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Ein Toter fuehrt Regie

Ein Toter fuehrt Regie

Titel: Ein Toter fuehrt Regie
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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NEDO-Med. Er schüttelte das Röhrchen – es waren tatsächlich noch ein paar drin. Na also! Haste Glück, machste dick, pflegte Koch zu sagen. N EDO -M ED ist seit Jahrzehnten bewährt bei Kopfschmerzen – aha! –, Zahnschmerzen, Monatsbeschwerden – das konnte’s bei ihm kaum sein –, Rheumaschmerzen – auch nicht –, Grippe – dagegen war er als pflichtbewußter Beamter geimpft –, Nikotin- und Alkoholkater … Ja, das war’s! Er ließ eine der weißen Tabletten in ein schartiges Glas plumpsen und wartete, bis sich das Zeug auflöste. Um die Sache zu beschleunigen, nahm er das Glas hoch und schüttelte es. Dabei ruhte sein Blick auf einem Plakat, das ihm die Kollegen zum letzten Geburtstag geschenkt hatten: BEI MIR HERRSCHT ORDNUNG – EIN GRIFF, UND DIE SUCHEREI GEHT LOS. Gott, wie humorvoll sie alle waren!
    Seine Kopfschmerzen waren so unerträglich, weil er zugleich fürchterlich überdreht und unsagbar müde war. Einnicken konnte er nicht, weil seine Gedanken quälend kreisten, und seine Gedanken kreisten quälend, weil er nicht einnicken konnte. Und es hätte ja auch jemand ins Zimmer kommen können. Schlaf bei der Arbeit ist ein Grund zur fristlosen Kündigung. Das gilt besonders dann, wenn der entlassene Arbeitnehmer schon mehrfach wegen nachlässiger Arbeitsmoral ermahnt worden ist. Bundesarbeitsgericht – 2 ASZ 386/71. Koch hatte es letzte Woche dem Kollegen Rannow heimlich auf den Schreibtisch gelegt – der Gute tobte heute noch.
    Mannhardt stürzte die chininbittere Flüssigkeit hinunter. Wenn’s ihm nicht half, dem Hersteller hatte’s schon geholfen.
    Wäre er doch bloß nicht zu diesem Scheißklassentreffen gegangen! Sechzehn Klare und acht Pils waren für einen wie ihn, der keine Übung hatte, geradezu tödlich. Aber Lilo, von seinem nächtlichen Radau erzürnt, hatte ihn trotz aller Proteste um sechs aus dem Bett gescheucht: Strafe muß sein!
    Wir treffen uns am 8.8. um 8 Uhr (abends) in der ‹Achterbahn›… Lilo hatte es für nützlich gehalten, daß er sich mal wieder bei seinen alten Freunden sehen ließ. Du kannst dich nicht immer ausschließen! Von 21 Eingeladenen waren 16 gekommen, genau 76,2 Prozent. Manfred hatte das ausgerechnet, ihr letzter Klassensprecher, heute Mathematik-Professor an der FU. Enorm! Nicht daß er das ausgerechnet hatte, sondern die hohe Beteiligung. Von den fehlenden fünf war einer inzwischen verstorben, Autounfall, einer lag im Krankenhaus, nichts Ernstliches, und die anderen drei hatten es nicht für nötig gehalten, Manfred zu antworten. 16 Mann im Hinterzimmer der Achterbahn. Manche von weither gekommen – Jahresurlaub in Deutschland mit einem Abstecher nach Berlin. Was für ein Jahrgang – alle was geworden… Na, fast alle. Wenn er richtig rechnete, lag er auf Platz 14. Vor ihm der Professor, ein Facharzt (HNO), drei Studienräte, ein Rechtsanwalt, ein Jugendrichter, drei Ingenieure – ein Dr.-Ing. und zwei Dipl.-Ing. –, ein Apotheker, ein Generalvertreter (Weinbrand), ein Prokurist (Maschinenbau) und ein Oberregierungsrat (Senator für Inneres). Dann kam er als Beamter des gehobenen Dienstes. Hinter ihm lediglich Benno, der ewig Musik studierte und dessen Sinfonien keiner spielte, und Günther, der nach zwei gescheiterten Ehen völlig abgesackt war und nun bei Karstadt Teppiche verkaufte.
    Platz 14. Eine traurige Bilanz. Wenn man Bundesligamaßstäbe anlegte: Abstiegsgefahr. Vielleicht waren die sieben, die Manfred in keinem Adreßbuch gefunden hatte, noch schlechter dran als er. Ein schwacher Trost…
    Alle vor ihm. Er nicht mal Hauptkommissar, und an den Sprung in den höheren Dienst war gar nicht zu denken. 3000 Mark im Monat, sein Traumziel – das war für die anderen ein Klacks. Und dabei steckte er sie, was Intelligenz anbetraf, alle in die Tasche. Alle. Von Manfred mal abgesehen…
    Mannhardt fühlte sich immer elender. Er stürzte zum Waschbecken, um sich zu übergeben, aber es kam nichts.
    Er setzte sich wieder und starrte auf die Akten, die er studieren sollte. Ein Mord an einem Homosexuellen, an dem sie sich seit Wochen die Zähne ausbissen, also nicht an dem ‹Mann› selber, und die verweste Leiche aus dem Hermsdorfer Forst, eine gewisse Ilona Mönkemeyer, die keiner richtig gekannt hatte. Zweckdienliche Hinweise nimmt die Kriminalpolizei und jede Polizeidienststelle entgegen… Das Entgegengenommene wog schon mehrere Kilo, hatte sich aber bisher noch nicht als zweckdienlich erwiesen; die Täter erfreuten sich noch immer
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