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Eine Frau für Caracas

Eine Frau für Caracas

Titel: Eine Frau für Caracas
Autoren: Horst Biernath
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es geht?«
    Sie hatte sehr genau zugehört und überlegte gerade, ob dieser exotische Vogel ein Angeber sei, oder ob ihm der Kauf eines Wagens tatsächlich nicht mehr bedeutete als ihr die Anschaffung einer neuen Wäschegarnitur.
    »Denken Sie sich, mein Bruder will sich für seinen Urlaub einen Wagen kaufen!«
    »Warum denn nicht? Er wird nicht allzuviel dabei verlieren, wenn er ihn nach gehabtem Vergnügen wieder abstößt.«
    Daran hatte Gerda nicht gedacht, die Lösung schien sie aber zu befriedigen und zu erleichtern. Sie warf einen Blick durchs Fenster: »Wollen Sie etwa durch die Stadt fahren?«
    »Ich nehme an, daß Ihr Bruder einen Eindruck vom heutigen München bekommen möchte.«
    Für einen Augenblick begegnete ihm ihr Lächeln im Rückspiegel, und er nickte ihr zu: »Schönen Dank, Frau Eyssing. Ich schaue mich schon seit einer ganzen Weile um und finde mich nicht mehr zurecht. Hier hat sich in den letzten zehn Jahren wahrhaftig allerhand getan.«
    »Ja, und ich meine, du wärest als Architekt auch in Deutschland nicht arbeitslos gewesen!«
    » Laß nur, Gerdachen «, grinste er und tätschelte ihre Hand, »ich weiß nicht recht, ob ich hier richtig an die volle Krippe gekommen
    wäre.«
    »Wenn man dich ansieht«, sagte sie ein wenig anzüglich, »könnte man meinen, daß du bis zum Bauch im Hafer stehst...«
    Er lehnte sich bequem zurück, streckte die Beine aus und zündete sich, nachdem er den Damen die Packung angeboten hatte, eine Zigarette an.
    »Fahren wir bei Lothar vorbei?«
    Anita Eyssing wandte den Kopf leicht zur Seite: »Nein, ich bringe Sie nach Gräfelfing hinaus und fahre den Wagen in die Stadt zurück. Dr. Dyrenhoff will anläuten, sobald er sich freigemacht hat.«
    »Auf die Kinder bin ich gespannt«, sagte er. »Karin war damals fünf und Birgit zwei Jahre alt...«
    »Und Berndi gerade unterwegs«, ergänzte Gerda; »aber alle drei sind auf den Onkel aus Südamerika mächtig gespannt. Christine wird alle Hände voll zu tun haben, um sie zu bändigen.«
    »Wer ist Christine?«
    »Unsere Christine, eine Perle von einem machen. Du ahnst nicht, was für Schwierigkeiten man heutzutage hat, e inen Menschen für den Haushalt zu bekommen. Christine machte bei mir ihr Haushaltjahr. Es ist mir gelungen, sie für ein weiteres Jahr zu beschwatzen...«
    »So, so«, murmelte er leicht belustigt, »dieses Problemchen scheint also auf der ganzen Welt das gleiche zu sein. Auch ich habe jahrelang gesucht, bis ich meine Rosario fand. Ebenfalls eine Perle — allerdings eine schwarze.«
    »Wie? Rosario ist eine Negerin?«
    »Habe ich es dir nicht geschrieben?«
    »Ich habe von dir mit wenigen Ausnahmen nur Postkarten bekommen...«
    »Ja, Rosario ist pechschwarz, aber sie ist, falls es dich beunruhigen sollte, über fünfzig Jahre alt. Eine fabelhafte Köchin. Sie lebte jahrelang mit einem Chinesen zusammen. Er war Koch in einem Ölcamp und kam beim Brand eines Gusher ums Leben.«
    »Eines was?«
    » Gusher nennt man unvorsichtig angebohrte Gas- oder Ölvorkommen, die dann mit ziemlichem Getöse in die Luft gehen. Daraufhin hat Rosario ihren letzten Sohn Gusher getauft. Geschmackssache...«
    »Kinder hat sie also auch?«
    »Ein halbes Dutzend lebende und ein halbes Dutzend tote. Die seltsamste Rassenmischung, die du dir vorstellen kannst. Es sind lauter Söhne, worauf Rosario sehr stolz ist. Vier davon sind schon erwachsen und arbeiten in den Ölfeldern. Nur die beiden jüngsten hat sie noch bei sich...«
    »In deinem Hause?«
    »Natürlich, wo soll sie sie sonst haben? Zwei nette, anstellige Burschen. Porfirio hat einen Schuhputzstand an der Talstation der Teleferico , und Gusher ist mein Faktotum für alles. Ein Kerlchen so treu wie ein Pudel, nur, daß er mir meine Zigaretten klaut.«
    Gerda hatte ein wenig atemlos zugehört.
    »Ich sehe ein«, murmelte sie schließlich so leise, daß nur Werner sie verstehen konnte, »daß du eine Frau brauchst. Und zwar dringend!«

    Sie waren am Ziel angelangt. Der Wagen bog in eine Straße mit weit zurückgesetzten Einfamilienhäusern hinter gepflegten Vorgärten ein, verlangsamte die Fahrt und wurde von Anita Eyssing in eine offene Toreinfahrt und auf einen Kiesweg gesteuert, an dessen Ende sich eine offene, mit dem Haus durch einen Schwibbogen verbundene Garage befand. Es war ein hübsches Haus mit einem weit überhängenden Walmdach und einer großen offenen Südterrasse, vor der ein paar Fliederbüsche allerdings noch kaum Knospen angesetzt hatten.
    Die drei
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