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Ein unbeschreibliches Gefuehl

Ein unbeschreibliches Gefuehl

Titel: Ein unbeschreibliches Gefuehl
Autoren: Christiane Schlueter
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Frauen verheiratet, Katyayani und Maitreyi (in manchen Quellen auch Gargi genannt). Eines Tages entschließt er sich, seine Frauen und sein Haus zu verlassen, um in der Einsamkeit die Wahrheit zu suchen. Sein Vermögen will er unter den beiden Frauen aufteilen. Maitreyi aber bittet ihn, sie mitzunehmen. Sie fragt: »Wenn nun, mein Herr, diese ganze Erde mit allen ihren Reichtümern mein wäre, würde ich dadurch unsterblich sein?« Das muss ihr Ehemann verneinen. Daraufhin Maitreyi: »Was soll ich tun mit dem, was mich nicht unsterblich machen kann? Was du weißt, Herr – das erkläre mir.« Da ist Yajnavalkya von der Ernsthaftigkeit ihres Wunsches überzeugt und teilt sein Wissen mit ihr. Ein Happy End beschließt also auch diese Geschichte, die in den Upanishaden steht, den uralten heiligen Schriften des Hinduismus.
    Radha und Krishna, Maitreyi und Yajnavalkya: Diese beiden Liebespaare zeigen den thematischen Spannungsbogen auf, in dem die Liebe steht. Radha und Krishna begegnen einander voller Begehren. Sie stehen für Sinnlichkeit und Verführung, aber auch für die Treue durch die Wechselfälle des Lebens hindurch, denn Radha/Lakshmi begleitet Krishna/Vishnu überallhin. Die Unbedingtheit, mit der sie zueinander gehören, und die Freude, die sie aneinander haben, wird schließlich sogar symbolisch überhöht und als Sinnbild der Liebe zwischen Gott und Mensch gesehen.
    Maitreyi und Yajnavalkya hingegen stehen für die gemeinsame Suche nach Weisheit, für gemeinsame Weiterentwicklung. Aber Yajnavalkya will ja die Wahrheit zunächst auf dem Weg der Einsamkeit suchen! Nicht die Liebeserfüllung, sondern der Verzicht auf sie scheint für ihn der ideale Weg zu sein – bis Maitreyi ihren Wunsch nach gleichberechtigtem Wissen geltend macht und recht bekommt.
    In der Liebe beider Paare zeigen sich Leitmotive, die uns in diesem Buch noch öfter begegnen werden: Flirt und Begehren, Erotik und Intimität, Sich-Entfremden und wieder Zusammenfinden, auch das Wachsen mit- und aneinander. Und ein wichtiges Leitmotiv ist die große Konkurrenz, die der zwischenmenschlichen Liebe aus der Verlockung durch die vertikale, die Gottesliebe erwächst. Diese beiden Arten der Liebe können Schwestern sein, oft aber werden sie zu Rivalinnen. Denn wo es um die Liebe geht, da geht es meist auch um die anderen ganz großen philosophischen Fragen: nach dem, was die Welt im Innersten ausmacht, was dem Leben Sinn gibt und wie man es erkennt. Etwas übersteigert könnte man sagen: Wo die Liebe im Spiel ist, da geht es oft ums Ganze. Genau davon handelt auch das nächste Kapitel.

Auf Leben und Tod
    D ie Geschichte geht so: Erst war das Chaos, dann kam die Liebe. Oder aber so: Erst waren Chaos, Nacht und Finsternis. Die Nacht aber legte ein Ei. Und aus ihm entsprang die Liebe.
    Solche Dinge erzählte man sich vor 2700 Jahren in Griechenland. Die Geschichten klingen mindestens so verrückt wie manche Liebesgeschichten unserer Tage. Der Mann, der die erste der beiden für uns aufgezeichnet hat, hieß Hesiod. Er lebte um 700 v.Chr. in Mittelgriechenland, arbeitete auf dem Feld und hielt Vieh. Nebenbei schrieb er nieder, was man sich zu seiner Zeit von den Ursprüngen der Welt erzählte – und von der Liebe. Von ihr sagte man: Da war ganz zu Beginn das Chaos, die gähnende Leere, das reine Nichts. Dieses Nichts war der Urzustand der Welt. Und zugleich war es der Anfang von allem.
    Das Nichts ist der Anfang von allem? Zugegeben, das klingt merkwürdig. Doch die Griechen, die auf diese Weise die Entstehung der Welt schilderten, wollten damit keine naturwissenschaftlich plausiblen Erklärungen abgeben. Sie erzählten sich Geschichten weiter, die, wie die indischen Göttersagen, seit unvordenklicher Zeit überliefert wurden – die Mythen. In diesen Geschichten geschahen einfach merkwürdige Dinge, so merkwürdig wie das Leben selbst. Nebenbei: Die Frage, warum überhaupt etwas existiert und nicht etwa nichts, ist ja bis heute nicht überzeugend beantwortet worden, weder von der Philosophie noch von den Naturwissenschaften.
    Irgendwann, so schreibt Hesiod, entstand dann aus dem Chaos Gaia, die Erde. Sie ging aus dem Nichts hervor, sie nahm Gestalt an, und fortan war sie da. Die Erde war jedoch nicht das einzige Kind des Nichts. Sie hatte noch vier Geschwister: Tartaros (das Totenreich), Nyx (die Nacht), Erebos (die Finsternis) und – Eros! Die Liebe wurde also, wie die Erde, direkt aus dem Chaos geboren. Aber gleich neben ihr stehen auch
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