Ruhe im Paradies.
      Der neue Nachbar oder sollte ich Seelenbruder sagen, öffnet mit seinem Feuerzeug die Flasche Bier und er und Vincent stoßen gemeinsam an.
      Der Nachbar: „Du, ist dein Kumpel da vom anderen Ufer?“
      „Ja, ist er“, sagt Vincent und ich greife zu meiner Sonnenbrille und setze sie mir auf.
      „Und ich auch, m-e-i-n K-u-m-p-e-l, ich bin’s auch. Der Typ da und ich sind ein Paar!“
      „Echt? Du bist auch schw ul, das hätte ich nicht gedacht?“
      Wieder so eine doofe Situation. Vincent wird immer als so heterosexuelle bezeichnet und ich bin die dumme Tunte, dabei bin ich gar nicht soooo tuntig. Ich bin eben ordentlich, liebreizend und schön.
      „Trinkt euer Bier und benehmt euch“, rufe ich den beiden zu.
      Der Nachbar sagt etwas lauter, damit ich es auch höre, dass er sich mit Schwulen gut auskenne, denn sein Sohn wäre es auch.
      „Ja, ja, ich bin der Vater eines schw ulen Sohnes“, sagte er und trinkt die Flasche leer.
      Ich denke mir, dass er noch viele Flaschen Bier nötig haben wird, um das zu verarbeiten.
      „Wie alt ist I hr Sohn, wenn ich fragen darf“, sage ich und stehe auf, gebe dem Mann die Hand und er sagt: „18 Jahre. Er wiederholt gerade die letzte Klasse und ist ziemlich deprimiert deswegen.“
      „Kann ich gut nachvollziehen“, sage ich zu ihm und Vincent nickt verständnisvoll.
      „Ich und meine Frau sind der Meinung, dass es besser für ihn ist, wenn er noch keine Beziehung hat.“
      „Oh, sie meinen, er solle sich ausleben?“, frage ich und bin von meinem Nachbarn ziemlich geistert, doch kein zurückgebliebener Neandertaler.
      „Nein, um Gottes Willen, nein! Ich meine, dass er zu jung für eine Beziehung ist und sich auf die Schule konzentrieren sollte, anstatt den ganzen mit ihm, seinem Freund zusammen abzuhängen.“
      Und schon schwindet die Sympathie. Es hat noch niemanden geschadet, eine Klasse zu wiederholen, denke ich mir und die Liebe muss zwangsläufig nicht Schuld daran sein, dass man eine Klasse wiederholt. Himmel, Herrgott. Manchmal ist man eben noch nicht reif genug für die letzte Klasse und für eine Beziehung. Gut, es ist nicht leicht, das Leben ist nicht leicht, aber man muss sein Kind so akzeptieren wie es ist. Sorry, da fährt die Eisenbahn drüber.
      „ Also er hat einen festen Freund?“,
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