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Eine Freundin zum Anbeissen

Eine Freundin zum Anbeissen

Titel: Eine Freundin zum Anbeissen
Autoren: Franziska Gehm
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zurückziehen, als er Dirk van Kombast zum Abschied eine Kopfnuss geben wollte.
    Sie klapperten die umliegenden Häuser im Lindenweg ab, doch die meisten Nachbarn waren entweder nicht zu Hause oder öffneten nicht. Herr Tepes machte ein enttäuschtes Gesicht. »Ich verstehe das nicht. In Bistrien würde schon längst das ganze Dorf feiern, und die Hälfte der Karpovkaflaschen wäre leer.«
    »Nachbarn in Deutschland sind eben etwas anderes als in Bistrien«, sagte Frau Tepes, als sie zurück nach Hause gingen.
    »Deine Kopfnüsse kamen jedenfalls schon mal nicht so toll an«, warf Silvania ein.
    »So begrüßt man sich nun mal anständig«, murrte Herr Tepes.
    »In Transsilvanien. Nicht hier.«
    Herr Tepes schüttelte den Kopf. »Wenn ich nicht mit einem Menschen verheiratet wäre und es besser wüsste, würde ich sagen, die Menschen sind alle verhaltensgestört.«
    Silvania stöhnte, Daka kicherte, und Frau Tepes gab ihrem Mann einen Klaps auf den Arm. Dann gingen sie ins Haus.
    Die Tepes merkten nicht, wie im Reihenhaus nebenan langsam und geräuschlos ein Fenster geschlossen wurde.

Rolltreppe abwärts
    S ilvania zog sich den Hut gegen die Sonnenstrahlen tiefer ins Gesicht. Ihre Haut glänzte wie ein Speckstein. Frau Tepes hatte ihre Töchter nicht aus dem Haus gelassen, bevor sie sich mit Sonnencreme, Lichtschutzfaktor 100, von oben bis unten eingecremt hatten. Und bevor sie die sieben radikalen Regeln für das Leben von Halbvampiren unter Menschen aufgesagt hatten, die ihre Mutter aufgestellt hatte:
Kein Fliegen bei Tageslicht
Keine lebenden Mahlzeiten (auch keine Snacks wie Fliegen, Käfer oder Würmer)
Ausreichend Sonnenschutz (Sonnencreme, Hut, Sonnenbrille etc.)
Haustiere wie Blutegel, Mücken, Zecken und Flöhe bleiben zu Hause
Spiegel, Spiegelreflexkameras und Knoblauch sind zu meiden
Kein Einsatz übernatürlicher Kräfte (wie Hypnotisieren, Belauschen oder Flopsen)
Wöchentliche Dentiküre
    Punkt sieben hatten die Zwillinge am Morgen schon hinter sich gebracht. Seit der ersten Dentiküre unter Anleitung einer Kosmetikerin in Bistrien waren die Eckzähne schon wieder ein gutes Stück nachgewachsen. Bei Daka und Silvania wurden sie nie so lang wie bei Herrn Tepes, der die Zähne unter seinem Lakritzschnauzer versteckte. Aber lang genug, um ängstlichen Menschen einen Schrecken einzujagen. Deswegen mussten die Zwillinge sie wöchentlich etwas kürzer feilen. Das einzig Unangenehme daran waren die Quietschgeräusche. Silvania feilte die Eckzähne am liebsten rund, wogegen Daka sie schön spitz feilte. Sie fand, das sah viel cooler aus. Außerdem waren spitze Zähne praktisch, um Plastiktüten aufzubekommen, sich an der Zunge zu kratzen oder eine kleine Zwischenmahlzeit wie eine Fliege aufzuspießen (womit Daka allerdings gegen die zweite radikale Regel verstieß. Aber mit Regeln nahm es Daka grundsätzlich nicht so genau).
    Silvania und Daka waren also mit Sonnencreme, frisch gefeilten Zähnen und den sieben radikalen Regeln im Kopf bestens auf den Ausflug in die Stadt vorbereitet. Frau Tepes wollte sich im Stadtzentrum nach einer geeigneten Immobilie für ihren Laden umsehen. Herr Tepes zog es vor, ein Nickerchen im Sarg zu machen.
    Sie liefen den Lindenweg entlang. Als sie am Haus Nummer 21 vorbeikamen, sagte Silvania zu ihrer Schwester: »Also, ich fand diesen Dirk van Kombast wirklich nett.«
    »Nett? Der ist total eklig«, meinte Daka.
    Silvania verdrehte die Augen. »Du hast keine Ahnung von Männern. Er sieht wahnsinnig gut aus.«
    »Dafür riecht er wahnsinnig schlecht. Hast du nicht gemerkt, dass unter seiner Parfümwolke eine Knoblauchfahne lag?«
    »Ach, die war doch nur ganz schwach.«
    »Und wie er uns angeguckt hat mit seinen Katzenaugen.« Daka schüttelte sich. »Mir ist der Kompostkerl nicht geheuer.«
    »Er heißt nicht Kompost, sondern van Kombast. Bestimmt stammt er aus einer Adelsfamilie. Deswegen hat er so gute Umgangsformen.«
    Daka schnaufte. »Wenn du dich immer so schnell um den Finger wickeln lässt, nur weil dich jemand als hübsche Dame bezeichnet, na dann boi noap.«
    »Ich lasse mich von niemandem irgendwo herumwickeln!«
    »Daka! Silvania! Kommt ihr endlich?« Frau Tepes, die mit schnellen kleinen Schritten ein paar Meter vor den Zwillingen lief, drehte sich um.
    Daka und Silvania legten einen Schritt zu. »Wie weit ist es denn noch bis zu dieser U-Bahn? Können wir nicht ins Stadtzentrum fliegen?«, stöhnte Daka. Von Bistrien waren es die Schwestern nicht gewohnt, längere
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