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Ein Tropfen Blut

Ein Tropfen Blut

Titel: Ein Tropfen Blut
Autoren: Theo Pointner
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die Kripo in Bochum nicht schläft, erkennt man an ihrer Aufklärungsquote. Aber ich möchte Ihnen trotzdem einige Sachen an Herz legen.«
    »Jetzt kommt es«, seufzte Thalbach.
    »Wie ich aus den alten Ermittlungsakten erkennen konnte«, fuhr de Vries nach einer Kunstpause fort, »hat sich im Laufe der Zeit zwischen Kripo und Staatsanwaltschaft eine Verfahrensweise eingeschliffen, die… nun ja, die nicht ganz meinen Vorstellungen entspricht. Unbestritten haben Sie in der Vergangenheit beeindruckende Erfolge erzielt, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass das eine oder andere Ermittlungsverfahren allein aufgrund der Bochumer Verhältnisse, wie ich es einmal nennen möchte, im Sande verlief oder eingestellt werden musste.«
    Die Beamten brauchten eine gewisse Zeit, um hinter den wohlformulierten Worten die Kriegserklärung zu erkennen. Ein, zwei Gesichter verfärbten sich leicht ins Rötliche, aber Kriminaldirektor Bauer grinste schief. Entweder hatte er nicht kapiert, was ihr Gast da gerade zum Ausdruck gebracht hatte, oder er hatte, wie so oft, nicht zugehört.
    »Meint die das ernst?«, fragte Hofmann Wielert, der ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen brachte.
    »Reduktion auf das Wesentliche«, erklärte de Vries, ein paar Dezibel lauter als zuvor. »Ich will nicht so weit gehen und von Ermittlungspannen sprechen, insofern könnten mich einige von Ihnen vielleicht falsch verstehen. Aber es sind einige Vorkommnisse dokumentiert, die sich in dieser Form nicht wiederholen dürfen.«
    Katharina holte scharf Luft. Ihre Augen wanderten zu Kwiatkowski, der sich sonst immer vor seine Leute stellte. Doch statt aufzubegehren, hatte der Kriminalrat seine Hände vor dem Bauch gefaltet und hörte mit ernstem Gesichtsausdruck zu.
    »Wie wäre es denn mit einem Beispiel?«, wagte sich Arend, ein weiterer Kollege aus dem KK 11, vor.
    »Bitte haben Sie Verständnis dafür, wenn ich nicht gleich zu Beginn einen aus Ihren Reihen namentlich bloßstellen möchte«, wehrte de Vries ab. »Aber ich befürchte, dass in einem speziellen Fall die Einleitung eines Disziplinarverfahrens unumgänglich sein dürfte.«
    »Aber das kann die doch nicht machen«, flüsterte Hofmann wütend. »Wo kommen wir denn da hin?«
    »Halt’s Maul!«, beschied ihn Wielert für seine Verhältnisse ungewöhnlich barsch. »Sie hat Recht, leider.«
    »Was?«, fragte Hofmann ungläubig.
    »Ich erkläre es nachher. Sei jetzt still.«
    De Vries wartete, bis sich die Unruhe im Raum wieder gelegt hatte. Falls es ihre Absicht gewesen war, mit ihrem ersten Auftritt bei den Mitarbeitern der Kripo einen nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen, hatte sie ihr Ziel erreicht.

6
     
     
     
    Werner Peeren befingerte zufrieden die Klarsichthülle in seinen Händen und grinste. Die Papiere im Inneren der Folie waren wie bares Geld.
    Über fünfhunderttausend Mark waren die Schuldscheine wert. Seit dem gestrigen Abend, nachdem er diesem Blödmann von Locke einen weiteren Nagel in seinen Sarg eingeschlagen hatte, war diese unglaubliche Summe erreicht.
    »Hast du dich jetzt genug aufgegeilt?«, fragte Ivan Bassaiew gelangweilt.
    »Ach, Ivan, du verstehst das nicht«, seufzte Achmed leise. »Was, glaubst du, ist angenehmer? Abends in verräucherten Hinterzimmern zu sitzen und darauf zu hoffen, entweder die besseren Karten zu haben oder geschickter zu bluffen – oder mit einer einzigen, sagen wir mal: Transaktion mehr einzusacken, als du den gesamten Abend über gewinnen kannst?«
    Der Russe legte die Stirn in Falten und dachte angestrengt nach. Mittlerweile verstand er die deutsche Sprache ganz gut, aber so verschachtelte Sätze, wie sie der Barbesitzer vom Stapel gelassen hatte, verwirrten ihn immer noch ein wenig. »Spielen macht mehr Spaß«, erklärte er endlich.
    »Ich weiß nicht«, zweifelte Achmed. »Wenn es so läuft wie gestern Abend, ist das okay, aber auf eigenes Risiko…«
    Ivan lachte auf. »Du glaubst, du kriegst alles Geld zurück? Was du machst, wenn einer nicht bezahlt? Oder nicht bezahlen kann?«
    »Dann überbringt Balu eine eindrucksvolle Zahlungserinnerung«, erklärte Achmed. »Glaub mir, das hat noch immer geholfen.«
    »Warum hast du dir eigentlich Locke ausgesucht?«
    Der Kredithai grinste. »Locke? Ich weiß nicht, wie er es schafft, aber bisher hat er jeden seiner Schuldscheine pünktlich abgelöst. Na ja, fast pünktlich. Und falls er mal in Verzug ist…«
    »Geschlachtete Kuh gibt keine Milch«, gab der Russe zu bedenken. »Altes…«
    »…
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