Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Freundin zum Anbeissen

Eine Freundin zum Anbeissen

Titel: Eine Freundin zum Anbeissen
Autoren: Franziska Gehm
Vom Netzwerk:
Kombast. Es freut mich außerordentlich, Sie endlich kennenzulernen. Ach? Sie kennen unsere Produktpalette noch nicht? Na, meine Liebe, dann wird es aber höchste Zeit!«
    Dirk van Kombast lehnte sich weiter zum Spiegel vor und kratzte mit seinem langen Fingernagel den Rest vom Kräuterfrischkäse, mit dem er jeden Morgen sein Brot beschmierte, aus einem Zahnzwischenraum. Während er sich Ultra-Strong-Gel in die kurzen blonden Haare knetete, überlegte er, ob er statt der himmelblauen Kontaktlinsen doch lieber die katzengrünen reinmachen sollte. Die würden besser zu seinem neuen Polohemd passen.
    Dirk van Kombast wohnte im Lindenweg 21. Er war Pharmavertreter. Er fuhr mit einem Koffer voller Pröbchen von Arztpraxis zu Arztpraxis. Die Ärzte mochten ihn. Die Ärztinnen noch mehr. Ganz besonders mochten ihn die Krankenschwestern.
    Dirk van Kombast spielte mit einem Hals-Nasen-Ohren-Arzt Squash, er ging einmal die Woche mit einem Kollegen schwimmen, einmal im Monat zum Friseur und zweimal im Jahr zur Zahnreinigung. Aber er hatte keine Freunde. So kam es, dass niemand Dirk van Kombast richtig kannte. Erst recht nicht sein Geheimnis.
    Er sprühte sich gerade mit seinem Lieblingsduft ein (Ginseng-Patschuli), als es klingelte. Nicht ein Mal. Gleich drei Mal hintereinander. Verärgert stellte Dirk van Kombast den Flakon auf die Badanrichte. Dann überprüfte er im Spiegel sein Nussknackerlächeln, das er routiniert aufsetzte. Man wusste nie, wer vor der Tür stand.
    Schwungvoll riss er die Haustür auf und schenkte den vier Gestalten davor sein Vertreterlächeln. »Einen wunderschönen guten Tag. Mein Name ist Dirk van Kombast. Was kann ich für Sie tun?«
    Ein schlanker Mann mit einem schwarzen Umhang und einem grotesk gekringelten, langen Schnauzer ergriff Dirk van Kombasts Hand, zog ihn an sich und gab ihm mit der anderen Hand eine Kopfnuss. »Hallo. Wir sind die neuen Nachbarn.«
    »Elvira Tepes.« Eine zierliche, rothaarige Frau schob sich vor den Schnauzträger und reichte Dirk van Kombast die Hand. »Unsere Töchter: Silvania und Dakaria.«
    Silvania lächelte und machte einen Knicks. Daka sah Dirk van Kombast durch die langen schwarzen Ponysträhnen hindurch an und zog eine Seite der Oberlippe hoch.
    Dirk van Kombast fasste sich an den Kopf. Die Kopfnuss war kräftig gewesen – und vollkommen unerklärlich. Was war diesem Herrn Tepes nur in den Sinn gekommen? Das waren also die neuen Nachbarn, wegen denen er in der Nacht kaum ein Auge zubekommen hatte. »Ach, wie nett. Die neuen Nachbarn!« Er musterte Elvira Tepes mit Kennerblick, bis sich Herr Tepes vor seine Frau schob.
    »Wir freuen uns auf eine gute, lange und herzliche Nachbarschaft.« Herr Tepes reichte Dirk van Kombast eine Flasche.
    »Was ist das?«
    »Karpovka. Der beste transsilvanische Schnaps.«
    »Nein, ich meine das da.« Dirk van Kombast zeigte auf einen grüngelben Kringel am Boden der Flasche.
    »Das ist die Spezialität.« Herr Tepes strahlte. »Eine Afterraupe. Die gibt dem Karpovka den unverkennbaren Geschmack. Wollen wir gleich mal ein Gläschen ... so zum Kennenlernen?«
    »Äh ... ich trinke nie am Vormittag. Und am Nachmittag eigentlich auch nicht.«
    »Na, dann vielleicht mal am Abend, was?«
    »Sie können auch gerne zum Kaffee zu uns kommen«, warf Frau Tepes ein.
    »Danke, sehr liebenswürdig.« Dirk van Kombast hatte sein Lächeln wiedergefunden. »Woher, sagten Sie, kommen Sie?«
    »Aus Transsilvanien«, antwortete Herr Tepes.
    »Aus Siebenbürgen«, verbesserte ihn Frau Tepes. »Das heißt – eigentlich nur mein Mann. Ich bin in Deutschland geboren.«
    »Interessant.« Dirk van Kombast musterte die beiden Mädchen. »Und ihr zwei seid ja schon richtige Damen. Fast so hübsch wie die Mama.«
    Die eine mit den halblangen rotbraunen Haaren kicherte und hielt sich dabei die Hand vor den Mund.
    »So ein Blödsinn«, brummte Daka und verschränkte die Arme.
    »Ich bin sicher, wir werden sehr gute Nachbarn. Sie können jederzeit bei mir klingeln«, sagte Dirk van Kombast mit einem cremigsüßen Lächeln an Frau Tepes gewandt.
    »So. Jetzt müssen wir aber los.« Herr Tepes hob einen Beutel hoch, in dem mehrere Schnapsflaschen klapperten. »Sie sind schließlich nicht der einzige Nachbar.« Einen Moment funkelten Herrn Tepes' schwarzbraune Augen den Nachbarn an, doch Dirk van Kombast hielt dem Blick mit seinen katzengrünen Kontaktlinsen stand.
    Die Tepes verabschiedeten sich, und Elvira Tepes konnte die Hand von ihrem Mann gerade noch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher