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Ein zahnharter Auftrag

Ein zahnharter Auftrag

Titel: Ein zahnharter Auftrag
Autoren: Franziska Gehm
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kleinen Zettel. Sie starrte vor sich hin und lächelte. Alle paar Sekunden seufzte sie.
    Daka schielte zu ihrer Schwester. Musste sie sich Sorgen machen? Normalerweise steckte Silvania um diese Zeit die Nase in ein dickes Buch, probierte neue Frisuren aus oder machte einen Schönheitsschlaf. War ihre Schwester überhaupt noch ansprechbar? »Hast du gehört, dass Onkel Vlad eine Flugpost geschickt hat?«, versuchte es Daka.
    Silvania lächelte und nickte.
    »Der Dracona-Trunk hat gewirkt. Sind alle wieder gesund in Bistrien«, fuhr Daka fort.
    Silvania lächelte.
    »Onkel Vlad hat allen von unserer Heldentat erzählt. Wie wir den fürchterlichen Geist von Osmund Mortus besiegt haben.« Daka kicherte.
    »Wie schön«, sagte Silvania.
    Daka richtete sich auf und sah ihre Schwester an.
    »Ich fliege morgen in die Schule und beiße Herrn Graup.«
    Silvania lächelte. »Toll.«
    »Dann sauge ich ihn blutleer, bis von unserem Klassenlehrer nur noch eine labberige Hülle übrig ist.«
    »Ganz prima«, meinte Silvania.
    »Du hörst mir überhaupt nicht zu!«, rief Daka.
    »Was?« Silvania blinzelte. »Doch, klar, ich höre dir zu. Du ... äh ... du saugst... Staub?«
    Daka fuhr sich durch ihren Stachelhaarschopf. »Was ist mit dir los? Den ganzen Abend seufzt du und lächelst die Luft an. Und was ist das überhaupt für ein Zettel in deiner Hand?«
    Silvania sah auf den Zettel. Sie lächelte. Sie seufzte. »Das ist die Telefonnummer von Jacob.« Sie fügte leise hinzu: »Ich kann sie schon auswendig.«
    Daka zog die Augenbrauen hoch. Sie warf Karlheinz einen verschwörerischen Blick zu. Schwestern!
    Karlheinz sah ausdruckslos aus seinem Aquarium. Er hatte keine Schwestern.
    »Und, hast du Jacob schon angerufen?«, fragte Daka.
    »Bist du verrückt!«, rief Silvania.
    Daka sah fragend zu Karlheinz. Wozu brauchte man eine Telefonnummer, wenn man nicht anrief? Karlheinz wusste es auch nicht.
    Daka musterte ihre Schwester. Silvania spielte gerade mit einer Hand an einer der Rosen am Kragen. Mit der anderen rieb sie an ihrem großen, knallbunten Ohrring, der wie ein Lolli aussah. Sie fuhr sich mit der Zunge über ihre Eckzähne. Sie brauchten mal wieder Dentiküre. »Und Jacob hat dir echt abgenommen, dass du normal bist?«
    »Ich glaube schon«, sagte Silvania. »Nur vor Onkel Vlad hat er Angst.«
    »Das ist auch besser so«, meinte Daka. Schließlich war Onkel Vlad ein echter Vampir aus Transsilvanien und Kandidat des Blutigen Einheitsflügels.
    Einen Moment wurde es still im Zimmer der Halbvampirzwillinge.
    »Daka?«, sagte Silvania leise.
    »Hm.«
    »Jacob hat gesagt, er mag meinen Stil.«
    Daka zog eine Augenbraue in die Höhe. »Das ist gut, oder?«
    Silvania nickte. »Meinst du, das hat etwas zu bedeuten?«
    »Klar. Das bedeutet, dass er deinen Stil mag.«
    »Ja. Aber bedeutet es noch mehr?«, fragte Silvania.
    Daka runzelte die Stirn. Sie stülpte die Lippen nach außen. »Wahrscheinlich, dass er auch nicht ganz normal ist.«
    »Datiboi auch!«, rief Silvania und warf einen ihrer Hüte auf ihre Schwester.
    »Wieso? Dann passt ihr doch boibine zusammen.« Daka hatte den Hut abgefangen und aufgesetzt.
    Silvania sah Daka einen Moment nachdenklich an. »Stimmt.« Manchmal hatten sieben Minuten jüngere Schwestern einfach nur total recht.
    Daka grinste Silvania zu. »Boi noap, sister S!«
    »Boi noap, Daka.«
    Silvania schaltete das Licht aus. Daka setzte den Hut ab und schmiegte sich in ihr Spinnenkopfkissen. Sie hoffte, dass ihr im Traum nicht die eisblauen Augen von Osmund Mortus Daemon erschienen, sondern die orangefarbenen vom Sänger von Krypton Krax.
    Silvania lag noch lange wach und starrte an die dunkle Zimmerdecke. Für sie war sie hellgrau wie ein Winterhimmel.
    Karlheinz saß im Aquarium und war mit seiner Verdauung beschäftigt. Genau wie Herr van Kombast.
    Es war eine friedliche Nacht. Bis auf das Ächzen und Rauschen nebenan waren nur die Rufe der Eulen aus dem Wäldchen zu hören. Die Nacht legte ihren dunklen Mantel über die Stadt. Bis ein neuer Tag in der Reihenhaussiedlung am nördlichen Rand der Großstadt begann ...
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