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Ein toter Taucher nimmt kein Gold

Ein toter Taucher nimmt kein Gold

Titel: Ein toter Taucher nimmt kein Gold
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zeit seines Lebens nie etwas damit anfangen. Woher er die alte Zeichnung hat, wer sie angefertigt hat – einer von der Schiffsbesatzung? Ein Pirat, ein unbekannter Schatzsucher? Wer weiß es?«
    »Silentium!« Damms faltete das Papier sorgfältig zusammen. »Das alles kann ein riesengroßes Windei sein, weißt du das? Und diese Karte ist so ungenau, daß man nichts damit anfangen kann. Yukatan, schön und gut. Die Chinchorro-Bank. Ein Mistgebiet bei einem Orkan. Da kann ein Schiff leicht auf Grund laufen und auseinanderbrechen. Aber ist das geschehen?« Er zog seinen weißen Mantel aus, knüllte ihn zusammen und schob das Bündel unter seinen linken Arm. »Komm mit.«
    »Wohin?«
    »In die Bibliothek. Ich will nachsehen, ob es irgendwo Berichte gibt, die von Schatzschiffen vor Yukatan sprechen. Hans, darüber sind wir uns doch einig: Der alte Drexius war ein Spinner, Friede seiner Seele. Aber man sollte als Wissenschaftler immer nüchtern denken.«
    Das war ein beliebter Ausdruck von Damms. Danach lebte er, und er hatte bisher immer Erfolg damit gehabt. Was er auch anpackte – es gelang ihm. Zumindest in der Archäologie.
    »Und wenn alles stimmt, Peter, was dann?« fragte Faerber draußen auf der Straße.
    »Dann wissen wir, wo ein Goldschatz liegt. Dann können wir davon träumen, aber ihn nie heben.«
    Sie studierten in der Uni-Bibliothek alles, was an Berichten über die spanischen Gold- und Silberflotten vorhanden war. Eine versunkene Welt voller Abenteuer, Intrigen, Mord, Elend, menschlicher Tragödien und Habgier tat sich ihnen auf. Es war schon dunkel, als Peter Damms, die Hand in das schmerzende Kreuz gedrückt, sagte:
    »Ich hab's, Hans.« Er schwenkte ein Blatt eng beschriebenen Papiers. Notizen über Notizen. »Von 1500 an pendelten spanische Schiffe zwischen dem Mutterland und den neu eroberten süd- und mittelamerikanischen Kolonien hin und her und brachten Gold, Silber, Platin, Perlen, Edelsteine und Münzen nach Spanien. Jahrhundertelang. Eine totale Ausbeutung der Kolonien. Zwei Flotten waren ständig unterwegs. Die eine segelte über Puerto Rico, Hispaniola und Kuba nach Veracruz, die andere klapperte die Kleinen Antillen, Venezuela und Kolumbien ab und hatte ihren Haupthafen in Cartagena. Zubringer-Galeonen mit Seide, Gewürzen, golddurchwirkten Stoffen und vor allem mit Edelsteinen kamen von Panama, Costa Rica und Nicaragua. Andere Schiffe brachten die phantastischen Inka-Schätze weg, die von geprügelten und später zu Tode gequälten Indianern zur Küste gebracht worden waren. Sie wurden nach Panama gesegelt, dort – auch ohne Panamakanal – durchs Land transportiert und dann auf die spanischen Schatzschiffe verladen. Und jetzt kommt's: Ein Teil der Schiffe, die sich alle in Havanna, das sie den ›Schlüssel zur Neuen Welt‹ nannten, zu einer riesigen Gold-Armada vereinigten, nahm seinen Weg durch die Yukatanstraße. Was aber noch wichtiger ist: Im Frühling 1536 wurde in Mexiko City die erste Münzprägeanstalt eröffnet, die den unvorstellbaren Goldreichtum der Kolonien gleich an Ort und Stelle zu Geld verarbeitete. Allein unter Karl V. wurden jährlich 40 Millionen Golddublonen geprägt. Dieser ganze Goldstrom, zusammen mit heute unschätzbaren Juwelen, wurde über das Meer geschippert, begleitet von schwerbewaffneten Kampfgaleonen.« Peter Damms ließ seine Notizen auf den Tisch flattern. »In dem Gebiet, wo deine Karte ein Kreuz trägt, in den Gewässern um die große Sandbank von Chinchorro, gibt es nur ein Schiff, das gesunken ist: die Karavelle Zephyrus, zu deutsch: Westwind. Sie hatte 15 Millionen in Goldmünzen an Bord und einige Säcke mit Smaragden und Perlen.«
    »Das ist sie«, sagte Faerber tonlos. »Peter, Mensch, das ist sie. Die Zephyrus.«
    »Gesunken in einem mörderischen Orkan am 14. September 1540.« Damms zerknüllte seine Notizen und warf sie in einen Papierkorb. »Weißt du, was das heißt? Da liegen meterdick Schlamm und Sand drüber. Die Zephyrus gibt es nicht mehr! Da müßte man – auf gut Glück – den Meeresboden absuchen und mit riesigen Saugern den Schlamm entfernen. Das ist teurer als der Schatz, den man heben will!« Damms lächelte müde, er hatte jetzt neun Stunden lang alte Bücher gewälzt. »Dein Drexius hat dir ein Millionenvermögen vermacht, aber du kommst nie an es heran! Rahm dir die Karte ein und häng sie übers Bett. Das ist Snobismus – es hat noch keiner unter 15 Millionen in Gold geschlafen …«
    Vier Wochen lang bereitete Hans
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