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Eine Hand voll Asche

Eine Hand voll Asche

Titel: Eine Hand voll Asche
Autoren: Jefferson Bass
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herabblicken.

35
    »Sie menschliches Stück Scheiße«, knurrte eine Stimme, die meiner ähnelte. »Sie perverser Hurensohn.«
    Hamilton lachte. »Also«, sagte er, »ich glaube, meine Mutter hat damit nicht viel zu tun. Ich glaube, den größten Teil der Ehre dürfen Sie einstreichen, Bill.«
    »So ein Blödsinn«, sagte ich, ohne mich umzudrehen. »Sie sind entweder verrückt oder abgrundtief böse. Oder beides.«
    »Aber warum, Bill, und seit wann? Bis vor einem Jahr war ich ein Muster an Anstand und Ausgeglichenheit. Bis Sie mich zerstört haben.«
    Jetzt drehte ich mich um, um ihn anzusehen – über mir als Silhouette vor dem verblassenden Himmel –, obwohl ich neben Miranda knien blieb. »Ich habe auf einen Fehler hingewiesen, den Sie bei einer Obduktion gemacht haben, Garland. Einen Fehler, der einen Unschuldigen das Leben gekostet hätte. Es war ein grober Fehler, aber er hätte Sie nicht zerstören müssen. Den Weg der Zerstörung haben Sie gewählt.«
    »Den Weg der Zerstörung? Den Weg der Zerstörung? «, feixte er und überzog seine Worte mit einem hämischen Schleim. »Himmel, es ist schwer, nur eins rauszupicken«, sagte er, »aber ich glaube, die allzu simple Brockton’sche Frömmelei werde ich am wenigsten vermissen.«
    Er bückte sich kurz, und als er sich wieder aufrichtete, hielt er einen großen Behälter in Händen: einen Zwanzig-Liter-Benzinkanister. Er schüttete den Inhalt auf uns herunter, und das Licht funkelte in der teebraunen Flüssigkeit. Dann spürte ich das Brennen des Benzins auf der Haut und in den Nasenlöchern.
    »Passend, finden Sie nicht? Statt dass ich hier im Feuer umgekommen bin, werden Sie und die kleine Miss Lovely den Feuertod sterben.«
    »Nein!« Ich sprang auf und stürzte in die Ecke des Kellers. Im Laufen sprang ich hoch, setzte einen Fuß an die Wand und verwandelte meine Vorwärtsbewegung in eine vertikale Bewegung. Ich schaffte es, beide Mauern oben zu packen und kratzte mit den Zehen am Beton, während ich mich mit beiden Armen hochzog.
    Etwas schlug mich hinunter wie eine gigantische Faust. Verdattert brach ich in der Ecke zusammen. Dann spürte ich einen brennenden Schmerz in der Brust und erkannte, dass ich einen lauten Knall gehört hatte. Allmählich dämmerte mir, dass ich angeschossen worden war.
    Ich stützte mich in der Ecke an der Wand ab, schob mich auf die Füße und stolperte, beide Hände in der Luft, auf ihn zu. »Töten Sie Miranda nicht«, flehte ich. »Sie hat das nicht verdient. Sie hat Ihnen nichts getan.«
    »Sie haben’s immer noch nicht kapiert, was?«, sagte er. »Ich töte sie nicht, weil sie es verdient hat. Ich töte sie, damit Sie leiden. Genau wie ich Jess getötet habe, um Ihnen Schmerz zuzufügen.« Er zeigte auf mich, und ich sah ein Aufblitzen, und dann knickte mir das linkte Bein weg. Ich stürzte neben Miranda zu Boden, lag auf der linken Seite, Hamilton den Rücken zugewandt. Mein Gesichtsfeld wurde kleiner – als linste ich durch das falsche Ende eines Teleskops oder Fernglases –, und ich wusste, dass ich gleich das Bewusstsein verlieren würde. Ich spürte, wie noch mehr Benzin auf mich heruntergeschüttet wurde. Lass einfach los , dachte ich. Dann tut es nicht so weh . Ich konzentrierte mich auf die Dunkelheit an den Rändern meines Gesichtsfelds und versuchte, mich ihr zu überlassen oder mich von ihr umarmen zu lassen, bevor es die Flammen taten.
    Doch irgendetwas ließ mich nicht los, und durch Schmerz und Verzweiflung spürte ich, dass dieses Etwas Miranda war. Sie war das Einzige, was ich durch den kleinen Lichttunnel noch sehen konnte, doch sie blieb da, stur wie eh und je, und weigerte sich, mit der Dunkelheit zu verschmelzen. Wenn ich jetzt aufgab, wenn ich den einfachen Ausweg in die Bewußtlosigkeit wählte, gab ich auch Miranda auf. Ich würde sie Hamilton überlassen, der schon Jess bekommen hatte. Verdammt will ich sein , dachte ich, wenn ich dir auch noch Miranda überlasse . Jess war meine Geliebte gewesen, für eine leidenschaftliche, aber kurze Zeit; Miranda war seit Jahren meine Assistentin, meine Kollegin und mein Protegé. Protegé , dachte ich, von dem französischen Wort für »beschützen«.
    Durch den Schmerz in meiner Brust und meinem Bein spürte ich eine Welle der Fürsorge, des Zorns und des Hasses. Zuerst war sie klein und vorsichtig, doch sie gewann an Kraft und wuchs wie ein Feuer, dessen Hitze Sauerstoff anzieht, damit es weiterwachsen kann. Aus Gründen, die ich nicht verstand, spürte
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