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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle
Autoren: Sara Paretsky
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gar nicht aufgefallen. »Kommt sie wieder in Ordnung?«, fragte Conrad.
    Der Assistenzarzt schaute überrascht auf. »Ihr fehlt nichts, das ist alles nur oberflächlich. Wenn Sie sie festnehmen wollen, Sergeant, mit diesen Wunden ist sie dem Gefängnis auf alle Fälle gewachsen.«
    »Ich glaube nicht, dass das nötig ist.« Rawlings führte mich mit einer Packung Schmerztabletten und einem Rezept für Antibiotika hinaus. »Trotzdem, Ms. W., falls du dich wieder in ein Vergnügen wie das von heute Abend stürzt, ohne es mir zu sagen - dann bin ich mir nicht mehr so sicher. Dann stecke ich dich vielleicht einen Monat ins Countygefängnis, um dich auszunüchtern.«

52
    Lose Fäden verknüpfen
    Ich schlief einmal rund um die Uhr und fand nach dem Aufwachen Mr. Contreras in meinem Wohnzimmer vor. Obwohl ihn Conrad gestern Nacht aus dem Mt. Sinai angerufen hatte, hatte der alte Mann im Hauseingang Wache gehalten, bis wir kamen. Bis dahin war es kurz nach vier. Ich ging sofort ins Bett und hatte keine Ahnung, ob Rawlings noch geblieben war.
    Mr. Contreras, der die Schlüssel zu meiner Wohnung noch hatte, war kurz nach zwei gekommen. »Wollte bloß mit eigenen Augen sehen, ob Sie okay sind, Engelchen. Haben Sie Lust, mir zu erzählen, was gestern Nacht passiert ist? Ich hab gedacht, Sie wollten bloß den Impala holen.« »Das hab ich auch gedacht. Hat Ihnen Conrad denn nichts gesagt?« Ich berichtete ihm, wie mich der Klotz überfallen hatte, und von seinem grauenhaften Tod unter dem Stevenson Expressway. Am Ende der Schilderung, nachdem Mr. Contreras die Ereignisse so oft durchgegangen war, dass er seine schlimmsten Sorgen beschwichtigt sah, sagte ich, meiner Meinung nach sei das Schlimmste vorbei.
    »Jetzt brauchen wir uns nur noch Sorgen wegen der Vorladungen zu machen, und die kriegen wir bald ins Haus. Aber Sie brauchen nicht mehr den Wachhund zu spielen. Und geben Sie mir bitte meine Schlüssel zurück.«
    »Damit Sie sie Conrad geben können?« Sein Ton war spöttisch, aber in seinem Gesicht war echter Schmerz.
    »Sie sind der einzige Mann, der je die Schlüssel zu meiner Wohnung hatte. Die verteile ich nicht so einfach unter das Volk.«
    Er ließ nicht zu, dass ich das Gespräch leichter gestaltete. »Ja, aber ... kam mir vor, als ob er Sie gestern Nacht ganz schön eng gehalten hätte. Heute Morgen. Und er ist erst um zwölf von hier weggegangen.«
    »Ich weiß, Sie können es nicht leiden, wenn ich mich mit einem Mann treffe.« Ich hielt die Stimme sanft. »Das tut mir leid - es tut mir leid, weil ich Sie liebe, wissen Sie, und ich tue Ihnen ungern weh.«
    Er rang mit seinen Händen. »Es ist bloß ... Machen Sie sich doch nichts vor, Engelchen: Er ist schwarz. Afrikaner, wenn Ihnen das besser gefällt. In meiner alten Gegend würde man Sie mit ihm in Ihrem Bett verbrennen.«
    Ich lächelte traurig. »Dann bin ich ja froh, dass wir nicht auf der South Side wohnen.« »Machen Sie keine Witze darüber, Victoria. Es ist nicht komisch. Vielleicht habe ich Vorurteile. Verflixt noch mal, vermutlich habe ich welche, ich bin siebenundsiebzig, man kann nichts daran ändern, wie man aufgezogen worden ist, und ich bin in einer anderen Zeit aufgewachsen. Aber es gefällt mir nicht, wenn ich Sie mit ihm sehe, dabei wird mir ganz unbehaglich. Und wenn ich nicht... Sie können sich einfach nicht vorstellen, wie hässlich die Leute in dieser Stadt sein können. Ich will nicht, dass Sie sich jede Menge Kummer einhandeln, Engelchen.« »Ich habe gerade mit eigenen Augen gesehen, wie hässlich die Leute in dieser Stadt sein können.« Ich beugte mich vor und tätschelte sein Bein. »Schauen Sie, ich weiß, dass es schwer ist - das Zusammenleben von Schwarzen und Weißen. Aber so weit ist es noch lange nicht. Wir sind zwei Menschen, die sich schon immer gemocht und respektiert haben, und jetzt versuchen wir herauszufinden, ob die gegenseitige Anziehung bloß Dschungelfieber ist oder ob mehr daran ist. Außerdem ist Conrad nicht schwarz. Er hat eine Kupferfarbe.«
    Mr. Contreras hielt sich die Ohren zu. »Ich merke an dem, was Sie sagen, dass Sie den Kerl mögen.«
    »Klar, ich mag ihn. Aber drängen Sie mich nicht, weitere Erklärungen abzugeben. Dazu bin ich noch nicht bereit.«
    Er reichte mir wortlos meine Schlüssel und stand auf.
    Er versuchte, den Arm abzuschütteln, den ich um ihn legte, aber ich behielt seine Schulter im Griff. »Bitte, jagen Sie mich nicht aus Ihrem Leben und gehen Sie mir nicht aus dem Weg. Ich will nichts
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