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Eine Frau für Caracas

Eine Frau für Caracas

Titel: Eine Frau für Caracas
Autoren: Horst Biernath
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Schrei der Überraschung aus. Es war ein goldenes Armband, bestehend aus sechs quadratischen Platten, von denen eine jede in vier Felder unterteilt war, deren jedes wiederum Reliefs von barbarischer, aber faszinierender Schönheit zeigte, hieroglyphenartige, stilisierte Symbole aztekischer Gottheiten oder Kalenderzeichen.
    »O Werner, das ist ja wundervoll!« rief Gerda entzückt, »aber es muß dich ein Vermögen gekostet haben!«
    »Aber Gerdachen !« sagte er vorwurfsvoll, »früher hast du mir immer beizubringen versucht, daß feine und wohlerzogene Leute nie nach dem Preis von Geschenken fragen.«
    »Was sagen Sie dazu, Anita?« rief Gerda und legte das schwere Armband um ihr Handgelenk.
    »Ein Glück, daß ich keine Anlage zum Neid habe! Ich habe so etwas Schönes noch nie gesehen. Es ist ein Prachtstück, selbst wenn es nicht echt sein sollte.«
    »Das Gold habe ich prüfen lassen...«
    »Entschuldigen Sie, ich meinte die antike Arbeit! — Übrigens hat Ihr Schwager vor ein paar Minuten angerufen und läßt Sie herzlich grüßen. Ich werde jetzt fahren und ihm den Wagen bringen.«
    »Sie kommen doch selbstverständlich zum Abendessen zu uns, Anita!« rief Gerda.
    »Ich weiß nicht recht...«, sagte Anita Eyssing zögernd.
    »Bitte, kommen Sie!« sagte Werner herzlich.
    »Dann also — auf Wiedersehen bis nachher und vielen Dank für die Einladung!« Sie hob die Hand zum Gruß und verließ das Zimmer.
    Werner trat ans Fenster und beobachtete, wie sie den Wagen im Rückwärtsgang auf die Straße fuhr, geschieht wendete und hinter der Hainbuchenecke, die das braune Vorjahreslaub noch nicht abgeworfen hatte, verschwand. Er kehrte ins Zimmer zurück und ließ sich Gerda gegenüber in einer Ecke des breiten, mit resedenfarbigem Velours bezogenen Sofas nieder.
    »Donnerwetter!« sagte er, und es klang, als spräche er mit der letzten Luft, »was für eine Frau! Ich bin doch sonst nicht gerade schüchtern, aber als ich sie zum erstenmal sah, so ganz unvermutet und auf irgend etwas Bebrilltes gefaßt, ging es mir wahrhaftig in die Beine. Eine so bildhübsche Sekretärin...! Sag einmal, mein Herzchen, kann man sich so etwas als Ehefrau eigentlich erlauben?«
    »Keine Sorge, Brüderchen! Lothar ist nicht so. Und vor allem, Anita Eyssing ist nicht so eine, bei der man sich Sorgen machen müßte.«
    »Deinen Dyrenhoff kaufe ich dir unbesehen ab. Aber sie? Hat sie jemand?«
    »Nicht, das ich wüßte. Sie lebt sehr zurückgezogen...«
    »Bei diesem Aussehen? Kaum zu glauben...«
    »Was willst du damit sagen? Du tust ja geradeso, als ob Schönheit etwas Lasterhaftes sei.«
    »Das habe ich nicht behauptet, aber meiner Erfahrung nach ist die Tugend weder so hübsch noch so elegant.« Er grinste und schlug die langen Beine übereinander, aber er legte die Zigarette, die er sich schon zwischen die Lippen gesteckt hatte, wieder neben die Packung auf den Tisch zurück.
    »Bitte«, sagte er und betrachtete dabei angelegentlich seine Fingernägel, »nimm das, was ich jetzt sage, als eine rein theoretische Frage ohne jede praktische Bedeutung. — Ich schrieb dir vor einigen Wochen — nun, wir sprachen ja schon darüber —, daß ich diesen Urlaub gern dazu benutzen möchte, um mir hier eine Frau zu suchen...«
    »Und nun willst du mich fragen, warum ich nicht daran gedacht habe, Anita Eyssing mit diesem Wunsch in Verbindung zu bringen«, sagte Gerda. »Ist es nicht so?«
    »Genauso ist es!« antwortete Werner mit einer kleinen, höflichen Verbeugung, die wohl ironisch wirken sollte, und sah seine Schwester fragend an.
    »Ich will es dir sagen, Werner. Anita Eyssing ist geschieden.«
    »Na und?« fragte er, als verstände er nicht, was sie dabei als störend empfand.
    »Nun, ich habe das Gefühl, daß die Scheidung — oder vielmehr die Erlebnisse in der Ehe ihr einen innerlichen Knacks gegeben haben, von dem sie sich nicht mehr erholen kann.«
    »Davon habe ich nichts bemerkt.«
    »Du wirst es merken, wenn du sie länger kennst.«
    »Nun erzähl schon!« drängte er ein wenig ungeduldig, »was war das für eine Geschichte? Wer ist sie, mit wem war sie verheiratet und weshalb ging die Ehe in die Brüche?«
    »Wo sie herstammt? Aus dem besten Stall, den man sich vorstellen kann. Ihrem Vater gehören die Eyssing-Werke in Höchst. Arzneimittelfabriken... Nie davon gehört?«
    »Mehr als gehört, geschluckt! Ich weiß nicht, ob ich dir schrieb, daß ich vor ein paar Jahren eine ziemlich böse Malaria erwischte...«
    »Kein Wort
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