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Ein Tropfen Blut

Ein Tropfen Blut

Titel: Ein Tropfen Blut
Autoren: Theo Pointner
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wundern?«, fragte Gassel zwischen zwei Apfelstückchen zurück.
    »Spinn nicht rum«, regte sich Hofmann auf. »Gisbert ist zwar der letzte Stinkstiefel geworden, aber deswegen…«
    »Deswegen bestimmt nicht«, unterbrach ihn Gassel. »Er hat in der Tat bei Ermittlungen geschlampt. Ihr wisst das genauso gut wie ich.«
    Hofmann legte den Finger auf seine Lippen, denn auf dem Flur näherten sich Schritte; doch es war nicht Heinzel, sondern Wielert, der mit knallrotem Kopf den Raum betrat. Krachend flog die Tür hinter ihm ins Schloss.
    »Erzählst du uns bitte mal, was hier vorgeht?«, platzte Katharina heraus, noch bevor sich ihr Chef an der Kaffeekanne bedienen konnte. Wielert biss sich auf die Lippen und ließ die Kanne stehen, wo sie war. Er hatte auch so schon Sodbrennen.
    »Der Bär ist los«, schnaubte Wielert. »Die de Vries hat Heinzel am Kanthaken. Und zwar unrettbar, wie mir scheint.«
    Gassel faltete die Zellstofftücher zusammen, wobei er sorgsam darauf achtete, alle Abfälle einzupacken. Dann wischte er sich die Finger an seinem leuchtend bunten Hemd ab und lehnte sich zurück. »Geht das ein wenig genauer, Bernd? Mit derart vagen Andeutungen können wir nichts anfangen.«
    Wielert schnappte sich jetzt doch die Kanne und füllte die nächstbeste Tasse. Dabei schwappte ein wenig von der Brühe auf den PVC-Belag.
    »Kwiatkowski kam gestern mit de Vries in mein Büro«, erzählte er nach dem ersten Schluck. »Erst hab ich ja gedacht, die will sich vor dem offiziellen Termin nur kurz vorstellen, aber die hat keine zwei Minuten gebraucht, um zur Sache zu kommen.«
    »Und die wäre?«, drängelte Hofmann.
    »Heinzel hat Mist gebaut«, sagte der Leiter des KK 11. »Und zwar erstklassigen Mist.«
    »Scheiße«, entschied Gassel.
    »Kann man wohl sagen«, fuhr Wielert fort. »Erinnert ihr euch an die Sache mit der gefährlichen Körperverletzung, vor etwa zwei Monaten?«
    »Ach, diese Geschichte in dem Supermarkt?«, dämmerte es Katharina.
    »Genau. Heinzel hat die Sache an die Staatsanwaltschaft weitergegeben, mit einem dicken Vermerk auf der Akte, dass der Beschuldigte ein Alibi habe. Sah alles sauber aus.«
    »Und?«
    Wielert ließ den Kaffee in seiner Tasse kreisen und schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was in Heinzel gefahren ist. In der Akte ist eine entlastende Zeugenaussage, nach der der angebliche Täter zum Tatzeitpunkt bei einem Onkel in Aachen die Wohnung renoviert haben soll.«
    »Und?«, drängelte Katharina erneut.
    »Dummerweise ist dieser Onkel zwei Tage vor der Tat im Aachener Klinikum an einem Krebsleiden verstorben. Ein Dezernent von der Staatsanwaltschaft hatte noch eine Rückfrage, bevor er das Verfahren einstellen wollte, und ist, mehr durch Zufall, auf diesen Todesfall gestoßen.«
    Die drei anderen sahen sich schweigend an.
    »Anscheinend war das die erste Akte überhaupt, die sich die de Vries angesehen hat«, erzählte Wielert weiter. »Für die ist das natürlich ein gefundenes Fressen.«
    Gassel rollte fassungslos mit den Augen. Er kannte Heinzel am längsten von ihnen allen, aber selbst er konnte sich das Verhalten seines Kollegen nicht erklären.
    »Und was passiert jetzt?«, fragte Hofmann.
    »Die Geschichte wird Konsequenzen nach sich ziehen«, antwortete Wielert vage.
    »So lange Flenner in Urlaub ist, geschieht nichts«, überlegte Gassel laut.
    »Kwiatkowski will den Ball erst mal flach halten«, nickte Wielert. »Aber das verzögert das Ganze nur. Flenner kann doch gar nicht anders, als Heinzel in die Wüste zu jagen.«
    »Schlimmstenfalls war es das für ihn«, seufzte Katharina. »Verdammter Blödmann!«
    »So schlimm wird es schon nicht werden«, versuchte Hofmann zu trösten.
    »Dein Wort in Gottes Ohr«, meinte Wielert und griff erneut zur Kaffeekanne.

8
     
     
     
    Der Cappuccino war einfach göttlich. Locke schüttelte den kleinen Papierbeutel mit dem Zucker zweimal durch, riss den Falz an der oberen Kante auf und ließ die weißen Kristalle in die schaumige Milch purzeln. Vorsichtig bewegte er den Löffel durch sein Getränk. Nachdem er den Löffel gründlich abgeschleckt hatte, bröselte er den Mürbekeks aus der Klarsichtfolie, tunkte ihn einmal in die Tasse und steckte das Gebäck in seinen Mund. Dann schlug er die Zeitung auf seinen Knien wieder auf und spähte über die Betonbrüstung auf das Gewimmel der Passanten.
    An Tagen wie diesem konnte er die ganze Misere, in die er sich selbst gebracht hatte, beinahe vergessen. Die Sonne lachte fröhlich vom
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