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Eine Billion Dollar

Eine Billion Dollar

Titel: Eine Billion Dollar
Autoren: Andreas Eschbach
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Wahl wie der zum World Speaker womöglich als Landesverrat werten konnte. Schließlich kennen die meisten Gesetzbücher den mit hohen Strafen bewehrten Tatbestand des Beitritts zu ausländischen Armeen: War nicht die Stimmabgabe in einem globalen Referendum sinngemäß dasselbe? Hierüber entbrannten verstörende Debatten mit Rechtswissenschaftlern anderer Auffassung in Podiumsdiskussionen, Talkshows und Zeitungen.
    In plumper Weise ließen zahlreiche Unternehmen Angestellten und Arbeiter Erklärungen unterschreiben, in denen diese sich verpflichteten, der Abstimmung fernzubleiben. »Nicht rechtlich bindend«, riefen andere Anwälte und verklagten die Unternehmen wegen Behinderung des Rechts auf freie Meinungsäußerung. Doch die Prozesse würden sich länger hinziehen als die Wahlperiode, und jedermann war erst einmal verunsichert.
    Gruppierungen, die gegen das Referendum waren, kündigten an, Wahlbeobachter in die Wahllokale schicken zu wollen: weniger um die Wahl als vielmehr um die Wähler zu beobachten und diejenigen, die sich an der Wahl beteiligten, in Namenslisten zu erfassen. Was mit diesen Listen geschehen sollte, darüber schwieg man sich vielsagend aus, und das war einschüchternder als jede konkrete Drohung. Die Organisation We The People konnte ihnen ihr Vorhaben auch schlecht verbieten, schließlich war die Offenheit des Wahlvorgangs Grundlage des Verfahrens und das Recht, Einsicht zu nehmen, jedem Bürger zugesichert, auch solchen, die gegen das gesamte Vorhaben waren.
    Druck. Verunsicherung. Einschüchterung. Umfragen zeigten ein rapides Sinken der voraussichtlichen Wahlbeteiligung, und selbst viele dieser Umfragen waren noch gefälscht, um Abstimmungswillige zu entmutigen.
     
    Er wartete. Saß auf dem Doppelbett mit dem dunkelgelben Bezug, was affenscheußlich aussah gegen die braune Tapete, starrte die Tür des Apartments an und wartete. Sprang alle fünf Minuten auf, rannte zum Fenster und sah durch die Vorhänge, die nach hundert Jahre altem Rauch stanken, hinaus auf den Vorplatz, die Zufahrt, die Parkplätze. Autos kamen, Autos fuhren. Junge Paare stiegen ein, die Französisch sprachen und aussahen, als hätten sie eine leidenschaftliche Nacht hinter sich. Alte, einsame Männer mit grobkarierten Hemden und Hüten, an denen Fischköder staken, luden Angelruten und Kühlboxen auf. Babys krakeelten auf Rücksitzen und wurden von Müttern zum Schweigen gebracht. An Wochenenden war verdammt viel los hier.
    Das Motel hatte einen kleinen Kiosk, der sich Super March­ nannte, aber kaum größer war als eine ausgebreitete Tageszeitung, und ab und zu raste er da hin und kaufte irgendwas zu essen, Chips und Schokolade und alle Sandwiches, die sie seit wer-weiß-wie-lang da hatten, ledrige, gummiartige Dinger mit geschmacklosem Huhn darin oder fadem Coleslaw oder Schinken, der eklig roch, aber er aß trotzdem alles auf. Nicht weil er wirklich Hunger hatte, sondern weil es eine Abwechslung war. Er versuchte, sich so herausgeben zu lassen, dass Quarters dabei waren, kanadische Vierteldollars, eigenartig sahen die aus, und das waren die einzigen Münzen, die der Fernseher schluckte. Eine Stunde kostete einen Quarter, und meistens war die gerade rum, wenn ein Krimi spannend wurde, und dann schnappte das Bild weg und ließ ihn zurück in der Wirklichkeit, die ihn anfiel von allen Seiten und zerrieb.
    In ihm bebte es. Als kröchen kleine Tiere unter seiner Haut herum, die seinen Verstand Stück für Stück wegfraßen. Es war ein Zittern, das aus seinen Knochen kam und gegen das er machtlos war. So wartete er, saß auf dem dunkelgelben Bettbezug, der voller Krümel war, starrte die Tür des Apartments an, und als der Mann endlich kam, konnte er kaum aufstehen, um ihm die Hand zu geben.
    »Ich hab’s versiebt«, sagte er, ehe die Frage kommen konnte.
    Der Mann sah ihn an. Erst hatte er sich nicht setzen wollen, hatte nur die ganzen Plastiktüten und Kräckerschachteln mit dem Fuß beiseitegeschoben und ihn angesehen, aber nun musste er sich doch setzen. »Was heißt das?«, wollte er wissen, und so erzählte er ihm, wie es gelaufen war.
    Er hatte sich nach dem Telefonat überlegt, dass es vielleicht falsch gewesen war, von den UFOs und den Städten auf dem Mars anzufangen; das waren Zusammenhänge, von denen Bleeker ihm nichts erzählt hatte, die hatte er sich selber dazu gereimt. Schließlich hatte man ja auch ein paar Bücher gelesen und ein paar Sachen gehört und konnte zwei und zwei zusammenzählen. Für
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