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Eine Freundin zum Anbeissen

Eine Freundin zum Anbeissen

Titel: Eine Freundin zum Anbeissen
Autoren: Franziska Gehm
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Zeitungen auf dem Fußboden war er leer. Elvira Tepes blieb wie vom Blitz getroffen stehen. An der Scheibe hing ein Zettel: »Provisionsfrei zu vermieten. Anruf unter: 25984561.«
    Eine Sekunde später klebte Frau Tepes mit der Nase an der Schaufensterscheibe und murmelte vor sich hin: »Potztausend, genau so etwas habe ich gesucht!« Sie rief sofort mit dem Handy die Nummer an. Wie sich herausstellte, wohnte der Vermieter direkt über dem Laden. Er schlug eine sofortige Besichtigung vor, der Frau Tepes freudig zustimmte.
    Der Vermieter, der Frau Tepes sogleich das ›Du‹ anbot und sich als ›Peter‹ vorstellte, obwohl er bestimmt schon über 45 war, wirkte sehr sympathisch. Er hatte graublonde Haare, die sich an der Stirn schon etwas zurückzogen. Um den Mund und auf der Stirn hatte er viele Falten, aber seine Augen funkelten. Vor allem, wenn er mit Elvira Tepes sprach.
    Er führte sie im Laden herum, was mit fünf Schritten erledigt war. Der Raum war nicht größer als das Zimmer der Zwillinge. Im hinteren Bereich gab es eine kleine Küche und ein Klo. Das war alles.
    Frau Tepes war völlig aus dem Häuschen. Das brachte Peter auch ganz aus dem Häuschen. »Und hier könnte der Verkaufstresen stehen«, sagte Elvira Tepes.
    »Oh ja, ein wunderbarer Platz für den Tresen«, stimmte der Vermieter zu.
    »Dort an die Wand würde eine Ausstellungsvitrine passen.«
    »Eine Vitrine! Tolle Idee!« Peter strahlte.
    »An die Wand gegenüber vielleicht ein gemütliches Sofa für die wartende Kundschaft?«
    »Das hat Stil«, bestätigte Peter.
    »Und wo sollen die ganzen Klobrillen hin?«, warf Daka ein, die die Kopfhörer aus den Ohren genommen hatte.
    »Klobrillen?« Peter blickte fragend zwischen Daka und Elvira hin und her.
    Elvira winkte ab. »Dafür finden wir schon eine Lösung. Vielleicht ...«, Elvira strahlte Peter mit ihren nachtblauen Augen an, »können wir die Einzelheiten des Mietvertrags ja bei einem Kaffee klären?«
    »Gute Idee.«
    Peter und Elvira verabredeten sich. Für die Einzelheiten. Zum Kaffeetrinken. Und für einen »guten Start in ein langes, intensives, glückliches Mietverhältnis«, wie Peter hinzufügte.
    Frau Tepes war begeistert. Sie hätte nie gedacht, dass sie so schnell so einen tollen Laden finden würde. Und sie dachte nicht eine Sekunde daran, dass Peter Grund für Ärger sein würde. Großen Ärger.

Ein nächtlicher
Ausflug
    O bwohl Herr Tepes im Keller in seinem Sarg lag, hörte er jedes Wort vom Telefonat seiner Frau mit ihrer Mutter eine Etage weiter oben. Er hörte, wie sie vom tollen Stadtausflug, vom neuen Laden und von einem gewissen Peter, dem reizenden Vermieter, erzählte. Er verzog den Mund, sodass sich sein Lakritzschnauzer aufbäumte, und drehte sich auf die Seite.
    Im Gegensatz zu seinen halbvampirischen Töchtern hatte Herr Tepes noch das Gehör einer Fledermaus. Das hatte ziemlich viele Vorteile. Zum Beispiel, wenn man beim Geheimdienst arbeitete oder als Tontechniker. Oder wenn man sich für Klatsch und Tratsch in der Nachbarschaft interessierte. Es hatte aber auch ziemlich viele Nachteile. Manchmal hörte man Sachen, die man gar nicht hören wollte. Zum Beispiel, wenn ein Haus weiter jemand rülpste. Oder aufs Klo ging. Oder wenn sich zwei Leute über etwas Unsinniges stritten. Wie bei einem Radio versuchte Herr Tepes dann sein Gehör auf eine andere Frequenz zu schalten. Doch oft war er zu neugierig.
    Herr Tepes arbeitete weder beim Geheimdienst noch als Tontechniker. Herr Tepes war Gerichtsmediziner. Weil er ein sehr guter Gerichtsmediziner war, hatte er eine Stelle am Institut für Rechtsmedizin in Bindburg gefunden. Oder weil er sich freiwillig für die Nachtschichten gemeldet hatte.
    Morgen war es so weit: Mihai Tepes trat seine neue Arbeitsstelle an. Für seine Töchter begann das neue Schuljahr. In einer richtigen Menschenschule. Mihai Tepes hoffte, dass die Mädchen keinen Kulturschock bekamen. Sie hatten zwar selbst zur Hälfte menschliches Blut in sich, aber mehrere Stunden so eng von so vielen Menschen umgeben zu sein, würde sicher hart werden. Und das Ganze noch tagsüber, wo jeder vernünftige Vampir schlief!
    Mihai Tepes beschloss, seine Töchter auf den schwierigen Tag vorzubereiten und zu stärken. Doch zunächst musste er selbst Kraft und Ruhe gewinnen für den großen Neuanfang. Herr Tepes wusste, was er dazu brauchte: seine Rennzecken! Nichts war erquickender, als den Zecken beim Wettlauf zuzusehen. Mihai Tepes schwang sich aus dem Sarg. Er
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