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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar
Autoren: Andreas Eschbach
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John war das zu viel gewesen, danach hatte er vollends zugemacht. Aber davon sagte er Bleeker besser nichts. Es war nicht nötig, jemanden auf die Idee zu bringen, er könne zu genau Bescheid wissen.
    »Was heißt das?«, fragte Bleeker noch mal, als er ihm den Verlauf des Gesprächs so weit geschildert hatte.
    Marvin sah ihn an, ließ Zeit verstreichen, schreckte davor zurück, das Urteil auszusprechen. »Sie haben ihn schon im Griff«, sagte er endlich. »Irgendwie. Hypnotisch behandelt, was weiß ich. Aber er… er blockt total ab, wenn man ihm die Dinge erklärt. Total. Kein Durchkommen.«
    Bleeker verfärbte sich bei diesen Worten, wurde blass wie der Tod, starrte ihn zutiefst erschüttert an, mit Augen groß wie Radkappen. »Dann ist das Schicksal der Menschheit besiegelt«, sagte er.
    Er sagte es noch mal, immer wieder, wie eine Beschwörung böser Götter, und seine Stimme war tief wie ein chinesischer Gong, der widerhallte in den Tiefen seiner Seele.
     
    Am Freitag, dem 26. Juni 1998, um Mitternacht Ortszeit New York, endete die zehnwöchige Frist für Kandidaturen zum World Speaker. Insgesamt waren 167411 Bewerbungen eingegangen, von denen jedoch nur 251 den geforderten Kriterien entsprachen. Die meisten hatten nicht genügend oder überhaupt keine Unterschriftslisten beigefügt; viele Listen entsprachen nicht der Forderung, dass die Namen darauf nachprüfbar sein mussten; bei 12 Listen mit der geforderten Zahl von Unterschriften wurden Fälschungen entdeckt, was zum Ausschluss des Bewerbers führte. Trotzdem würde der Stimmzettel des ersten Wahlgangs beeindruckend lang werden.
    Unter den Kandidaten fanden sich lediglich 12 Frauen, was allgemein beklagt wurde, aber nicht zu ändern war und, wie der Wahlleiter, Lionel Hillman, meinte, »vermutlich etwas aussagt über den Zustand der Welt«. Neben einigen ehemaligen Staatschefs bewarben sich berühmte Schauspieler, erfolgreiche Unternehmer, namhafte Schriftsteller und bekannte Sportler, darunter ein südamerikanisches Fußballidol (dessen Chancen zumindest nach den Wetten der Buchmacher erstaunlich gut waren), ferner der Führer einer umstrittenen Sekte, eine ehemalige Pornodarstellerin, ein waschechter König (eines afrikanischen Stammes) sowie eine erstaunliche Anzahl unbekannter Leute, bei denen rätselhaft war, wie sie die benötigte Zahl von Unterstützern aufgetrieben hatten. Nur 34 Kandidaten waren jünger als sechzig und keiner jünger als vierzig. Es wurde noch eine Statistik veröffentlicht, die die Kandidaten nach Heimatländern aufschlüsselte, weitere Kategorien gab es nicht.
    Am Samstag, dem 27. Juni, sollte in der Generalversammlung der Vereinten Nationen eine Zeremonie anlässlich des Beginns der Wahlperiode stattfinden. Generalsekretär Kofi Annan würde sprechen, ferner als sein Gast der Wahlleiter Lionel Hillman, der die inzwischen sattsam bekannten Regularien der Wahl noch einmal erläutern würde, und die Kamera, die das alles weltweit übertrug, würde kurz auf John Fontanelli schwenken, der eingeladen war, dem allem als Zuschauer beizuwohnen. Anlass und Ort waren heftig umstritten gewesen, aber die Mitglieder der Generalversammlung hatten sich mit knapper Mehrheit dafür ausgesprochen, und da sie zu bestimmen hatten, was auf dem achtzehn Morgen großen UN-Gelände auf der Ostseite Manhattans geschah, mochten ihre Regierungen wettern, soviel sie wollten. (Es hieß, dass der Generalsekretär in persönlichen Gesprächen mit den Delegierten keinen Hehl aus seiner Überzeugung gemacht hatte, dass die Vereinten Nationen gut daran taten, den World Speaker sozusagen inoffiziell als künftiges Oberhaupt zu betrachten, da sich andernfalls dereinst ein eventuelles Weltparlament anderswo bilden und damit die UN überflüssig machen könnte.)
    John Fontanelli und sein Stab reisten am Vortag der Global Plebiscite Opening Ceremony nach New York. Während des Flugs kamen die Ergebnisse der neuesten Meinungsumfrage durch, bei der es sich diesmal nicht um die amateurhafte Aufsummierung amateurhafter Interviews mit Passanten in aller Welt handelte, sondern um eine von der New York Times bei einem renommierten Forschungsinstitut in Auftrag gegebene Studie. Die Methoden waren Stand der Wissenschaft, die Auswahl der Befragten repräsentativ, die Zahlen validiert.
    Und das Resultat war niederschmetternd.
    »Es geht in die Hose, John«, meinte Paul besorgt, das Fax studierend, als hoffe er, es könne sich nachträglich noch etwas ändern an dem, was da
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