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Eine für alle

Eine für alle

Titel: Eine für alle
Autoren: Sara Paretsky
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gelesen, aber vor allem wollte sie mit mir über Mrs. Frizell sprechen.
    Sie lehnte ein Glas Wein ab. »Nicht auf dem Weg zum Dienst. Erinnerst du dich noch, wie ich dir gesagt habe, dass ich im Fall von Mrs. Frizell vielleicht die Antwort weiß?« In den letzten Tagen war so viel passiert, dass ich unser Gespräch im Krankenhaus vergessen hatte. Ich hatte damals nicht viel von ihrem Optimismus gehalten, aber ich gab höfliche Laute von mir.
    »Es lag an den Medikamenten. Ich habe mit Nelle McDowell, der Oberschwester, darüber gesprochen, und sie war meiner Meinung: Zu viel Valium kann bei einer alten Frau eine schädliche Wirkung haben - kann sie unruhig machen und gleichzeitig senil wirken lassen. Und wenn es mit Demerol kombiniert wird, ist es geradezu ein Rezept für Senilität. Deshalb haben wir die Medikamente zweiundsiebzig Stunden lang abgesetzt, und heute geht es ihr eindeutig besser - sie hat es noch nicht völlig hinter sich, aber sie ist in der Lage, einfache Fragen zu beantworten, sich darauf zu konzentrieren, wer mit ihr spricht, lauter solche Dinge. Sie fragt bloß dauernd nach ihrem Hund Bruce. Ich weiß nicht, was wir da machen sollen.«
    »Das weiß ich auch nicht«, sagte ich. »Aber das ist eine wunderbare Nachricht. Wenn ich jetzt noch die Picheas aus ihrem Leben vertreiben kann, könnte sie bald wieder nach Hause kommen.«
    »Sie muss trotzdem in ein Pflegeheim oder irgendwohin zur Erholung«, warnte Carol. »Es ist viel zu früh, sie nach Hause zu holen ... Meinst du, du kannst sie besuchen? Nelle sagt, du hast eine günstige Wirkung auf sie.«
    Ich verzog das Gesicht. »Vielleicht. Ich bin im Augenblick nicht besonders fit - ich hatte ein paar harte Tage in der Fron der Detektivarbeit.«
    Carol erkundigte sich nach den Einzelheiten meiner Heldentaten von gestern Nacht. Als ich fertig war, sagte sie nur: »Na so was, Vic. Jammerschade, dass sie dich statt ins Mt. Sinai nicht ins County Hospital gebracht haben. Ich hätte dich zusammenflicken können - wäre ganz wie früher gewesen.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Vielleicht war es für mich so gut wie für dich, dass du die Praxis verlassen hast. Es wird Zeit, dass ich damit aufhöre, jedes Mal, wenn ich mir das Knie angeschlagen habe, zu dir und Lotty zu rennen.«
    Carol schüttelte den Kopf. »Du und Lotty, ihr versteht das nicht. Es ist keine Sünde, sich auf Menschen zu stützen, die einen lieben. Wirklich nicht, Vic.« »Versuchen Sie mal, ihr das klarzumachen«, höhnte Mr. Contreras. »Ich hab mir lang genug den Schädel an dieser Backsteinmauer eingerannt.« Ich gab ihm einen leichten Stups gegen die Nase, ehe ich Carol zur Tür brachte.

53
    Subterranean Homesick Blues
    Am nächsten Morgen half mir Mr. Contreras dabei, einen Korb zu präparieren. Wir legten eine Kunststoffplane auf den Boden und darüber zwei Handtücher. Die Welpen, fast drei Wochen alt, hatten offene Augen. Mit dem weichen, dicken Fell sahen sie bezaubernd aus. Wir suchten die beiden kleinsten aus und setzten sie in den Korb. Peppy beobachtete uns aufmerksam, protestierte aber nicht. Inzwischen trennte sie sich jeden Tag längere Zeit von ihrer Brut. Die kleinen Nägel zerkratzten ihren Bauch, und die Freuden der Mutterschaft nützten sich ab.
    Im County Hospital begrüßte mich Nelle McDowell mit echter Freude. »Mrs. Frizell macht wirklich Fortschritte. Sie wird nie einen Preis für Liebenswürdigkeit gewinnen, aber es ist herrlich, wenn jemand vom Rand des Grabes zurückkommt. Kommen Sie mit und schauen Sie sie sich selbst an.«
    Sie warf einen nachdenklichen Blick auf den Korb. Durch einen Spalt schob sich eine kleine Nase. »Wissen Sie, Ms. Warshawski, ich glaube, Sie verstoßen gegen die Krankenhausvor s chriften. Aber heute Morgen habe ich so viel zu tun, dass ich gar nicht gesehen habe, wie Sie hereingekommen sind. Gehen Sie einfach zu ihr.«
    Die Veränderung von Mrs. Frizell war erstaunlich. Die eingefallenen Wangen, mit denen sie wie eine Leiche ausgesehen hatte, waren voller geworden, aber noch eindrucksvoller war die Tatsache, dass ihre Augen offen waren und konzentriert wirkten. »Wer sind Sie? Irgendeine verfluchte Wohltäterin?«
    Ich lachte. »Ja. Ich bin Ihre verfluchte wohltätige Nachbarin Vic Warshawski. Ihr Hund Bruce hat meine Hündin Peppy trächtig gemacht.«
    »Oh. Jetzt erinnere ich mich an Sie. Sie waren bei mir, um sich über Bruce zu beschweren. Er ist ein guter Hund, er streunt nicht, ganz egal, was ihr Leute behauptet. Sie können mir
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