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Eine Frau für Caracas

Eine Frau für Caracas

Titel: Eine Frau für Caracas
Autoren: Horst Biernath
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gleich von Anfang an, als wir das erstemal in der Küche saßen und als Sie mir das erstemal von Ihrem Whisky einschenkten!« schluchzte sie auf und überließ ihm zum erstenmal den Mund zu einem Kuß, tränenfeuchte Lippen, die salzig und sehr süß schmeckten.
    »Ich heiße Werner, Christinchen!« sagte er. »Wenn du weiter zu mir Herr Gisevius sagen willst, kannst du es tun. Dann sage ich jetzt und in Zukunft einfach Frau Gisevius zu dir, und dann sind wir uns wieder einig. Aber ich finde es ein bißchen umständlich und förmlich. Also versuch einmal, mich Werner zu nennen.«
    »Mein Gott!« sagte sie und faltete die Hände vor der Brust, »und was die Eltern dazu sagen werden!«
    »Ich warte immer noch darauf, daß du Werner sagst...«
    »Und Herr Dr. Dyrenhoff! Und Karin! Und Birgit! Nein, ich trau mich gar nicht heim! Ach, Werner, und nach Gräfelfing trau ich mich erst recht nicht...!«
    »Endlich...!« rief er und zog sie in seine Arme, als hätte er nach wochenlanger Wanderung durch die Wüste halbverhungert und fast verdurstet endlich eine frische Quelle entdeckt.
    Christines Eltern waren, als Werner sich ihnen als Schwiegersohn vorstellte, mehr erschreckt als erfreut. Sie fanden zunächst keine Worte, aber daß sie nichts sagten, zeigte deutlich genug, daß sie sich mit dieser Ehe erst zurechtfinden mußten. Man sollte nicht zu hoch hinausheiraten, das war ihre Meinung, und sie galt für den Mann, aber sie galt auch für die Frau. Man konnte nur hoffen, daß es gutgehen werde. Werner versuchte vergeblich, ihnen klarzumachen, daß er kein Rockefeller und kein Vanderbilt sei, sondern ein Mann, der drüben in ganz normalen Verhältnissen lebe und der sich hier nur ein wenig mehr leisten könne, weil der Markt billiger sei. Und schließlich gab er es auf. Er war mit seiner Christine glücklich und wußte am besten, daß er richtig gewählt hatte. Und er wußte es schließlich nicht erst seit heute.
    Die einzige, die die Nachricht ohne die geringste Überraschung aufnahm, war Birgit, und das Merkwürdigste dabei war, daß sie die Lage sofort klar überblickte.
    » Hihihi «, kicherte sie, »wie du schon immer um die Tante Christine herumgeschwänzelt bist, Onkel Werner...! Und gefragt hast, ob sie auch bequem sitzt...! Und gefragt hast, wo das Zimmer ist, wo sie schläft...! Da habe ich gleich gewußt, daß du die Tante Christine heiraten wirst.«
    Die Tante Christine! Und das gleich zweimal hintereinander!
    Christine errötete, als sie es hörte, als wäre ihr ein unverdienter Orden verliehen worden. Sie küßte Birgit herzhaft ab, und Werner wußte, daß sich seine Christine durchsetzen würde.
    Am Abend ging er zum Riedinger in dessen Eigenschaft als Posthalter und meldete ein Gespräch nach München an. Die aus dünnen Brettern gefügte Telefonzelle lag im Laden, gleich neben den Fässern mit Butterschmalz und Sirup. Und es störte ihn auch nicht, daß der Riedinger sich während des Gesprächs im Laden herumdrückte, obwohl kein Kunde seine Kramerei beehrte.
    »Hallo, Gerda«, rief er, als seine Schwester sich meldete, »wie geht’s daheim? Alles wohlauf? Und ist dein Dyrenhoff zu Hause?«
    »Es geht ja«, hörte er Gerdas helle Stimme, »aber ich werde froh sein, wenn die Ferien vorbei sind und wenn ich meine Christine wieder habe. Wo bist du eigentlich, Werner? Von woher sprichst du?«
    »Von Engling ...«
    »Wie, immer noch von Engling ? Und ich dachte, wer weiß wo du in der Weltgeschichte herumgondelst.«
    »Ich habe mich hier beim Riedinger einlogiert, und ich habe wunderbare Tage hinter mir. Stundenlange Waldmärsche! Das wäre etwas für deinen Dicken!«
    »Sag’s ihm selber, mir glaubt er nicht. Ich gebe ihn dir gleich an den Apparat, er steht nämlich neben mir...«
    »Halt, wart noch einen Augenblick, Gerdachen , ich habe dir nämlich eine unangenehme Mitteilung zu machen...«
    »Birgit...?!« hörte er sie seufzen. Scharlach, Masern, Keuchhusten, ein gebrochenes Bein, kurzum alles, was ein Mutterherz in solch einem Moment befürchtet, lag in ihrer Stimme.
    »Birgit ist munter wie ein Fisch im Wasser!« rief er rasch, »es geht nicht um Birgit, es handelt sich um Christine.«
    »Um Christine? Nun red schon endlich!«
    »Halt dich fest, Gerdachen ! Christine kommt nicht zu dir zurück...«
    »Um Himmels willen!« schrie Gerda auf, »was ist los? Das kann sie mir doch nicht antun! Sag ihr, daß ich ihr zwanzig Mark mehr gebe, dreißig! hörst du? Es kommt mir gar nicht darauf an!«
    »Nichts zu
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